Immobilienwirtschaft 1/2024

100 · Immobilienwirtschaft · 01 / 2024 Verwaltung & Vermarktung Immobilienwertermittlung EU-Staaten auf den „europäischen AI-Act“ geeinigt; eine erste umfassende KI-Regulierung, die dem Einsatz Künstlicher Intelligenz strenge Regeln auferlegt, die sehr mit der Transparenz dieser Systeme zu tun haben. Ob die EU-Staaten diese Regeln akzeptieren werden, ist ungewiss. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz in der Immobilienwertermittlung an sich ist gut, wenn er nicht nur gut gemeint, sondern auch gut gemacht ist. Die Aufklärung darüber muss mit dem Tempo des technologischen Fortschritts einhergehen und sich nicht in wissenschaftlich-bürokratischen Diskursen ergehen. Vielleicht ist das Prinzip des englischen Philosophen William of Ockham aus dem 13./14. Jahrhundert hilfreich, das „Rasiermesser von Ockham“, wonach die einfachste Theorie den Vorzug haben sollte. Diese könnte im Zusammenhang mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz sein, dass ihre Anwendung so zu gestalten ist, dass sie ein Maß an Transparenz hat, welches zu einer allgemeinen Akzeptanz der Ergebnisse führt. JETZT KOMMT ES AUF DIE AUSGESTALTUNG AN Künstliche Intelligenz wird zu einer Revolution unseres täglichen Lebens führen. Nun kommt es darauf an, dass die Fachbereiche ausloten, was möglich und sinnvoll ist. Es ist Aufgabe des Staates, hier sorgfältig, aber nicht hemmend zu agieren. Diese Herausforderung kann aber nur gemeistert werden, wenn sich auch die Fachwelt auf die Suche nach Möglichkeiten macht, Transparenz zu gewährleisten und gleichzeitig Innovation durch Künstliche Intelligenz zu ermöglichen. Intelligenz bei der Wertermittlung von Immobilien wird zunehmend deutlich, dass der Einsatz von etablierten KI-Modellen Methoden der klassischen Wertermittlung ersetzen kann. Es kommt darauf an, mit genügend Daten statistische Modelle zu entwickeln (zu trainieren), die geeignet sind, auf der Grundlage anderer Daten Vorhersagen zu treffen. Dabei ist bereits die Erhebung dieser Informationen von weitreichender Bedeutung für das Ergebnis; die permanente und kontinuierliche Erhebung von Daten ist notwendig, um nicht Entscheidungsvorschläge zu erhalten, die auf Basis „alter Daten“ generiert werden. Auch ist zu beachten, dass oft bei der Datenerhebung der Anschein von Objektivität erweckt wird, in der Regel aber schon hier eine Interpretation oder Vorwegnahme der Ergebnisse vermutet werden kann. Eine Lenkung der Ergebnisse kann sogar bereits bei der Auswahl von Einflussvariablen auf z.B. den Preis ihren Anfang nehmen. DIE SACHE MIT DEN DATEN In Deutschland werden seit etwa 2009 jährlich circa eine Million Immobilientransaktionen registriert, die durch notariell beurkundete Verträge entstehen (Arbeitskreis der Gutachterausschüsse in Deutschland, 2023). Diese Daten liegen in verstreuten Datenbanken der Gutachterausschüsse oder in Einzelfällen zentral auf Landesebene vor und sind nicht einheitlich strukturiert. Auch fehlen Standards für eine einheitliche Erfassung. Daten über Objekte wie Grundstücke und Gebäude finden sich in Liegenschaftskatastern und Grundbüchern, teilweise in den Bauakten der Bauaufsichtsbehörden. Daneben gibt es Daten zu Immobilienangeboten auf einschlägigen Internetplattformen oder in Printmedien sowie Datenbanken der Kreditinstitute, die aus den Kreditabschlüssen der Banken gespeist werden. Es mangelt also nicht an Daten, sondern vielmehr daran, dass diese Immobilienmarktdaten nicht strukturiert und zentral verfügbar sind und einer umfassenden Nutzung in der Regel datenschutzrechtliche Bedenken entgegenstehen. Dies erschwert den echten Einsatz Künstlicher Intelligenz, wenn es ihn nicht gar verhindert. Sollten nun alle diese vorhandenen Daten so miteinander verknüpft werden, dass sie in ein komplexes Datenverarbeitungssystem eingespeist werden können? Wie weit darf dies gehen? Ist das mit den ethischen Grundsätzen vereinbar, die unserem freiheitlichen und demokratischen Weltbild zugrunde liegen? In seiner etwa 400 Seiten langen Stellungnahme hat der Deutsche Ethikrat eine intensive Diskussion zu technischen und philosophischen Grundlagen geführt und dies anhand von vier Anwendungsfeldern aus der Medizin, der schulischen Bildung, der öffentlichen Kommunikation und Meinungsbildung sowie der öffentlichen Verwaltung konkretisiert. Die weitere Auffaltung erfolgte dann in zehn relevanten Querschnittsthemen zu diesen Anwendungsfeldern. Für den Sektor der öffentlichen Verwaltung wird z.B. konstatiert, dass „(...) der Einsatz algorithmisch gestützter Entscheidungshilfen und Prognosen das Leben vieler Menschen, beispielsweise bei der Beurteilung oder Überwachung von Personen im Bereich des Sozial- und Polizeiwesens (...)“ berührt. Zum Ende des Jahres 2023 haben sich die Verhandler der 1 In Deutschland werden seit 2009 jährlich etwa 1 Million notariell bekundete Immobilientransaktionen registriert, die in verstreuten Datenbanken liegen und nicht einheitlich strukturiert sind. LAUT WILLIAM OF OCKHAM ERHÄLT IMMER DIE EINFACHSTE THEORIE DEN VORZUG. DAS KÖNNTE EINTRETEN, WENN KI-ANWENDUNG SO TRANSPARENT WIRD, DASS IHRE ERGEBNISSE ALLGEMEIN AKZEPTIERT WERDEN.

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