Immobilienwirtschaft 9/2019
54 VERMARKTUNG & MANAGEMENT I RECHT Wohnungseigentumsrecht – Aktuelle Urteile FAKTEN: Eigentümer Kholt wegen „Lärms“ der Heizung einGutachten ein. Er zahlt dafür 1.500 Euro. In der Versammlung beantragt er, dass ihm die Gemeinschaft die Kosten dafür erstattet. Dies lehnen die Eigentümer ab. Gegen diesenNegativbeschluss geht K vor. Ohne Erfolg. Richtet sich eine Anfechtungsklage gegen einenNegativbeschluss, mit dem der Antrag eines Eigentümers, seine Aufwendungen zu erstatten, abgelehnt worden sei, sei zu prüfen, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung alleine (!) die freiwillige Erfüllung des Anspruchs ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte. Diese Voraussetzung sei im Fall nicht erfüllt gewesen. Denn die Einholung des TÜV-Gutachtens habe nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Gemeinschaft entsprochen. FAZIT: Eine Klage auf einen konkreten Beschluss hat nur dann Erfolg, wenn sich das Entschließungs- und das Auswahlermessen der Eigentümer auf „null“ reduziert hat. Dies ist eigentlich nie der Fall. Besser ist es daher, auf Grundlage eines reduzierten Entschlie- ßungsermessens auf eine Ermessensentscheidung des Gerichts zu klagen. AUFWENDUNGSERSATZ Einholung eines Gutachtens Holt ein Eigentümer wegen des Zu- standes des gemeinschaftlichen Eigentums eigenmächtig ein Gutach- ten ein, können die Eigentümer bei der Entscheidung der Gemeinschaft über Aufwendungsersatz grundsätz- lich widersprechen. LG Hamburg, Beschluss v. 16.11.2018, 318 S 44/18 FAKTEN: B kauft vom Bauträger Z in einem zu Eigentum umgewandelten Haus eine Wohnung. Der Bauträger verspricht, unterhalb des Sondereigentums des B zwei Räume auszuschachten und dem B daran Sondernutzungsrechte einzuräumen. Der Bauträger sieht sich zu diesem Tun aufgrund von Vollmachten berechtigt. Die Gemeinschaft ver- langt später von B, es zu dulden, dass die Räume beseitigt werden. Denn die Räume fän- den sich weder in der Teilungserklärung noch imAufteilungsplan. Die Klage hat keinen Erfolg! Denn B hat, so das Gericht, an den Räumen gutgläubig ein Sondernutzungsrecht erworben, da sie im Grundbuch als Sondernutzungsrecht eingetragen gewesen seien. Dieses habe das Recht auf Herstellung dieser Räume „beinhaltet“. Auf die Frage, ob Z aufgrund der Vollmachten berechtigt war, das Sondernutzungsrecht einzuräumen und den Raum herzustellen, komme es nicht an. FAZIT: Sind allerdings Teilungsvertrag oder Teilungserklärung und Aufteilungsplan, was die Zugehörigkeit eines Raums zum Sondereigentum betrifft, widersprüchlich, so entsteht kein Sondereigentum an diesem Raum. EIGENTUMSERWERB Guter Glauben und Sondernutzungsrecht Der Schutz des guten Glaubens beim Erwerb eines Eigentums er- streckt sich auch auf Bestand und Umfang eines im Grundbuch einge- tragenen Sondernutzungsrechts. LG München I, Urteil v. 19.12.2018, 1 S 391/18 WEG FAKTEN: Die Eigentümer beschließen, dass die Stellplätze ab sofort nur für das Abstellen für Autos mit einemGewicht von maximal 2 t genutzt werden dürfen. Wohnwagen und Wohnmobile dürfen auf den Stellplätzen nicht mehr geparkt werden. Gegen diesen Beschluss geht Eigentümer K vor. Mit Erfolg. Zwar bestehe eine Beschlusskompetenz, die Ausübung eines Sondernutzungsrechts an Parkplätzen durch Beschluss zu regeln. Die mit demBeschluss getroffene Regelung führe auch nicht zu einer unzulässigen Aus- höhlung des Sondernutzungsrechts. Der Beschluss sei aber ungültig, da er willkürlich sei: So sei unklar, ob die Abmessung oder das Gesamtgewicht von 2 t entscheidend sei. FAZIT: Trotz eines Sondernutzungsrechts können die Eigentümer den allgemeinen Gebrauch per Beschluss regeln. Sie können z. B. über die Bepflanzung einer einem Sondernutzungsrecht unterliegenden Fläche Gebrauchsbestimmungen treffen. Etwas anderes gilt, wenn eine solche ein Sondernutzungsrecht seinem Inhalt nach „aushöhlt“. Dies ist etwa der Fall, wenn für eine Gartensondernutzungsfläche ein „Ziergarten“ vor- geschrieben wird. SONDERNUTZUNGSRECHT Regelung des Erlaubten durch Beschluss Die Eigentümer können zum Gebrauch einer Fläche, die einem Sondernutzungsrecht unterliegt, Beschlüsse fassen. LG Itzehoe, Urteil v. 21.12.2018, 11 S 85/16
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