Controllermagazin 4/2020
70 PRAXIS Controller Magazin | Ausgabe 4 und länderspezifischer, formaler Rechnungsvorausset- zungen im der Supply Chain zuzurechnenden OTC-Pro- zess verantwortlich sein. Es bedarf einerseits einer Verantwortung für das Pro- zessdesign, d. h. die inhaltliche und formale Gestaltung jedes einzelnen Teilprozesses ( Accountable Process Ownership ), sowohl innerhalb als auch außerhalb der Finanzabteilung. Die disziplinierte Ausführung der zu- geordneten Prozessschritte, z. B. Buchungen, Genehmi- gungen und Berichte von Accountants und Controllern im P2P- und OTC-Prozess andererseits erfordert zu- sätzlich eine Responsible Process Ownership . Für die Definition aller in Prozessen genutzten Daten und Informationen, d. h. Formate, Felder und Formeln, sind in Analogie zu den Prozessverantwortlichen Ac- countable Data Owner verantwortlich. Für die Gestal- tung von Stamm- und Transaktionsdaten mit Finanzbe- zug sind das Buchhalter, Controller, Steuerfachleute, Treasurer usw. Zuletzt muss noch die Verantwortung für die Bereitstellung und Verwendung von Daten geregelt sein, indem jeder Anwender die Rolle des Responsible Data Owners für „seine“ Daten im Rahmen „seiner“ Auf- gaben übernimmt. Nur wenn neben der korrekten Ausführung von Prozess- schritten die fachlich zuständige Finanzfunktion Owner- ship über die formalen Aspekte von Finanzdaten jedwe- der Art und egal inwelchemProzess wahrnimmt, werden finanzielle Transparenz und Steuerungsentscheidungen nahe an Echtzeit möglich. Dazu müssen sich Mitarbeiter in der Finanzabteilung künftig intensiv mit den übrigen Prozess- und Daten-Ownern bezüglich der Verantwor- tung für finanzielle P2P- undOTC-Datenwie Brutto- bzw. Nettopreise, fixe und variable Kosten, Liefer- und Zah- lungskonditionen abstimmen. Gleiches gilt umgekehrt für Verantwortliche von Prozessen und Daten außerhalb der Finanzabteilung. Das ist der Preis des holistischen Ansatzes und geht engmit der in der Chemieindustrie an Bedeutung gewinnenden Corporate Digital Sustainable Responsibility einher (Keller et al., 2020). These 2: Der Umbruch von „Basis“ zu „Spezial“muss in Chemie- firmen auch Buchhalter, Controller, Steuerexperten und Treasurer einschließen. In der Chemiebranche findet seit geraumer Zeit ein Um- bruch von weniger profitablen Basischemikalien hin zu ertragreicheren Spezialchemikalien statt. Mit inkremen- tellen oder disruptiven Entwicklungen von Geschäfts- modellen, Geschäftsprozessen und Technologien wach- sen die Anforderungen an das Personal, bei einer digitalen Transformation erst recht (Keller et al., 2020). Finanzfachleute nehmen Abschied vonmanuellen, repe- titiven Aufgaben mit begrenztem kognitivem Anspruch, wie z. B. Kalkulationen, Zahlenabgleichen und das Erstel- len von Abschlüssen (Rerun et al., 2018). Sie, genauso wie auch ihre Kollegen in den Kernprozessen mit direktem Wertschöpfungsbezug, übernehmen stattdessen an- spruchsvollere, weniger zyklische und mehr wertschöp- fende Aufgaben, z. B. ein kontinuierliches Accounting, Datenanalysen in Echtzeit und die Erstellung finanzieller Szenarien zur Entscheidungsunterstützung desManage- ments (Rerun et al., 2018). Zur Digitalkompetenz der Controller (Mödritscher et al., 2019) muss in Zukunft u. a. die Selektionsfähigkeit gehö- ren. Um Transparenz und Effizienz in der gewaltigen In- formationsflut zu erzeugen, müssen sie vorab die not- DR. WOLFRAM KELLER ist Gründer des Kompetenz- netzwerks CHEM4CHEM® für die Industrie 4.0. Davor hat er in der Chemieindustrie und als Unternehmensberater mit Fokus auf Prozess-Redesign und Effizienz steigerung gearbeitet. wkeller@chem-4-chem.com Abb. 2: Typische Datenmit Finanzbezug imOTC-Prozess
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