DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2019

71 9|2019 WEG §§ 14, 15 Abs. 3; BGB § 1004 Entfernen von Objekten aus dem Treppen- haus einer Wohnungseigentumsanlage Wenn keine vorrangigen Regelungen durch Beschluss oder Vereinba- rung existieren, dann ist eine „Dekoration“ des Treppenhauses durch Eigentümer nicht per se unzulässig. LG Frankfurt, Urteil vom 14.3.2019, 2-13 S 94/18 Bedeutung für die Praxis Es empfiehlt sich insbesondere vor einem Neuanstrich des Treppenhauses, eine Gebrauchsregelung zu beschließen. Ansonst stehen schnell wieder kleine Schuhschränke, immer größer wer- dende Pflanzen sowie dazugehörig Töpfe bzw. Metallständer und andere Dekorationsgegenstände im Treppenhaus. Im ungünstigsten Fall erfolgt eine eigenmächtige Bebilderung des frisch renovierten Treppenhauses (vgl. AG Hamburg-Blankenese WuM 1989, 653: „Bei diesen Bildern handelt es sich um eine gut gelungene Selbstaufnahme der ‚Gorch Fock‘ auf der Elbe ...“). RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg WEG §§ 25 Abs. 1, 26 Abs. 1 S. 1 Richtiger Abstimmungsmodus bei der Verwalterwahl; Stimmenthaltung Werden mehrere Bewerber um das Amt des Verwalters zur Wahl ge- stellt, muss über jeden Kandidaten abgestimmt werden, sofern nicht ein Bewerber die absolute Mehrheit erreicht und die Wohnungseigen- tümer nur eine Ja-Stimme abgeben können. BGH, Urteil vom 18.1.2019, V ZR 324/17 Bedeutung für die Praxis Stehen mehrere Bewerber für das Verwalteramt zur Wahl, so muss vorweg durch Geschäftsordnungsbeschluss geklärt werden, ob die einzelnen Son- dereigentümer je Kandidaten eine Ja-Stimme haben oder nur insgesamt eine Ja-Stimme vergeben können. Im erstgenannten Fall kann erst nach Durchführung aller Wahlgänge festgestellt werden, ob ein Bewerber die meisten Ja-Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die relative Mehrheit für einen Bewerber ist nie ausrei- chend, wenn mehr als zwei Kandidaten zur Wahl stehen. Im zweitgenannten Fall kann bei absoluter Mehrheit für den ersten Kandi- daten das Verfahren beendet und der Positivbeschluss verkündet werden. RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg W EG § 10 Abs. 6 S. 3 Geltendmachung individueller Schadens- ersatzansprüche durch den Verband Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann die individuellen Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter wegen der ihnen in einem Beschlussmängelverfahren auferlegten Kosten an sich ziehen und im eigenen Namen in gesetz- licher Prozessstandschaft geltend machen (gekorene Ausübungs- befugnis). Hiervon ausgenommen sind Schadensersatzansprüche wegen Kos- ten, die einem Wohnungseigentümer durch die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts entstanden sind. BGH, Urteil vom 8.2.2019, V ZR 153/18 Bedeutung für die Praxis Wenn der Verband ein fremdes Recht, nämlich mögliche Schadensersatz- ansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter, im eigenen Namen geltend macht, bedarf er dazu einer besonderen Ermächtigung qua Vergemeinschaftungs-Beschluss. Bei Schadensersatzansprüchen der – in den Vorprozessen als dortige Beklagte in Anfechtungsverfahren unterlegenen – Wohnungseigentümer gegen den Verwalter handelt es sich um einzelne individuelle Ansprüche, die jeder Wohnungseigentümer auch alleine, d. h. auf eigene Rechnung und ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer geltend machen kann. Nie darf der Verband Individualansprüche an sich ziehen und dann untätig bleiben. RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg WEG § 27 Abs. 1 Nr. 1 Pflicht des Verwalters zur Durchführung von Beschlüssen Ein Wohnungseigentümer kann von dem Verwalter verlangen, dass er seine gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen er- füllt, und diesen Anspruch auch im Klageweg durchsetzen (vgl. BGH, Urteil vom 8.6.2018, V ZR 125/17). Eine Erledigung der Hauptsache setzt nicht voraus, dass die Klage bereits im Zeitpunkt ihrer Erhebung zulässig und begründet war. Vielmehr kann sich grundsätzlich eine zunächst unzulässige oder unbegründete Klage „erledigen“, wenn sie nur später, nämlich im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, zulässig und begründet war. BGH, Urteil vom 15.2.2019, V ZR 71/18 Bedeutung für die Praxis Die klagenden Wohnungseigentümer waren berechtigt, den Verwalter auf Umsetzung eines konkreten Beschlusses gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Wenn das jeder Sondereigentümer täte, hätte ein dilatorisch vorgehender Verwalter mehr Gerichtstermine, als ihm lieb sein dürfte. Es kann so insbesondere erzwungen werden, dass ein angefochtener Zitterbeschluss erst einmal umgesetzt wird. Wird der umzusetzende Be- schluss während des Verfahrens rechtskräftig für ungültig erklärt, tritt Erledigung der Hauptsache ein mit der Folge, dass der Verwalter wohl alle Prozesskosten zu tragen hat, wenn er sonst verpflichtet worden wäre, den angefochtenen Beschluss umzusetzen. RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg

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