Immobilienwirtschaft 9/2019

74 TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE I SHARING ECONOMY Die Kostenvorteile zeigen sich ebenfalls beim Thema Beschaffung: Die Commu- nity bildet eine Einkaufsgemeinschaft, die Software-Lizenzen und Dienstleistungen von den Anbietern in großer Menge er- wirbt. Es liegt auf der Hand, dass sich hierbei Größenvorteile beim Preis erzie- len lassen. Der dritte Vorteil der Community ist, dass diese sich fachlich zunehmend breit aufstellt. Das bedeutet, dass die IT- Lösung immer größere Bereiche abdeckt als die, die ein einzelner User selbst ge- genwärtig nutzt. Dazu ein Beispiel: Auch wenn ein Asset Manager gegenwärtig nur Büroimmobilien im Bestand hat, ist eine Community-basierte IT-Lösung dennoch in der Lage, Wohn- oder Handelsimmo- bilien abzubilden. Wenn der Büroimmo- bilien-Manager in eine neue Nutzungsart einsteigen möchte, ist IT-seitig bereits alles vorhanden. Änderungen oder Neu- ausrichtungen von Strategien werden auf diese Weise durch die IT nicht mehr ver- langsamt. Effiziente Lösungen können nur begrenzt individuell sein Neben diesen Vorteilen haben IT- Lösungen, die nach dem Community- Gedanken gemanagt werden, auch einige Nachteile. Am häufigsten wird kritisiert, dass individuelle Lösungen für einzel- ne Nutzer nicht mehr – oder nur einge- schränkt – möglich sind. Für Unterneh- men und User ist es daher wichtig, ihre Haltung kritisch zu überprüfen und den verbreitetenWunsch nach größtmöglicher Individualität zugunsten zukunftsfähiger, effizienter Lösungen aufzugeben. Teilweise nimmt jedoch auch die Ge- schwindigkeit bei Anpassungen ab. Dies liegt naturgemäß daran, dass Abstim- mungsprozesse – in Abhängigkeit von der Größe der Community – generell länger dauern können. « Marko Broschinski, Hamburg Vier Beispiele, die veranschaulichen, wie Verbesserungen durch die Community konkret aussehen können und wie alle User von den Neuerungen profitieren: ANSÄTZE AUS DER PRAXIS WISSEN TEILEN Ein erstes Beispiel kommt aus dem Bereich Nischenimmobilien: Ein Nutzer hat Pflegeimmobilien im Bestand. Für die Bewertung dieser Immobilien sind spezielle Parame- ter notwendig – beispielsweise die Zahl der Betten und andere Kenn- zahlen, die im Gesundheitssystem eine wichtige Rolle spielen (so genannte DRG-(Diagnosis Related Groups)Kennzahlen). Der User bringt das Problem in die Com- munity ein, diese entwickelt die bestehenden Software-Produkte dahingehend weiter, dass die Zahlen abgebildet werden können. Künftig können alle User der IT- Lösung, selbst wenn sie noch nicht in ein Pflegeheim investieren, diese Weiterentwicklung nutzen und müssen die Datenfelder nicht mehr selbst implementieren. FLEXIBEL BLEIBEN Ein Vorteil des Community-Ansatzes ist, dass infolge unterschiedlicher Anforderungen verschiedene Buchungssystematiken entwickelt und nebeneinander nutzbar sind. So können zum Beispiel sowohl die Buchhaltung nach Handelsgesetz- buch (HGB) als auch die Fonds- buchhaltung abgebildet werden. Die Verfahren unterscheiden sich erheblich. Immobilienunterneh- men, die keine Fonds sind oder auflegen, bilanzieren nach HGB, Immobilienfonds müssen dagegen eine Fondsbuchhaltung durchfüh- ren. Wenn ein Unternehmen, das nach HGB bilanziert, sich später entscheidet, doch Fonds aufzu- legen, dann sind die gesamten Buchhaltungssysteme der IT-Lösung bereits dafür ausgelegt. Die Nutzer gewinnen dadurch erheblich an Flexibilität, wenn sie – je nach Be- darf – die passende Bilanzierungs- systematik nutzen können. BESTEHENDES MITNUTZEN Ein mögliches Einsatzgebiet sind die üblichen Datenlieferungen an verschiedene Kapitalverwal- tungsgesellschaften (KVGs) mit unterschiedlichen Anforderungen an die Datenimporte. In einer Nicht-Community-Welt muss jeder Akteur, wenn er an eine neue (Service-)KVG andockt, sich mit dem jeweiligen Input-Format aus- einandersetzen und in mühsamer Kleinarbeit neue Schnittstellen kostenintensiv implementieren. In einer Community-Welt wird es immer ein Mitglied geben, das die Schnittstelle zu einer KVG bereits etabliert hat. Dockt nun ein ande- rer User an dieselbe KVG an, kann er die im System vorhandenen Schnittstellen einfach mitnutzen und spart sich dadurch viel Imple- mentierungsarbeit. ZEIT SPAREN Ein weiterer Vorteil des Commu- nity-Ansatzes ist die Zeitersparnis bei Änderungen von externen Vorgaben wie beispielsweise vonseiten des Regulators oder von Verbänden. So hat die Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche For- schung gif jüngst die Templates zur standardisierten Belieferung der Bewerter (VALXML) weiterentwi- ckelt. Auch diese Neuerung wird in der Community einmal umgesetzt und getestet und ist dann für alle nutzbar.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==