DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2019

70 9|2019 RECHT Bedeutung für die Praxis Die wohl vorherrschende Ansicht entschied beim Verlangen des WEG- Verwalters, die Zahlung von Hausgeldern auf ein offenes Treuhandkonto vorzunehmen, dass der Wohnungseigentümer die Zahlung mangels Fälligkeit der Forderung verweigern dürfe (LG Saarbrücken, Urteil vom 4.5.2018, 5 S 44/17). Anders aber das LG Hamburg (Beschluss vom 30.5.2018, 318 S 70/16), wenn Zahlung auf das Konto des Anwalts des Verbandes verlangt wurde. Auch nach diesen Meinungen hat die Zahlung immer schuldbefreiende Wirkung – darum geht es bei der hier strittigen Frage der Zahlungspflicht jedoch nicht primär. Nach AG Dortmund kann vom Verwalter die Zahlung auf ein beliebiges Verwalterkonto verlangt werden. Denn das WEG ordnet nur an, dass der Verwalter Zahlungen „in Empfang zu nehmen und abzuführen“ hat. RiAG Dr. Olaf Riecke, Hamburg WEG §§ 16, 21 Abs. 4, 27 Abs. 1 Nr. 4, 28 Eintritt der Fälligkeit des Hausgeld- zahlungsanspruchs; richtiges Konto Für den Eintritt der Fälligkeit des Hausgeldes ist es nicht von Bedeu- tung, auf welches Konto (Eigenkonto des Verbandes oder Treuhand- konto des Verwalters) der Eigentümer Zahlungen leisten soll. Auch ein Zurückbehaltungsrecht besteht bei fehlender Einrichtung eines Eigenkontos (des Verbandes) nicht. Soweit Regelungen in der Teilungserklärung, Vereinbarungen oder Beschlüsse eine unbare Zahlung nicht zwingend vorsehen, ist eine Erfüllung des Hausgeldzahlungsanspruchs auch durch Barzahlung an den Verwalter möglich. AG Dortmund, Beschluss vom 23.5.2019, 514 C 29/19 WEG-RECHT BGB § 558 Zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete Der ortsüblichen Vergleichsmiete ist ein angemessenes Verhält- nis von Neuvermietungen und Änderungen von Bestandsmieten zugrunde zu legen. BGH, Urteile vom 24.4.2019, VIII ZR 62/18 und VIII ZR 82/18 Bedeutung für die Praxis Bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete sind Neuvermie- tungen und Bestandsmietenänderungen zu berücksichtigen. In welchem Verhältnis die gebotene Gewichtung vorzunehmen ist, regelt diese Vor- schrift nicht. Es obliegt dem Tatrichter, auf ein angemessenes Verhältnis von Neuvermietungen und Bestandsmietenänderungen zu achten. Ein angemessenes Verhältnis liegt jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn der Tatrichter Bestandsmietenänderungen nicht oder nur in einem vernach- lässigbar geringen Umfang in die Bewertung einbezieht. Der BGH monierte in den vorliegenden Fällen, dass der Sachverständige dort die ortsübliche Vergleichsmiete nur anhand von Neuvermietungen ermittelt hatte. Ferner beanstandete der BGH, dass bei einer breiten Marktstreuung der zum Vergleich herangezogenen Wohnungen für die ortsübliche Einzelvergleichsmiete nicht einfach auf den oberen Wert der Streubreite abgestellt werden dürfe, sondern es dem sachverständig beratenen Tatrichter obliege, die vom Vermieter zu beanspruchende Vergleichsmiete innerhalb dieses Rahmens (Streubreite) zu ermitteln. So könne es angemessen sein, den arithmetischen Durchschnittswert zugrunde zu legen. Bei einer auffälligen Häufung der Vergleichsmieten um einen kleinen Wert herum könnte es hingegen auch gerechtfer- tigt sein, die dadurch repräsentierte kleine Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete anzusehen, sodass der Vermieter in einem solchen Fall die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zu dem höheren Wert dieser kleinen Bandbreite als ortsübliche Vergleichsmiete verlangen könne. RA Heiko Ormanschick, Hamburg BGB §§ 280 Abs. 1, 573 Vorgetäuschter Eigenbedarf und Schadensersatz Zur Beweislast des Schadens bei vorgetäuschtem Eigenbedarf AG Brandenburg, Urteil vom 31.7.2019, 31 C 131/18 Bedeutung für die Praxis Ein Schadensersatzanspruch des Mieters aufgrund einer Eigenbedarfs- kündigung des Vermieters kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn entweder der Eigenbedarf von Anfang an nicht bestanden hat, sondern nur vorgespiegelt wurde, oder die Geltendmachung des Eigenbedarfs auf einer fehlerhaften Rechtsanwendung beruht bzw. die Gründe für den Eigenbedarf innerhalb der Kündigungsfrist weggefallen sind. In allen Fällen muss der Mieter darlegen und ggf. beweisen, dass die Voraussetzungen für den von ihm geltend gemachten Schadensersatzan- spruch auch tatsächlich erfüllt sind. Er trägt sowohl für die Art als auch für den Umfang des ihm nach seinem Vorbringen entstandenen Schadens die Beweislast, da nach ständiger herrschender Rechtsprechung der Nachweis des Haftungsgrundes – d. h. des Zusammenhangs zwischen dem schädigenden Verhalten und der Rechtsgutverletzung (sog. haftungs- begründende Kausalität) – den strengen Anforderungen des § 286 ZPO unterliegt. Nur wenn der Vermieter den zur Grundlage der Kündigung gemachten Eigenbedarf nach dem Auszug des Mieters tatsächlich nicht realisiert, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast zum nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs, da lediglich dann, wenn der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters tatsächlich nicht mehr umsetzt, der Verdacht naheliegt, dass der geltend gemachte Bedarf nur vorgeschoben gewesen war. Kommt der Vermieter seiner sekundär- en Darlegungslast zum nachträglichen Wegfall des geltend gemachten Bedarfs nicht nach, hat er die vom Mieter zur Grundlage seines Schadens- ersatzbegehrens gemachte Pflichtverletzung nicht ausreichend bestritten und ist diese somit als unstreitig zu behandeln. RA Heiko Ormanschick, Hamburg

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==