DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2019
63 8|2019 WEG §§ 1, 15 Zulässigkeit der Wohnnutzung in einer Teileigentumseinheit 1. Sieht eine Teilungserklärung für eine Teileigentumseinheit aus- drücklich eine gewerbliche Nutzung vor, liegt in der an anderer Stelle angeführten Bezeichnung „lila umrandete Lagerräume mit Büro“ keine Zweckbestimmung. 2. Zur – hier bejahten – Zulässigkeit einer Wohnnutzung in einer Teileigentumseinheit. LG Frankfurt/M., Urteil vom 14.3.2019, 2-13 S 108/18 Bedeutung für die Praxis Wenn die Teilungserklärung (i.e.S.) auf den Aufteilungsplan Bezug nimmt, so geschieht dies zwecks genauer Beschreibung der sachen- rechtlichen Zuordnung bestimmter Räume. Dann ist oft nur von einem Nutzungsvorschlag auszugehen. Wird dieselbe Nutzungsregelung allerdings in der Gemeinschaftsordnung (Teilungserklärung i.w.S.) wiederholt, liegt i.d.R. eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter vor. Selbst dann kann eine – dann zweckwid- rige – Wohnnutzung im Teileigentum zulässig sein, wenn lautes Gewerbe zulässig wäre und die Wohnnutzung typischerweise nicht mehr als das zulässige laute Gewerbe stört. RIAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg WEG § 21 Abs. 7 Vertragsstrafen für Verstöße gegen Vermietungsbeschränkungen § 21 Abs. 7 WEG erfasst nicht die Einführung von Vertragsstrafen für Verstöße gegen Vermietungsbeschränkungen; ein Mehrheitsbe- schluss, der sich darauf bezieht, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig. BGH, Urteil vom 22.3.2019, V ZR 105/18 Bedeutung für die Praxis Obwohl das (schlecht gewählte) Beispiel der Vertragsstrafe sogar in der Gesetzesbegründung für die Gesetzesnovelle von 2007 herhalten muss- te, hat der BGH hier die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer zu Recht verneint. Gesetzesmaterialien sind nur dann verbindlich, wenn sie Eingang in den Wortlaut der Norm finden. § 21 Abs. 7 WEG gestattet zwar einen Beschluss zu Umzugskostenpau- schalen, weil diese sich – anders als Vertragsstrafen – als „Kosten für eine besondere Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums“ i. S. v. § 21 Abs. 7 Alt. 2 WEG einordnen lassen. Unterlassungspflichten wer- den von § 21 Abs.7 WEG aber nicht erfasst, weil ein Verstoß gegen sie i.d.R. nicht den Eintritt des Verzugs, sondern die Unmöglichkeit zur Folge hat. RIAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg WEG § 10 Abs. 6; BGB §§ 433, 434 Aktivlegitimation und Grenzen der Rechtsfähigkeit der WEG als Verband Die WEG als Verband ist nicht aktivlegitimiert, soweit sie sich auf die Erfüllungsansprüche ihrer Mitglieder aus den jeweils geschlossenen Erwerberverträgen mit dem Veräußerer stützt und auch nicht, soweit sie einen Anspruch auf Übereignung des Grundstückes als Gewährleis- tungsrecht geltend machen will. Geht der Anspruch über den Rahmen der „gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ hinaus, so besteht für diesen Bereich dann keine Rechtsfähigkeit der WEG als Verband und es fehlt ihr auch die Aktivlegitimation für diesen Anspruch. Ist die WEG nicht rechtsfä- hig, kann sie auch nicht als Prozessstandschafterin auftreten. Die Koppelung der Rechtsfähigkeit an Verwaltungsgeschäfte in § 10 Abs. 6 WEG macht deutlich, dass die sachenrechtlichen Grundlagen des Wohnungseigentums, also die dingliche Eigentumsordnung, von vornherein keine Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft als Rechts- subjekt sind. KG, Urteil vom 14.9.2018, 21 U 63/16 (Revision zugelassen) Bedeutung für die Praxis Die WEG als Verband ist nicht „teilrechtsfähig“. Stattdessen ist sie entweder in Teilbereichen voll rechtsfähig – oder eben nicht rechts- fähig. Die volle Rechtsfähigkeit wird durch den Begriff der „gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums“ in § 10 Abs. 6 WEG umschrieben. Auch Grundstückserwerb – der Verband ist grundbuchfähig – kann hierzu gehören, jedoch nur dann, wenn das Grundstück in das Verwaltungsver- mögen des Verbandes fallen soll. Soweit die sachenrechtlichen Grundlagen der Eigentümer betroffen sind, fehlt es an der Rechtsfähigkeit. Dies hat Konsequenzen für die Beschluss- kompetenz, die Aktivlegitimation und die Prozessführungsbefugnis, die dann alle zu verneinen sind. Der Zuerwerb eines Grundstücks durch die Eigentümer selbst gehört nicht zur „gesamten Verwaltung“. RIAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg
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