DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2019

MARKT UND MANAGEMENT 56 9|2019 Software und IT Fortschreitende Digitalisierung: Unnötige Komplexität vermeiden Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse in Wohnungsunternehmen unterwirft immer mehr Arbeitsgebiete einem Systemwandel. Sowohl die Anzahl der von der IT-Abteilung zu betreuenden Systeme als auch die Komplexität der IT-Landschaft erhöhen sich. Hier ist auf Verhältnismäßigkeit zu achten. Denn nicht jede bestehende organisatorische Besonderheit sollte, ohne sie zu hinterfragen, IT-technisch abgebildet werden und nicht jedem Abteilungswunsch ist stattzugeben. Zumeist ist Geradlinigkeit eine gute Maßgabe. Selbstverständlich muss ein IT-System die Auf- gabenstellungen, für die es betrieben wird, um- fänglich erfüllen. Gerade bei der Einführung eines IT-Systems in einembisher nicht automatisierten Arbeitsgebiet sollte aber auch darauf geachtet werden, dass die abzubildenden Arbeitsprozesse vor der Einführung IT-gerecht aufbereitet wer- den. Bisherige organisatorische Sonderabläufe („Das haben wir immer schon so gemacht“ oder liebgewonnene Arbeitsgewohnheiten einzelner Mitarbeiter) müssen nicht unbedingt in das IT- System übertragen werden. Ingo König SVI – Sachverständigenbüro für die IT der Immobilienwirtschaft Bad Neuenahr-Ahrweiler Wer seiner IT-Abteilung im Rahmen der Digitalisierung immer mehr Arbeitsgebiete zur Systembetreuung zuweist, ohne gleich- zeitig ihre Ressourcen (vor allem: Perso- nal) gleichwertig zu erhöhen, spart an der falschen Stelle. Mittelfristig ergibt sich aus einer solchen Konstellation zwangsläufig eine schlechtere Betreuungsqualität für die mit der gleichen Personenzahl zu pflegen- de erweiterte IT-Systemlandschaft. DER TIPP AM RANDE: IT-QUALITÄT Geradlinigkeit in den einzelnen IT-Systemen IT-Systeme neigen im Lauf ihrer Nutzung dazu, aufgrund hinzukommender Aufgabenstellungen immer komplexer zu werden. Von daher ist es empfehlenswert, gerade bei der Neuinstallation eines IT-Systems unnötige Nebenfunktionen so weit wie möglich zu vermeiden. Manchmal wird aber die bestehende Organisation IT-technisch einfach nachgebildet ohne das Ar- beitsgebiet auf die Möglichkeiten, die sich durch den IT-Einsatz neu ergeben, effektiv auszurichten. Oder es werden überzogene Abteilungsinteres- sen bedient, umdiese Abteilung imUnternehmen überhaupt an die Digitalisierung heranführen zu können. Hier ist dringend anzuraten, jede unnötige fall- weise Besonderheit bei der Neukonzeption eines IT-Systems zu vermeiden. Es ist Sinn der Digita- lisierung, Arbeitsabläufe durch die Nutzung von durchgängig gleichartig konzipierten Strukturen zu beschleunigen und weniger arbeitsintensiv zu gestalten. Als Beispiel aus der traditionellen IT mag gelten, dass in manchen wohnungswirt- schaftlichen Unternehmen einige selten benö- tigte Gewerke von der generell eingeführten ERP-System-basierten Auftragsvergabe ausge- nommen werden. Man möchte sich vielleicht nicht die Mühe machen, die konkreten Maßnah- men in diesen selten benötigten Gewerken zu strukturieren und IT-technisch aufzubereiten. Oder personell begründeten Argumentationen wird stattgegeben. Generell stellt so eine Vorgehensweise immer einen Systembruch dar, da dann die folgenden Automatisierungen wie z. B. unternehmensweite Obligo- und Budgetkontrolle unvollständig sind. Hier sind dann wieder Work-Arounds (gerne genutzt: Mitarbeiter-individuelle Excel-Tabellen) notwendig. Geradlinigkeit in den unterschiedlichen Schnittstellen Daten werden per Schnittstelle aus einem IT- System in ein anderes übergeben. Beide Systeme müssen jeweils ihren Teil zu einemGesamtprozess beitragen. Als Beispiel aus der etablierten IT mag die Handwerkerkopplung gelten. Ein Instandhal- tungsauftrag wird i. d. R. aus dem ERP-System in die Handwerkerkopplung übergeben und nach der Abarbeitung durch den Handwerker mit dessen Rechnung an das ERP-Systemzurückgemeldet, wo der Auftrag dann den Status „erledigt“ bekommt. Hier gibt es somit zwei klar definierte System- übergänge. Komplexer wird es, wenn zwischen das technische Modul des ERP-Systems und die Handwerkerkopplung noch ein Budgetierungssys- tem geschaltet wird. Dann gibt das ERP-System den Auftrag zunächst an das Budgetierungssys- tem, in dem der Auftrag freigegeben und mit ei- nem entsprechenden Status an das ERP-System zurückgegeben wird. Erst danach wird er an die Handwerkerkopplung als freigegebener Auftrag weitergeleitet. Hier sind dann zahlreiche, von den Systemen zu koordinierende Stati eines Auftrages denkbar.

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