DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2019
6 9|2019 Kolumne „Sozialer Wohnungsbau“ in Singapur – Eigentum verpflichtet Rashid H. ist glücklich. Der 40-jährige Rechtsanwalt hat gerade sein Appartement in der Innenstadt bezogen. Bezahlbar, „grün“, eine Wohl- fühloase und ziemlicher Luxus. Bei dem „The Pinnacle@Duxton“, in dem er eine Wohnung bezogen hat, handelt es sich um einen 2,5 ha großen Wohnkomplex in der Innenstadt der 5-Mio.-Einwohner-Metropole un- mittelbar angrenzend an Chinatown. Die sieben 156m hohen Gebäude beherbergen 1.848 Wohneinheiten sowie 50 Ladengeschäfte. Damit sind sie weltweit die höchsten Gebäude im sozialen Wohnungsbau. Sog. „Sky Bridges“ verbinden die Gebäude im 26. und 50. Stock, zwei sog. „Sky Garden“ mit 500m Länge sowie ein begrünter Innenhof sorgen für Erholung und Kommunikation zwischen den Mietern. Das Gebäude verbindet sozialen, bezahlbaren Wohnungsbau mit öffentlichem Raum. Organisationsmodell Sozialer Wohnungsbau wird in Singapur durch unterschiedliche staatliche Programme gefördert. Er ist eine Ikone im Stadtstaat, doch er unterschei- det sich gravierend vom deutschen Modell. In Singapur handelt es sich um bezahlbaren Wohnraum in staatlicher Hand. Eigentum statt Miete, so lautet bereits seit 1964 die Devise der lokalen Politik. Das Housing and Development Board (HDB) macht es möglich. Das HDB wurde im Februar 1960 gegründet – zu einer Zeit, in der der Großteil der Einwohner in Slums und nur 9% in staatlichen Apparte- ments lebten. In der Folgezeit war der Wohnungsbau eine der Haupt- aufgaben bei der Entwicklung des Stadtstaates. Das HDB bietet sowohl Mietwohnungen als auch den Kauf von Wohnungen an. Heute verwaltet die Organisation über 1 Mio. Wohnungen. Diese geben 80% der Bevölkerung ein Zuhause. 90% der Bewohner nennen ihr HDB- Appartement ihr Eigentum. Zielgruppe sind – ähnlich wie in Deutsch- land – breite Schichten der Bevölkerung mit niedrigerem Einkommen. Architektur und städtebauliche Einbindung Singapur setzt beim sozialen Wohnungsbau auf Hochhäuser. Die Stadt auf einer Fläche von ca. 700 km 2 (vergleichbar mit der Größe Ham- burgs) wächst in die Höhe. In den kommenden Jahren soll die Bevölke- rung nochmals um 1 Mio. Menschen ansteigen. Auch bei der architektonischen Gestaltung gibt es einen wesentlichen Unterschied zum deutschen Sozialwohnungsbau, insbesondere bei den Hochhäusern. Fast alle Hochhäuser sind auf Stelzen gebaut. Auf der Erdgeschossebene befinden sich die Hauseingänge mit den Auf- zugsanlagen. Um die Eingänge herum sind Einzelhandel, Parkplätze, Spielplätze und Getränkeautomaten angeordnet. Sämtliche Eingänge und Freiflächen sind von allen Seiten frei einsehbar; es gibt keine unübersichtlichen Ecken. Durch diese Gestaltung wird beim Bewoh- ner ein hohes Sicherheitsgefühl erzeugt. Ein weiterer Vorteil dieser Konstruktion ist, dass Winde zwischen den Gebäuden zirkulieren können, bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von 30°C und 90% Luftfeuchtigkeit eine Wohltat. Sämtliche Wohngebiete Singapurs werden über ein U-Bahn-System er- schlossen, sodass die Innenstadt in ca. 30 min erreichbar ist. Zumeist wurden die Quartiere sternenförmig um die jeweiligen Stationen herum erbaut. Die Siedlung Choa Chu Kang ist dafür ein typisches Beispiel. Auf einer Fläche von ca. 6 km 2 leben knapp 187.000 Menschen in ca. 42.000 Wohnungen, weitere 20.000 Wohneinheiten befinden sich in Planung. Weitere Informationen: www.hdb.gov.sg/ Neubau und Sanierung Energie und Technik Rechtssprechung Haufe Gruppe Markt undManagement Stadtbauund Stadtentwicklung Dr. Peter Hitpaß VNW Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen e. V. Landesgeschäftsstelle Schwerin Sozialer Wohnungsbau in Singapur – der Wohnkomplex „The Pinnacle@Duxton“ umfasst fast 1.900 Wohnungen in sieben Hochhäusern Rechts: Hochhäuser in Choa Chu Kang – sämtliche Wohngebiete Singapurs werden über ein U-Bahn-System erschlossen Quelle: Autor STÄDTEBAU UND STADTENTWICKLUNG
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