MIETRECHT 105 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 URTEIL DES MONATS: KÜNDIGUNG BEI LÜGEN DES MIETERS Bewusst falsche Angaben des Mieters in einem Prozess mit dem Vermieter stellen nicht automatisch einen Kündigungsgrund dar. Je nach Gesamtkontext und vorangegangenem Verhalten des Vermieters kann eine Lüge weniger schwerwiegend sein. BGH, Urteil v. 25.10.2023, VIII ZR 147/22 Fakten: Die Vermieterin einer Wohnung hatte das langjährige Mietverhältnis wegen der aus ihrer Sicht vertragswidrigen Hundehaltung ordentlich gekündigt und Räumungsklage erhoben. Bei einer Anhörung vor dem Amtsgericht erklärte der Mieter, dass er aus dem Haus „herausgemobbt“ werden solle. Der Hausverwalter habe ihn ausländerfeindlich beleidigt. Ferner gab der Mieter wahrheitswidrig an, ein Gespräch der Vermieterin gehört zu haben, aus dem sich ergebe, dass das Haus verkauft werden solle. Der Kaufinteressent habe gesagt, er könne das Haus nur kaufen, wenn alle Mieter ausgezogen seien. Wegen dieser Äußerung erklärte die Vermieterin eine weitere Kündigung, der die Vorinstanz entsprach. Jedenfalls die zweite Kündigung sei wegen der Lüge des Mieters wirksam. Entscheidung: Der Bundesgerichtshof sieht das anders. Auch wenn der Mieter in der persönlichen Anhörung vor dem Amtsgericht unzutreffende Angaben gemacht hat, rechtfertige dies nicht ohne Weiteres eine Kündigung. Es komme auf die Umstände des Einzelfalls an. Die wahrheitswidrige Aussage des Mieters zum angeblichen Gespräch der Vermieterin mit einem Kaufinteressenten sei im Gesamtkontext zu sehen. Danach könne die Pflichtverletzung des Mieters dann in einem milderen Licht erscheinen, wenn er – wie er behauptet – tatsächlich vom Hausverwalter ausländerfeindlich beleidigt worden sei. Dann würde der Gesichtspunkt des angeblich geplanten Hausverkaufs bei der Vermutung, „herausgemobbt“ werden zu sollen, noch weiter in den Hintergrund rücken. Dieser unzutreffenden Aussage wäre dann weniger Gewicht beizumessen. Fazit: Der Mieter hat zunächst die subjektive Befürchtung geäußert, er solle „herausgemobbt“ werden. Für diese Befürchtung führte er Gründe an, nämlich die aus seiner Sicht ausländerfeindliche Haltung der Hausverwaltung und die seiner Meinung nach bestehende Verkaufsabsicht der Mieterin. Die unzutreffende Aussage, er habe ein Gespräch der Vermieterin mit einem Kaufinteressenten gehört, mag dazu gedient haben, die Vermutung zu untermauern, er solle „herausgemobbt“ werden. Im Gesamtkontext kommt der Aussage aber eher eine untergeordnete Bedeutung zu. Das Landgericht muss nun den Sachverhalt weiter aufklären und dann unter Beachtung der vom BGH genannten Leitlinien erneut entscheiden, ob den wahrheitswidrigen Angaben ein solches Gewicht zukommt, dass eine Kündigung tatsächlich gerechtfertigt ist. WOHNFLÄCHENBERECHNUNG – DIE BEDEUTUNG DER TÜRNISCHE Liegt die tatsächliche Wohnfläche mehr als zehn Prozent unter der vereinbarten Wohnfläche, ist die Wohnung mangelhaft und eine Mietminderung gerechtfertigt. BGH, Urteil v. 27.9.2023, VIII ZR 117/22 Fakten: Vermieter und Mieter einer Wohnung streiten über die tatsächliche Wohnfläche. Der Mieter hatte die Miete gemindert, weil er meint, die tatsächliche Wohnfläche unterschreite die vereinbarte Wohnfläche um mehr als zehn Prozent. Der Vermieter erkennt die Minderung nicht an und kündigte das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges. Bei der Berechnung der Wohnfläche, der das Landgericht gefolgt ist, hat der Sachverständige auch die Grundfläche zweier Durchgänge berücksichtigt. Zwar bleiben nach § 3 Abs. 3 Nr. 3 Wohnflächenverordnung (WoFlV) die Grundflächen von Türnischen außer Betracht. Das Landgericht sah die Durchgänge jedoch mangels Türrahmen und Türen nicht als Türnischen an. Entscheidung: Der BGH hebt das Urteil des Landgerichts auf. Es komme hier darauf an, ob die beiden Durchgänge zwischen Wohn- und Schlafzimmer als Türnischen einzuordnen sind. Diese sind im Sinne der Vorschrift Öffnungen in einer Wand, die einen Durchgang durch diese ermöglichen. Entscheidend sei, ob der Grundfläche ein eigener Wohnwert zukommt. Das sei bei einer Wandöffnung, die den Durchgang zwischen zwei Zimmern ermögliche, grundsätzlich nicht der Fall. Allerdings könnte den Öffnungen hier ein eigener Wohnwert zukommen, wenn sie wesentlich größer als eine übliche Tür wären; dann wären sie bei der Wohnflächenberechnung zu berücksichtigen. Fazit: Es ist unerheblich, ob der Mieter in die Öffnung etwa ein Regal eingebaut oder sonstige Einrichtungsgegenstände dort hingestellt hat. Das Landgericht, an das der BGH die Sache zurückverwiesen hat, muss nun anhand der Rechtsauffassung des BGH erneut beurteilen, ob es sich bei den Durchgängen um Türnischen im Sinne der Wohnflächenverordnung handelt oder nicht.
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