Immobilienwirtschaft 9/2019

12 POLITIK, WIRTSCHAFT & PERSONAL I SMART HOME Nicht alle sind schlüssellos glücklich S ie heißen Kiwi, Beloxx, Dom, Da- nalock oder Latch und haben eines gemeinsam: Schließsysteme sollen nach Vorstellungen der Hersteller nicht mehr mit einem Schlüssel funktionieren. Stattdessen kommen WLAN- und Blue- tooth-Technologien zum Einsatz. Auf der Webseite eines der Hersteller eines elek- tronischen Schließsystems steht: „Schlüs- sel sind hochgradig unsicher, kopierbar, unpraktisch und ineffizient.“ So weit, so richtig – wenn es um Schließlösungen für externe Dienstleister geht, die Zugang zuHofdurchfahrten, Ein- gangstoren, Müllboxen oder Posträumen erhalten sollen, und das Riesen-Schlüssel- bund der Vergangenheit angehören soll. Doch sind bei diesen Lösungen die Rechte der Bewohner, vor allem von Mie- tern und selbst nutzenden Eigentümern, betroffen? Eine Abwägung könnte zu dem Ergebnis kommen, dass hierbei die Rechte der betroffenen Personen eher nachrangig berührt sein werden. Einer Nachrüstung von Eingangstoren, Durchfahrten und Türen zu Nebenräumen dürfte damit der Datenschutz nicht im Weg stehen. Wie ist es aber, wenn die Hausein- gangstür für eine Wohnanlage nachträg- lich mit einem elektronischen Schließ­ system ausgestattet werden soll und allen Bewohnern des Hauses – Mietern wie und von den Nutzern eingesetzt werden können, ist die Investition der Eigentümer im Fall eines Widerspruchs von Mietern und anderen Bewohnern nicht kompli- ziert. Wenn aber elektronische Schließ systeme zur ausschließlichen Nutzung eingebaut werden, kann es für die Eigen- tümer in rechtlicher Hinsicht eng werden. In dem Fall in New York City haben sich Mieter und Eigentümer im Lauf des gerichtlichen Verfahrens geeinigt, sodass die klagenden Mieter weiterhin die Mög- lichkeit der Nutzung eines physischen Schlüssels anstatt einer App oder einer Schlüsselkarte erhielten. InDeutschland gibt es zu Smart Home bislang quasi keine Rechtsprechung. Da- bei sind die zu klärenden Rechtsfragen vielfältig. Diese reichen von Fragen der Hausrat- und Wohngebäudeversiche- rung über den Datenschutz bis zu Fragen der rechtlichen Verankerung der Smart- Home-Anwendungen in Teilungserklä- rungen, Kauf- undMietverträgen. So kann etwa die falsch eingestellte Schließanlage an der Wohnungstür, die per App gesteu- ert wird und sich zum falschen Zeitpunkt öffnen lässt, wenn gerade kein Bewohner zu Hause ist, den Versicherungsschutz bei Einbruchdiebstählen gefährden. Im Jahr 2016 hat der damalige Mi- nister für Justiz und Verbraucherschutz, Heiko Maas, auf einer Veranstaltung sei- nes Ministeriums erklärt, dass man sich gerade mit den rechtlichen Fragen der Verwendung der in einem Smart Home von dessen Bewohnern gesammelten rechtlichen Daten befasse. Die an ihn ge- richtete Frage, wie dennmit denDaten der Besucher dieser Bewohner umzugehen sei, konnte Maas nicht beantworten und verwies darauf, dass mit der Dynamik des Internets die Rechtssetzung nicht mithal- ten könne. Viel weiter ist die Rechtslage in Deutschland drei Jahre später aber auch noch nicht gekommen. Eines ist klar: Die selbst nutzenden Eigentümern im Fall einer WEG – nur noch ein Chip zur Öff- nung der Eingangstür zur Verfügung ge- stellt wird? In einer großen Wohnanlage in New York City haben die Hauseigentümer den gesamtenApartmentblock imHerbst 2018 mit einem elektronischen Schließsystem ausgestattet. Die Öffnung der Eingangstür, des Postraumes und die Bedienung des Fahrstuhls sollten mit dem Einbau nur noch durch das digital gesteuerte System erfolgen. Mieter in New York City haben gegen eine moderne Schließanlage geklagt – sie wollten ihren Schlüssel zurück Dagegen hat eine Gruppe von Mie- tern geklagt. Sie wollten ihren Schlüssel zurückbekommen und das elektronische System nicht nutzen. Verschiedene recht- liche Gründe sind dafür angeführt wor- den. Argument eins: Für die Steuerung sei ein Smartphone erforderlich. Das aber habe nicht jederMieter oder wolle ein sol- ches nutzen. Weiterhin sei der Download und die Bedienung der App kompliziert, sodass die Nutzung nicht zumutbar sei. Und: Die Mieter fühlten sich unter Druck gesetzt, weil ihr Kommen und Gehen in dem Haus getrackt werde und ihre Bewe- gungen aufgezeichnet würden. Das gel- te unabhängig davon, ob die Steuerung durch eine App oder über eine Schlüssel- karte erfolge. In beiden Fällen würden die Bewegungsdaten aufgezeichnet. Die Schwierigkeit bei einer Nachrüs­ tung besteht für Eigentümer dann, wenn ein neues Schließsystem zur ausschließ- lichen Nutzung eingebaut wird. Solange elektronisches Schloss und physischer Schlüssel nebeneinander funktionieren Schwierig mit einer Nachrüstung wird es für Eigentümer dann, wenn es zum Schließsystem ohne Schlüssel keine Alternative gibt.

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