DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 8/2019

NEUBAU UND SANIERUNG 18 8|2019 an drei Standorten rund 300 Kleinstwohnungen, die hauptsächlich für Studierende gedacht sind. Anders als private Studentenappartement-Betrei- ber vermietet die hanova diese Einheiten jedoch nicht komplett ausgestattet, sondern lediglich teilmöbliert. „Sie sind ausgestattet mit Pantry- küche und Einbauschrank sowie einheitlichem Sichtschutz“, sagt Frank Ermlich, Leiter Bereich Services bei hanova. Bett und Schreibtischwerden hingegen nur im Ausnahmefall gestellt. Und wie sieht es bei innovativen, gemeinschafts- orientiertenWohnformen aus? Ein solches Projekt realisiert die STADT UND LAND Wohnbauten-Ge- sellschaft mbH im Berliner Stadtteil Neukölln. In der Briesestraße entstehen neben konventionellen Wohnungen auch sieben Einheiten für Wohnge- meinschaften. Eine (Teil-)Möblierung gehöre nicht zu deren Konzept, sagt Pressesprecher Frank Hadamczik. „Die Zielgruppen für das Projekt stel- lenweniger Personen dar, die nur für einen kurzen ZeitraumeineWohnung suchen, sondern vielmehr Personengruppen, die sich vorstellen können, für längere Zeit zusammenzuwohnen“, erklärt er. Vielleicht aber, so könnte man vermuten, setzen Unternehmen außerhalb der boomenden Metro- polen die Möblierung ein, um Kunden zu gewin- nen. „Für die Vermarktung neuer Wohnungen nutzen wir Bilder eingerichteter Modellwohnun- gen“, sagt Jenny Busse, Sprecherin der Wohnbau GmbH Prenzlau im brandenburgischen Prenzlau. „Diese vermitteln einfach mehr Wohngefühl als leere Räume.“ Dabei bleibt es aber auch – Einbau- schränke und andere Elemente sind in Prenzlau nicht vorgesehen. Damit bestätigt sich, was Bea- trice Kindler, Pressesprecherin der Volkswohnung GmbH Karlsruhe, so ausdrückt: „Bei temporären Wohnformen ist es sicher sinnvoll, dieMöblierung anzubieten, nicht aber beim klassischen Versor- gungsangebot“. Mit oder ohne Einbauküche? Bleibt die Frage, wie es die Unternehmen mit der Einbauküche halten. Schließlich kommt in anderen Ländern – etwa in der Schweiz und in Schweden – keinMieter auf die Idee, mit kompletter Küche um- zuziehen, da dort Mietwohnungen standardmäßig mit Einbauküchen ausgestattet sind. Das sei bei einer Durchschnittsmiete von 4,79 €/m 2 (2016) aber wirtschaftlich gar nicht möglich, heißt es bei der Wohnbau Prenzlau. „Auch der zusätzli- che Instandhaltungsaufwand muss hier berück- sichtigt werden.“ Ebenfalls grundsätzlich ohne Küche vermietet die Berliner Hilfswerk-Siedlung. „Nach unseren Erfahrungen landet ein Großteil der (schon mal genutzten) Einbauküchen in den Mieterkellern, da die Mieter individuelle Einbau- küchen bevorzugen“, berichtet Geschäftsführer Jörn von der Lieth. Andere Erfahrungen macht die altoba in Ham- burg. „Den Rückmeldungen und Wohnungs- gesuchen unserer Mitglieder sowie von Woh- nungsinteressenten entnehmen wir, dass sehr viele lieber in eine Wohnung mit Einbauküche einziehen“, sagt Vorstand Thomas Kuper. Kon- sequenterweise stattet die altoba seit den 1990er Jahren grundsätzlich alle Neubauwohnungenmit einer Einbauküche aus. Diese ist mit einem Herd ausgestattet, während die anderen Elektrogeräte Mietersache sind. Beide Varianten gibt es bei der hanova. Der allge- meine Trend gehe in Richtung Einbauküche, stellt Frank Ermlich fest. Zudem führe eine Einbauküche zu höheren Mieteinnahmen und einer besseren Vermietbarkeit. Negativmache sich hingegen der größere Instandhaltungsaufwand bemerkbar. Au- ßerdem sei eine höhereMieterbindung festzustel- len, wenn der Mieter selber in die Küche investiere. Küche auf Mieterwunsch Ebenfalls 2-gleisig fährt die Vonovia SE. Vor al- lem in Gegenden, in denen die Vermarktung nicht leicht fällt, vermietet der Wohnungskonzern laut Pressesprecher Max Niklas Gille inmanchen Fällen eine Einbauküche mit. Zudem unterbreitet er seit 2016 seinen Bestandsmietern das Angebot „Kü- che auf Mieterwunsch“: Die Mieter können ihre Wunschküche auswählen; um Aufmaß, Planung, Lieferung undMontage kümmert sich dann die Vo- novia. Die Kosten dafür werden monatlich auf die Miete umgelegt, wobei sich die Basiskosten je nach Größe der Küche in einer ungefähren Spanne von 30 bis 45 € bewegen. Hinzu kommen Mehrkosten für besondere Ausstattungswünsche. Neben den Mietern profitiert davon auch die Vonovia – von einer „spannendenMöglichkeit, eine neue Leistung anzubieten“, spricht Gille. Bisher ist das Angebot nach seinenWorten von einer 4-stelligen Zahl von Mietern angenommen worden. Interessanterweise war da die Wohnungswirt- schaft schon einmal weiter: 1926 entwickelte Margarete Schütte-Lithotzky, eine junge Archi- tektin undMitarbeiterin des Frankfurter Stadtbau- rats Ernst May, die berühmte „Frankfurter Küche“. Diese sorgte auf engem Raum für hohe Funktio- nalität und gilt als wegweisend für die moderne Einbauküche. Und langlebig war sie – zumindest in Einzelfällen – auch: Vor einigenMonaten fanden Mitarbeiter der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte/Wohnstadt bei Sanierungsarbeiten in der Siedlung Westhausen eine gut erhaltene Frankfurter Küche. Sie wurde 1926 entwickelt und gilt als Mutter aller Einbau- küchen: die „Frankfurter Küche“. In der Frankfurter Siedlung Westhausen wurde bei Moder- nisierungsarbeiten dieses weit- gehend originalgetreu erhaltene Exemplar gefunden Quelle: UGNHWS/Foto: Sabine Antonius

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