Controllermagazin 4/2020

83 IT / DIGITALISIERUNG Controller Magazin | Ausgabe 4 die Qualität der Lösungen ständig besser ge­ worden. Über Cloud stehen tolle Lösungen bereit, die schnell und ohne aufwendige Im­ plementierung einsetzbar sind. Wer sich mit maschinellem Lernen beschäftigen möchte, kann mit Knime, Rapid Minder, R, Python sofort loslegen . Allerdings erfolgt schnell die Ernüchterung, wenn die Ergebnisse nicht sofort eine Revolution einleiten. Biel: Sie können sicher auch aus Ihrer reich- haltigen Projekterfahrung noch Bemerkens- wertes beisteuern? Oehler: Es trifft mich leider immer wieder in Projekten: „Bei uns funktioniert das nicht.“ Das ist sogar in vielen Fällen nicht falsch. Die ersten Ergebnisse sind häufig nicht ermuti­ gend. Aber es sprechen zwei Punkte dafür, nicht nachzulassen: Zum einen ist es ein Lernprozess , der durchaus Monate, wenn nicht Jahre braucht. Zum anderen sind di­ verse kleine Verbesserungen kumulativ durchaus signifikant. Auch eine kleine Ver­ besserung der Absatzvorschaugenauigkeit hilft, Ressourcen besser zu koordinieren und auch den Lagerbestand zu reduzieren. Mit einem entsprechenden betrieblichen Simu­ lationsmodell lassen sich die Wirkungen ab­ schätzen. Biel: Zum Schluss bitte noch eine eher per- sönliche Frage. Haben Sie eine Vision, wie die Zukunft der Controller/-innen aussehen könnte oder auch sollte? Oehler: Eigentlich ganz einfach: Der Con­ troller kommt seiner Rolle als erfolgsori­ entierter Integrator umfassend nach. Er kann dabei flexibel aus einem Topf von Mo­ dellen, Methoden und Daten schöpfen. Die Verbindungen zieht er, unterstützt durch in­ tuitive Lösungen, selber. Warum kann der Manager dies dann auch nicht gleich selber machen? Weil eben doch noch eine ganze Menge betriebswirtschaftliche Interpretati­ on notwendig sein wird. Die Formulierung von Hypothesen ist immer noch die beste Grundlage für den Einsatz von maschinel­ lem Lernen. Biel: Sie hatten eingangs von Ihrer Unge- duld gesprochen. Vermutlich könnte Ihnen alles schneller gehen? Oehler: Natürlich könnte es mit dieser Vision schneller gehen. Ich würde mir etwa mehr Mut bei Innovationsentscheidungenwün­ schen . Auf der anderen Seite zeigen viele Anbieter heute eine Innovationsgeschwin­ digkeit, die sich sehen lassen kann. Auch im Bereich des Controllings zeigen sich mittler­ weile Start-ups, die einen schnellen Einsatz möglich machen. Dazu arbeiteten sie eng mit den Datenwissenschaftlern zusammen, ummethodisch anspruchsvolle Lösungen zu erzeugen. Die IT wird im Wesentlichen nur für die technische Bereitstellung gebraucht. Biel: Ich möchte resümieren und mich auf fünf Aspekte begrenzen. 1.) Die Technologie des maschinellen Ler­ nens ist controlling-relevant. Sie lehrt Computern die Ausführung von Aufga­ ben durch Lernen aus Daten, anstatt für die Aufgaben programmiert zu werden (nach SAP-Definition). 2.) Es kommt nicht auf mehr Daten an, son­ dern auf neue, tiefereErkenntnisse ins­ besondere über Zusammenhänge und Abhängigkeiten, beispielsweise über 1. Treiberorientierung, 2.Wirkungsketten bzw. Wirkungsbeziehungen oder 3. Ver­ haltensmuster. 3.) Controlling war schon immer IT-nah, Con­ trolling wird stärker „technologisiert“ . Dabei müssen Controller-/innen nicht die neuen Techniken selbst beherrschen, die­ se aber genau kennen und wirkungsvoll einzusetzen und zu nutzen wissen ist die neue Anforderung. 4.) DieDigitalisierung ist auch imControlling kein Selbstläufer , ein aktives Risikoma­ nagement ist geboten. 5.) Aus heutiger Sicht verändern sich die Kernaufgaben und -kompetenzen der Controller/-innen nicht. Sie werden sich aber erweitern und differenzieren, vor al­ lem die Innovationsorientierung dürfte wichtiger werden. Nicht zuletzt habe ich Ihnen, lieber Herr Prof. Dr. Oehler, vielmals zu danken für Ihren wichtigen Input, der die einschlägige Dis­ kussion bereichern dürfte. Auch schulde ich Dank für die enge und angenehme Zusam­ menarbeit bei der Vorbereitung und Abar­ beitung dieses Interviews. Umfrage Wie digital ist Ihr Controlling? Benchmarking des digitalen Reifegrades imControlling von Philipp Klüver, TU Braunschweig Die Digitalisierung dürfte derzeit auf der Agenda eines jeden CFOs stehen, doch ein Monitoring der eigenen Anstrengungen fällt oft schwer. Vor allem ein Benchmarking des Digita­ lisierungsfortschritts mit vergleich­ baren Unternehmen wäre hilfreich. Genau hier setzt eine aktuell laufen­ de Studie der TU Braunschweig und des Fachkreises Digitale Transforma­ tion des ICV an: Der Stand der Digita­ lisierung in Controllingorganisatio­ nen wird systematisch erfasst und einem Benchmarking unterzogen. Sie können unter folgendem Link bzw. mit untenstehendem QR-Code am Benchmarking teilnehmen und erhalten aufWunsch nachAbschluss der Studie kostenfrei eine individu­ elle Auswertung. https://lnk.tu-bs.de/ybnQcU Eine detaillierte Beschreibung der Methodik wurde im letzten Control­ ler Magazin Special 03/2020 präsen­ tiert. Der Artikel steht ebenfalls unter dem Link frei zum Download zur Verfügung. Mit Ihrer Teilnahme unterstützen Sie auch unmittelbar das Dissertationsprojekt eines der Autoren der Studie.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==