Controller Magazin Special 5/2020
12 Der Einfluss der Digitalisierung richtet sich auf zwei sehr unterschiedliche Bereiche des Controllings. Einerseits auf die Automatisierung repetitiver Routinetätigkeiten (Robotic Process Automation) und anderseits auf die Un- terstützung bzw. Automatisierung anspruchsvoller, ana- lytischer Tätigkeiten (maschinelle Forecasts, KI). Wäh- rend die Automatisierung von Routinetätigkeiten, insbesondere bei Großunternehmen, erfolgreich voran- schreitet, scheint die Unterstützung analytischer Tätig- keiten ungleich schwieriger. Laut einer Studie des Bun- deswirtschaftsministeriums nutzen derzeit lediglich 5 % der deutschen Unternehmen KI in einem ihrer Unterneh- mensbereiche. 1 Der Anteil der Unternehmen, die KI im Controlling einsetzen, ist damit verschwindend gering. Gleichzeitig gibt es große Erwartungen an KI-Systeme im Controlling. 2 Der vorliegende Artikel wurde vor demAus- bruch der Coronakrise geschrieben. Er beleuchtet sowohl die Grenzen der Prognosefähigkeit als auch die Einsatz- möglichkeiten maschineller Forecasts. Paradigmenwechsel imBereich Planung, Budgetierung und Forecasting? Die Klage über ein unsicheres, schwer planbares Umfeld, das vorzeitige „überholt sein“ der Planung sowie budget- politische „Spiele“ haben eine lange Geschichte. Der Beyond Budgeting Round Table (BBRT) forderte Anfang der 2000er Jahre lautstark das Ende der klassischen Pla- nung. Im Zuge der Finanzkrise 2008 etablierte sich der Begriff VUCA – Volatility, Uncertainty, Complexity and Ambiguity – als Synonym für die Problematik der Vor- hersagbarkeit zukünftiger Entwicklungen. Als Antwort auf dieses „new normal“ wurden Konzepte, wie die Mo- derne Budgetierung, Szenarioplanung, Bandbreitenpla- nung oder Rolling Forecasts vorgestellt, welche auf un- terschiedliche Weise den Abschied von detaillierten, punktgenauen Planungen und Prognosen propagiert haben. Mit dem Einzug der Digitalisierung hat jedoch scheinbar ein Paradigmenwechsel eingesetzt. Der Zu- gang zu neuen Datenquellen (Big Data), nahezu unlimi- tierte Rechenleistung sowie KI-Systeme haben rasch zu Schlagworten wie Predictive Analytics und ersten An- wendungen KI-basierter maschineller Forecasts geführt. Damit ist der Glaube an die Prognostizierbarkeit der Zu- kunft – zumindest bis zum Ausbruch der Coronakrise – wiederauferstanden. Die wenigen Erfahrungsberichte vorwiegend großer Konzerne, scheinen die Möglichkeit der Prognostizierbarkeit durch Künstliche Intelligenz und die Überlegenheit maschineller Forecasts zu bestä- tigen. Abbildung 1 zeigt die monatliche Entwicklung des menschlichen und maschinellen Year-End-Forecasts eines großen internationalen Konzerns. Der maschinelle Forecast hat dabei den Abschwung um drei Monate frü- her als der Controller angezeigt und das Jahresendergeb- nis am Ende auch etwas genauer prognostiziert. Künstliche Intelligenz im Controlling Einsatzmöglichkeiten und Grenzen maschineller Forecasts CONTROLLING
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