Controller Magazin Special 2024

Controller Magazin | Special | 2024 23 Mangelnde Kundenorientierung bei den Prozessen (z. B. zu viele Schnittstellen bei Kundenaufträgen, dadurch zu lange Durch- laufzeiten), Intransparenz und dadurch fehlende Messbarkeit (z. B. keine Kennzahlen über Durchlaufzeiten) und schließlich zu geringe Digitalisierung gelten weiterhin als wesentliche Gründe für Wertschöpfungspotenziale bei administrativen Prozessen. Dieser Beitrag zeigt, wie im Controlling bzw. speziell im Budgetierungsprozess durch moderne, digitale Methoden ein Beitrag zur Steigerung der Produktivität des Unternehmens und damit der Wettbewerbsfähigkeit erbracht werden kann. Es wird erläutert, welche Methoden zur Digitalisierung, Analyse und Optimierung von Prozessen eingesetzt werden können, um dann am Beispiel von Process Mining und Artificial Intelligence (AI) Einsatzmöglichkeiten für den Budgetierungs- und Forecasting-Prozess zu beleuchten. So können Controlling- und Budgetierungsverantwortliche die Durchlaufzeit reduzieren und Produktivität erhöhen. Die Bedeutung von Process Mining für die Prozessoptimierung im Controlling Zur Digitalisierung, Analyse und Automatisierung von Prozessen gibt es zahlreiche Ansätze, um menschliche Ressourcen für wertschöpfende Tätigkeiten – in denen der Mensch den Unterschied macht – freizuspielen (siehe Abb. 1). Process Mining nimmt eine besondere Rolle ein, weil es in allen drei Stufen Nutzen stiftet: Es ermöglicht eine datengetriebene Analyse der tatsächlichen Ausführung von Geschäfts- prozessen, indem digitale Datenprotokolle (Logdateien) genutzt werden. Es analysiert den Ist-Zustand von Prozessen und ermöglicht so die Identifizierung von Prozessabweichungen, Engpässen und Verbesserungsmöglichkeiten. Schließlich identifiziert es Automatisierungspotenziale, indem repetitive Aufgaben sowie ineffiziente Abläufe erkannt werden. Process Mining hilft Unternehmen also dabei, Prozesse besser zu verstehen, laufend zu überwachen, zu optimieren und gegebenenfalls zu automatisieren.2 Sein volles Potenzial entfaltet Process Mining vor allem bei häufig durchgeführten Prozessen: Einerseits können dies Abläufe in transaktionsreichen Branchen wie beispielsweise Finance, Versicherungen oder Telekommunikation sein. So sparte die deutsche Telekom im Procure-to-Pay-Prozess 66 Mio. Euro, indem sie die typischen Beschaffungscontrolling-Potenziale „Doppelzahlungen“ und „ungenutzte Skonti“ mit Process-Mining-Analysen aufdeckte3. Andererseits sind auch industrielle Standardprozesse für Process-Mining geeignet. Um beim Procure-to-Pay-Beispiel zu bleiben: Es ist nicht ungewöhnlich, dass größere Industrieunter- nehmen hier jährlich weit über 100.000 Prozessinstanzen verarbeiten. Aber auch selten durchgeführte Prozesse bieten Potenziale, wie das Beispiel Budgetierungsprozess zeigt. Seit Jahrzehnten beschäftigt Unternehmen der – oft als zu hoch wahrgenommene – Ressourcenaufwand und die lange Durchlaufzeit des Budgetierungsprozesses. Beide Punkte betreffen die Effizienz der Budgetierung, die durch Process Mining oder Task Mining verbessert werden kann. Abb. 1: 15 wesentliche Methoden zur Digitalisierung, Analyse und Optimierung von Prozessen DIGITALISIERUNG 1. Business Process Management (BPM): Digitalisierung und Optimierung von Geschäftsprozessen. 2. ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning): Digitalisierung von standardisierten Geschäftsprozessen mit betrieblichen Informationssystemen. 3. Scanning, OCR (Optical Character Recognition): Digitalisierung bzw. Umwandlung physischer Dokumente. 4. Internet of Things (loT): Digitalisierung durch Vernetzung von Sensoren und Geräten zur Gewinnung von Echtzeitdaten über Prozesse. 5. Cloud Computing: Speichern und Verarbeiten von Daten auf skalierbaren Servern zur Unterstützung von digitaler Kollaboration und digitalen Prozessen. ANALYSE 1. Business Intelligence (BI), Data Analytics: Analyse von Geschäftsdaten zur Unter- stützung von Entscheidungsfindungsprozessen. 2. Data Mining: Analyse von Mustern und Erkenntnissen aus großen Datenmengen. 3. Process Mining: Analyse von Ereignisprotokollen nutzt zur Darstellung und Optimierung tatsächlicher Abläufe von Geschäftsprozessen. 4. Predictive Analytics: Analyse mit statistischen Modellen und Algorithmen, um zukünftige Trends und Verhaltensmuster vorherzusagen. 5. Machine Learning: Analyse anhand von Algorithmen, die aus Daten lernen und sich verbessern, ohne programmiert zu werden. AUTO- MATISIERUNG 1. Workflow-Automatisierung: Automatisierung von (Routine-) Aufgaben zur Vereinfachung von Geschäftsprozessen. 2. Mobile Anwendungen: Automatisierung des Zugriffs auf Informationen und der Ausführung von Aufgaben von unterschiedlichen Standorten. 3. Robotic Process Automation (RPA): Automatisierung repetitiver Aufgaben in Geschäftsprozessen mit Software- Robotern. 4. Künstliche Intelligenz (KI): Automatisierung komplexer Aufgaben und (normalerweise) menschlicher Entscheidungsprozesse. 5. Chatbots und virtuelle Assistenten: Automatisierung der Kommunikation und der Beantwortung von Benutzeranfragen.

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