Controller Magazin Special 3/2022

30 PRAXISBEISPIEL Planung abschaffen? Thalia stellt die aktuellen Planungs- und Steuerungsprozesse auf den Prüfstand. CFOMarcus Droste und Head of Controlling Stefan Liesegang geben Ein- und Ausblicke. Sie evaluieren neue Optionen für die Planung und Steuerung. Wie sieht der aktuelle Planungsprozess aus? Marcus Droste: Wir haben einen zweistufigen Planungsprozess: Im Frühjahr die strategische Planung, ein Topdown-Prozess auf Geschäf tsführungsebene. Hier zeigen wir, wo wir uns als Thalia Gruppe mittel- bis langfristig strategisch hinbewegen wollen. Dabei verknüpfen wir mit Treibermodellen quantitative und qualitative Ziele für die nächsten Jahre, d. h. unsere Fokusprojekte und Maßnahmen. Die aktuelle Herausforderung ist es, abzuschätzen, welche nachhaltigen Verwerfungen sich durch die Pandemie ergeben haben. Hierbei ist die Simulation von Szenarien als Teil des treiberbasierten Ansatzes hilfreich. Dabei wird die Sof tware-Lösung Valsight (s. S. 64f.) erfolgreich eingesetzt. An diesen Prozess schließt die operative Planung an, wo das kommende Geschäf tsjahr für die nächsten 12 Monate geplant wird. Das erfolgt Bottom-up, ist sehr detailliert, d.h. kostenstellengenau. Stefan Liesegang: Wenn unser Geschäf tsjahr im Oktober startet, steuern wir das Unternehmen gegen Plan und gegen Vorjahr. Nach dem Weihnachtsgeschäf t erfolgt eine erste Hochrechnung, die dann monatlich und Topdown erfolgt. von Projekten und Maßnahmen investieren. Dazu ist sie mit dem Horizont von 12 Monaten sehr statisch und passt nicht mehr in die VUCA-Welt. Sie verfehlt ihren Kernzweck, die heute notwendige agile Steuerungsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten. Welche Ziele leiten Sie für die Neuausrichtung ab? Stefan Liesegang: Im Fokus steht die Verbesserung der Prognose- und Steuerungsfähigkeit des Unternehmens. Wir wollen schneller auf kurzfristige Ereignisse reagieren können, indem wir z. B. ad hoc verschiedene Szenarien berechnen und passende Maßnahmen auswählen. Zudem fördert eine bessere Planung auch eine bessere Umsetzung der Unternehmensstrategie. Das Ziel: die Implementierung der Strategie über die Planung so zu operationalisieren, dass jeder besser versteht, was der eigene Beitrag zur Strategieumsetzung und damit zum Unternehmenserfolg ist. Natürlich wollen wir auch den Aufwand reduzieren und damit Ressourcen für Umsetzungsprojekte frei machen. Welche Herausforderungen sehen Sie bei diesem Unterfangen? Marcus Droste: Wir müssen noch besser verstehen, wo und wie die Planung im Unternehmen genutzt wird. Aktuell unterstützt sie vor allem operative Prozesse. So arbeitet z. B. unsere Logistik mit tagesgenauen Forecasts, die aus der Planung abgeleitet werden. Auch benötigt so ein Projekt einmalig relativ viele Ressourcen, die freigestellt werden müssen. Was sind die Anforderungen an den neuen Prozess? Stefan Liesegang: Wir wollen das nachhaltigste und zu Thalia passendste Modell auswählen. Als Controller neigt man dazu, nur die kaufmännische Brille aufzusetzen, Stefan Liesegang ist seit 2006 in seiner Funktion als Head of Controlling bei Thalia gruppenweit verantwortlich für die Bereiche Group Controlling, Sortiments Controlling und Vertriebs Controlling, v. a. für alle Controlling relevanten Prozesse wie strategische und operative Planung, Forecasts, Monatsabschlüsse und Projektcontrolling. „Wir glauben, dass man Planung in der althergebrachten Form– sehr statisch, sehr detailliert – nicht mehr braucht.” Warumwollen Sie diesen Prozess neu denken? Marcus Droste: Die operative Planung verursacht sehr viel Aufwand. Wir sind mindestens vier Monate im Jahr mit Planungsthemen beschäf tigt und binden sehr viele Ressourcen. Diese würden wir lieber in die Umsetzung

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