DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2019

46 9|2019 Interview mit Dr. Michael Herma „Die Förderung der energetischen Gebäudesanierung könnte beihilfefrei ausgestaltet werden“ Bei der energetischen Gebäudeerneuerung kommt der Optimierung der Anlageneffizienz eine große Rolle zu. Mit geringinvestiven Maßnahmen, wie z.B. dem hydraulischen Abgleich, kann viel für die Einsparung von Energie und für den Klimaschutz geleistet werden. Doch die Beantragung von Fördermitteln ist viel- fach kompliziert. Welche geplanten Neuerungen des Heizungsoptimierungsprogramms Chancen für die Wohnungswirtschaft bergen, erklärt der Rechtsanwalt und Partner der Berliner Firma Herma Consulting. Quelle: privat, Foto: Thilo Ross Herr Dr. Herma, Sie begleiten u.a. Woh- nungsunternehmen, Contractoren und Wärmelieferanten bei der Beantragung von öffentlichen Fördermitteln bei der energe- tischen Gebäudesanierung. Die Sanierungs- quote im Bestand stagniert seit Jahren. Ist die Wohnungswirtschaft gut aufgestellt? Die Wohnungswirtschaft ist ein äußerst wichti- ger Akteur bei der Steigerung der Energieeffizienz im Bestand. Leider werden allzu oft Fördermittel auch von professionell aufgestellten Unterneh- men nicht beantragt. Als besonders bedauerlich empfinde ich es, dass z.B. geringinvestive Maß- nahmenwie die Optimierung bestehender Anlagen mitunter nicht durchgeführt werden. Denn mit dem seit 2016 bestehenden „Förderprogramm Heizungsoptimierung“ fördert der Bund bzw. das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) inzwischen fast alle Komponenten rund um den Heizkessel mit einem 30%igen Zuschuss auf Produkte und die Installation. Durch die Wahl der richtigen Komponenten und die Einhaltung der Vorgaben, sind beimHeizungstausch in speziellen Fällen Förderquoten von bis zu 50% möglich. Was sind die Gründe dafür, dass die Mittel wenig genutzt werden? Im Bereich der Privatkunden spielt bestimmt die starke Auslastung des SHK-Handwerks eine gro- ße Rolle. Es hat aufgrund voller Auftragsbücher kaum Anreize, auf Förderprogramme hinzuwei- sen und die Investitionssumme für den Kunden zu reduzieren. Für professionelle Investoren wie Wohnungsun- ternehmen oder Contractoren stellt hingegen die De-minimis-Regel eine Hürde dar, denn sie be- grenzt die Förderung innerhalb von drei Jahren auf max. 200.000 € pro Antragsteller. Werden größere Sanierungsmaßnahmen umgesetzt oder erfolgen Erneuerung undWärmelieferung imRah- men eines Contracting, wirkt sich dies negativ aus. Was schlagen Sie vor? Viele Wohnungsunternehmen setzen heute aus guten Gründen auf Contractinglösungen. Dem sollte auch im Rahmen der Förderung von Sanie- rungsmaßnahmen Rechnung getragen werden. Investitionshürden für klimafreundliche Sanie- rungsmaßnahmen sollten abgeschafft werden. Insbesondere vor dem Hintergrund, der Kosten- neutralität imRahmen der Umstellung auf Wärme- lieferung sollte das Förderregime keine weiteren Hürden aufbauen. Die momentan weit verbrei- tete De-minimis-Regel verhindert die Förderung größerer Sanierungsmaßnahmen aufgrund der Begrenzung der Förderhöhe. Könnte die Allgemeine Gruppenfreistellungs- verordnung (AGVO) hier Abhilfe schaffen? Sobald die AGVO Anwendung findet, verlagern sich die Hürden für eine Inanspruchnahme von der Höhe der Förderung auf die operative Abwick- lung.Die Beschränkung der Förderung auf die sog. Investitionsmehrkosten stellt für viele Unterneh- men ein Hemmnis dar, das die Inanspruchnahme von Fördermitteln und die Umsetzung von Ener- gieeffizienzmaßnahmen behindert. Daher wäre eine Vereinfachung der Bestimmung der Höhe der förderfähigen Kosten erster ein sinnvoller Schritt zur Erreichung der Klimaziele. Und der zweite Schritt? Wir sollten das Förderregime im Gebäudebereich grundsätzlich überdenken. Momentan habe ich das Gefühl, dass die Bürokratie uns hier einen Schildbürgerstreich spielt. Viele Hemmnisse werden mit der Erfüllung europarechtlicher Bei- hilfevorschriften begründet. Löst man sich einmal von diesem Gedanken und räumt Klimaschutz im Gebäude den politischen Stellenwert ein, der ihm zusteht, könnte man den großen Hebel von Woh- ENERGIE UND TECHNIK

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