Immobilienwirtschaft 9/2019

55 www.haufe.de/immobilien 0 9.2019 GERICHTSVERFAHREN Verwalter darf Berufung einlegen Der Verwalter darf nicht nur einen An- walt beauftragen, sondern ihm auch Prozessvollmacht erteilen. Die umfasst nach § 81 ZPO sämtliche Prozess- handlungen in allen Instanzen, also auch eine Berufungseinlegung für die beklagten Eigentümer einer Anfech- tungsklage. Angesichts der knappen Frist dürfte es ihm zumeist unmöglich sein, gerade bei größeren Eigentums anlagen oder in der Ferienzeit eine Versammlung durchzuführen, um vor der fristgerechten Berufungseinlegung ein Meinungsbild der Eigentümer mit einer entsprechenden Weisung zu erreichen. LG Frankfurt am Main, Urteil v. 02.05.2019, 2-13 S 127/17 TEILEIGENTUM Burgerladen als Restaurant Eine Gebrauchsvereinbarung „Re- staurant“ legt fest, dass das einem Teil eigentum zugeordnete Sonder­ eigentum als Betrieb eines Gastge- werbes genutzt werden darf, das in erster Linie Speisen und Getränke zum Verzehr anbietet und hieraus seine wesentlichen Umsätze generiert. Die Möglichkeit, Speisen zum späteren Verzehr mitzunehmen, steht nicht im Vordergrund. Im Unterschied zu einer Imbissbude hat ein Schnellrestaurant Sitzplätze und zumindest rudimen- täres Gedeck. Ein Schnellrestaurant stellt somit eine Unterform des Re- staurants dar. LG Stuttgart, Beschluss v. 12.03.2019, 19 S 31/18 EINZAHLUNG DES GERICHTSKOSTENVORSCHUSSES Wann eine Verzögerung hinzunehmen ist Der Partei ist meist eine Erledigungs- frist von einer Woche zur Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvor- schusses zuzugestehen. Der Zeitraum kann sich, je nach Einzelfall, verlän- gern. Für die Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen ist darauf abzustellen, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeit- raum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat, nicht aber auf die Zeitspanne zwischen der Auffor- derung zur Einzahlung der Gerichts- kosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse. BGH, Urteil v. 17.05.2019, V ZR 34/18 » FAKTEN: In einer Versammlung steht die Bestellung des Verwalters an. Neben demAmts- inhaber gibt es drei weitere Bewerber. Bei der Abstimmung über den ersten Bewerber entfallen 463,40/1.000 Miteigentumsanteile auf die Ja-Stimmen, 382,25/1.000 auf die Nein-Stimmen sowie 89,70/1.000 auf Enthaltungen. Der Versammlungsleiter stellt fest, damit sei der bisherige Amtsinhaber wiedergewählt worden. Weiterer Abstimmungen bedürfe es nicht. Es wird der Abschluss eines Verwaltervertrages mit dem Altverwalter beschlossen. Eigentümer K geht gegen beide Beschlüsse vor. Die Klage hat Erfolg! ENTSCHEIDUNG: Der Beschluss über die Verwalterbestellung war nicht ordnungsmäßig zustande gekommen. Denn der Verwalter habe die Abstimmung zu Unrecht bereits nach dem ersten Wahlgang abgebrochen. Stellten sich mehrere Bewerber für das Amt des Verwalters zur Wahl, müsse über jeden Kandidaten abgestimmt werden, sofern nicht ein Bewerber die absolute Mehrheit erreicht habe und die Eigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben könnten. FAZIT: Bei einer Abstimmung über einen Beschluss sind Enthaltungen grundsätzlich nicht mitzuzählen. Wer sich der Stimme enthält, will weder ein zustimmendes noch ein ablehnendes Votum. Der Versammlungsleiter kann nach pflichtgemäßemErmessen den Abstimmungsmodus und dasWahlverfahren festlegen. In Betracht kommt insoweit etwa, dass jeder Eigentümer bei einer nacheinander erfolgenden Abstimmung über die einzelnen Bewerber insgesamt nur eine Ja-Stimme vergeben kann. Möglich ist allerdings auch, dass die Eigentümer von ihrem Stimmrecht in jedem Wahlgang unabhängig von ihrem vorangegangenen Stimmverhalten Gebrauch machen können. VERWALTERWAHL Mehrere Kandidaten für das Amt Stellen sich mehrere Personen für das Amt des Verwalters zur Wahl, muss über jede Person abgestimmt werden, sofern nicht ein Bewerber bereits die absolute Mehrheit erreicht und die Eigentümer nur eine Ja-Stimme abgeben können. BGH, Urteil v. 18.01.2019, V ZR 324/17

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