Controller Magazin Special 6/2021
18 Prof. Dr. Andreas Seufert lehrt an der Hochschule für Wirtschaf t und Gesellschaf t Ludwigshafen und ist dort Direktor des Business Innovation Labs. Darüber hinaus ist er Direktor des Steinbeis-Transfer-Institut Business Intelligence (IBI). Zudem ist er Leiter des Fachkreises BI / Big Data und Controlling des Internationa- len Controller Vereins (ICV) sowie Ambassador Xing Controlling. Abb. 4: Beispielhaf te Darstellung eines einfachenWirkungs- / Treibermodells Einflussfaktoren undWechselwirkungen imBeispiel Durchschnitts- alter Wohnungsgröße Anzahl Bewohner Temperatur Dämmung Heizölverbrauch <right> Impact Factors for Prediction: Das Dashboard veran- schaulicht anhand der Länge des Balkens die Stärke des jeweiligen Einf lussfaktors. Je länger der Balken, desto wichtiger ist der Einf lussfaktor. Zudem wird die Wir- kungsrichtung deutlich. Gibt es einen positiven (grün) oder negativen Zusammenhang (rot) zur Zielgröße Heizölverbrauch. <right> Input for Model: Dieser Bereich stellt die Einflussfakto- ren des Modells als Simulationsparameter dar. Bei einer Variation dieser Werte ließe sich z.B. auch die zugrun- deliegende Verteilung berücksichtigen. Im Rahmen ei- ner Simulation wäre so durch eine Veränderung des Alters der Bewohner von 45 auf 53 (bei sonst gleichen Werten) direkt darstellbar, dass sich der Heizölver- brauch spürbar erhöht (von ~178,1 auf ~ 194,8 Liter) und die Bedeutung der Einf lussfaktoren sich verändert. Während im ersten Fall das Alter den entscheidenden Einf luss auf die Höhe des Heizölverbrauchs hat, ist es nun die Temperatur (ggf. ein Hinweis auf indirekte Ef- fekte und nicht-lineare Zusammenhänge). <right> Prediction / Distribution of Predictions / Gütemaße: Um das Ergebnis betriebswirtschaf tlich besser ein- schätzen zu können, lässt sich die aktuelle Vorhersage zur Bandbreite der Zielwerte (Distribution of Predic- tions) in Relation setzen. Unerlässlich für eine betriebs- wirtschaf tliche Beurteilung ist zudem die Modellgüte. Neben den in Abbildung 5 angezeigten Werten für Accuracy (z. B. prozentualer Fehler 4,68%) könnte die Erklärungsgüte des Modells einbezogen werden. In diesem konkreten Fall liegt sie bei ~ 94% mit einer Streuung von ~1,9%. Dies bedeutet, dass durch das zugrundeliegende Modell rund 94% der Schwankun- gen im Heizölverbrauch erklärt werden können, 6 % sind mit den vorhandenen Treibern nicht erklärbar. Dies wäre ggf. ein Ansatzpunkt, den Datenraum zu erweitern und neue Daten in das Modell einfließen zu lassen. Implikationen für Unternehmens- steuerung und Controlling – Aufbau analytischer Methodenkompetenz AI / ML bieten hervorragende Möglichkeiten, die Unter- nehmenssteuerung bzw. das Controlling grundlegend zu verbessern, ihren Wertbeitrag für die Unternehmen zu erhöhen und die Rolle im Unternehmen neu zu definie- ren (Seufert/ Schwarzwälder/ von Künssberg 2020). Aus Platzgründen können nur ausgewählte skizziert werden: Nutzung neuer, unverdichteter Daten als Grundlage für das entdeckende Lernen neuer KPIs. Nicht allein das Optimieren bestehender Zielgrößen sollte im Fokus ste- hen, vielmehr geht es darum zu lernen, was eigentlich wie optimiert werden muss. Dabei geht es nicht um sim- ple Wenn-Dann-Regeln. AI / ML ermöglicht die Identifi- kation komplexer Zusammenhänge auf Basis unverdich- teter Daten (Seufert / Treitz 2019). Auf diese Weise können z.B. nicht nur direkte / indirekte Ef fekte identifi- ziert und quantifiziert werden, sondern beispielsweise auch die regionale oder kundengruppenspezifische Gül- tigkeit dieser Ef fekte. Auf der Basis von AI / ML können so neue, für die strategische Ausrichtung des Unterneh- mens wichtige Zielgrößen identifiziert und neue KPIs vorgeschlagen werden. Identifikation von (Schein) KPIs und Bereinigung des bestehenden KPI-Dschungels. AI / ML ermöglicht die Identifikation von Ursache / Wirkungszusammenhängen incl. deren Quantifizierung. Auf diese Weise können bis- herige (vermeintliche) Zusammenhänge und deren Trei- ber validiert und unnütze KPIs ggf. bereinigt werden. Nutzung von KPIs als Datengrundlage für maschinelles Lernen. Ein wesentliches Potential von AI / ML besteht darin, kontinuierlich aus den Daten zu lernen. Gerade in einem immer dynamischeren Wettbewerbsumfeld er- möglicht dies, Steuerungsprozesse so aufzusetzen, dass die gelernten Treiber und deren Wirkungen als Grundla- ge für Maßnahmen gesetzt werden und der Erfolg dieser Maßnahmen automatisiert getrackt werden kann. Nutzung der Möglichkeiten von AI / ML. Nicht nur neue Datenquellen (Breite), sondern auch die Granularität Indirekte Effekte Direkte Effekte AI / ML bieten hervorragende Möglichkeiten, die Unternehmens- steuerung bzw. das Controlling grundlegend zu verbessern.
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