DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2019
37 9|2019 Maßnahmen ohnehin kaum möglich. Zugleich gilt es, als Wohnungsunternehmen energiepo- litische Leitlinien im Blick zu behalten und im Gebäudebereich zum Klimaschutz beizutragen – ganz abgesehen davon, dass Fassaden, Stränge und Leitungen geschützter Siedlungen genauso in gutem Zustand gehalten werden müssen wie bei anderen Gebäuden. Einen neuen Weg ver- sucht hier die Karlsruher Volkswohnung GmbH zu gehen, deren Keimzelle in der Dammerstock- Siedlung liegt. Zwar entstand das zu sanierende Gebäude später als die Blöcke der Moderne, für die das Viertel berühmt geworden ist; wegen des Ensembleschutzes gelten allerdings die gleichen, strengen Denkmalschutzauflagen. Es gehe um einen Spagat zwischen Erhalt und Verfall, sagt Mario Rösner, Leiter des Geschäfts- bereichs Technische Dienstleistungen. Sein Plan: Über das gesamte Gebäude wird eine thermische Hülle gelegt. Aus Urzeichnungen rekonstruier- ten die Projektbeteiligten Fassadenabstände und Wandbreiten, beschäftigten sich außerdem mit der Zusammensetzung der Wandteile. „Durch die Konzeption als Zwei-Schalen-Wand wäre gar kei- ne herkömmliche Dämmung möglich gewesen“, erklärt Rösner. Nun setzt das Unternehmen die Fassade kurzerhand 1,50 m nach vorn. Die Luft- schicht zwischen Wand und Außenfassade bringt die notwendige Wärmedämmung. Mit einer verti- kalen Neugliederung im Innenbereich entstehen in der Gebäudezeile sechs Wohnungen aus bisher zwölf. Die Denkmalschützer gaben für das Vorhaben grünes Licht; einem alternativen Abriss hätten sie hingegen kaum zugestimmt. So kritisch Rös- ner die restriktive Haltung der Behörde bisweilen sieht, in diesemFall hält sie der Architekt für ange- bracht. Er konnte die Denkmalpfleger nicht zuletzt mit dem Argument auf seine Seite ziehen, dass im Zuge des Projekts bauliche Details wie etwa Brüstungen auf den Originalzustand zurückge- bracht werden – ein Aspekt, der Unternehmen mit ähnlichen Sanierungsplänen ebenfalls zugute kommen könnte, sind doch vielerorts einst prä- gende Details von Bewohnern oder Eigentümern abgeändert worden. Die Volkswohnung, drittgrößtes kommunales Wohnungsunternehmen Baden-Württembergs, konzipiert ihr Vorhaben als Forschungsprojekt mit der TU Darmstadt und dem Karlsruher Institut für Technologie und hofft auf Erkenntnisse für ähnliche Herausforderungen. 2020 sollen die Bauarbeiten starten, dann werde sich zeigen, ob der Plan in technischer wie in finanzieller Hinsicht aufgeht. „Der Preis für das innovative Verfahren ist eine aufwändige Anlagentechnik“, sagt Rösner und schätzt die Kosten auf 3,5 Mio. €. Treppengeländer und -verglasung, Terrazzoböden oder Laubengänge aus der Bauhauszeit wurden erhalten und erneuert, die Hardtwaldsiedllung eG passte das gesamte Gebäude behutsam an heutige Wohnbedürfnisse an In Gera wurden die Gebäude von Beginn an mit Balkonen ver- sehen – Konflikte beim nachträglichen Anbau entstanden hier erst gar nicht Laubenganggebäude der LEUWO in der Bad Dürrenberger Thomas- Müntzer-Straße mit seitlich vorgesetztem, gläsernem Fahrstuhl Quelle: Hardtwaldsiedlung Karlsruhe eG, Fotos: Architekturbüro „matzka-architekt“ Quelle: LEUWO Quelle: „Glück auf“ Gera eG
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