Controllermagazin 4/2020

51 Controller Magazin | Ausgabe 4 AKTUELL 2.) Lagerkapazitäten: Sollten Lagerkapazi- täten in einer Krisensituation ein limitie- render Faktor sein, z. B. aufgrund eines veränderten Bestandsmanagements mit höheren Sicherheitsbeständen und nicht zugänglichen externen Lagerungsmög- lichkeiten, kann die Losgröße außerhalb des Kostenoptimums wiederum zuguns- ten der Lagerkapazität reduziert werden. Dieses würde kleinere Losgrößen und eine erhöhte Flexibilität in der Produktion in Bezug auf das produzierte Sortiment bedeuten. Auch dieser Fall kann im Los- größenmodell rechnerisch über künst- lich, proportional „verteuerte“ Lagerkos- tensätze integriert werden. Aufgrund ihrer detaillierten Kosten- und Be- triebskenntnis sind Supply Chain Controller regelmäßig prädestiniert, diese Modelle aufzubauen und zu kalibrieren. Ein profes- sionelles Losgrößenmodell ist dabei flexibel genug aufgesetzt, um die beschriebenen Einflüsse zu verarbeiten und auf externe Veränderungen angepasst zu werden. Die Entscheidung hinsichtlich der konkreten Strategie bei Abweichen vom eigentlichen Optimum sollte abteilungsübergreifend vorgenommen werden. Ziehen Sie alle Register, umden Materialeinsatz zu reduzieren Eine Sofortmaßnahme in Zeiten von erhöh- ten Lieferunsicherheiten bei kritischen Roh- waren ist die systematische Reduktion des Materialeinsatzes unter Beachtung der ge- setzlichen sowie internen (QS-) Vorgaben. Dieses Vorgehen empfiehlt sich nicht nur zur Reduktion des Einsatzes von kritischen Roh- waren, bei welchen ggf. bereits Liefereng- pässe vorliegen, sondern auch zur allgemei- nen Kostenreduktion. Im Folgenden sind beispielhaft einige Möglichkeiten zur kurzfristigen Reduktion des Materialein­ satzes skizziert. 1.) Anpassung der Produktionslosgrößen: Unterliegen einzelne Artikel extremen Engpässen, kann über die Erhöhung von Produktionslosgrößen (siehe oben) ins- besondere der Rüstschwund des Artikels z.T. signifikant reduziert werden. Hierbei kann es eine unternehmerische Entschei- dung sein, die Artikelverfügbarkeit zu maximieren und auf ein Kostenoptimum zu verzichten. 2.) Steuerung der Füllmengenmittels Ein­ satzes von Statistik: In vielen Branchen wie der Lebensmittel-, der Chemie- oder der Konsumgüterindustrie bieten die Vorgaben zu Füllgewichten in Fertigwa- ren (Fertigpackungsverordnung) einen oftmals nicht vollständig ausgenutzten Spielraum. Statistik-affine Supply Chain Controller können hier über integrierte statistische Modelle unter Berücksichti- gung von Mittelwert und Standardab- weichung der Füllmengen relativ schnell Optimierungspotentiale identifizieren. Die dazugewonnene Präzision in der Auswertung der Füllgewichte birgt regel- mäßig ein hohes Potential zur weiteren Reduktion des Materialeinsatzes und der entsprechenden Kosten. 3.) Steuerung der Inhaltsstoffe: Überden- ken Sie Ihre Produktspezifikationen und Rezepturen und nutzen Sie gesetzliche Spielräume hinsichtlich der Produktin- haltsstoffe konsequent aus. In diesem Zuge sollten beispielsweise alle Produkt- anteile mit Schwankungsbreiten konse- quent gemessen und ausgesteuert wer- den. Fragen Sie sich insbesondere, ob die Produktanteile von kritischen Rohwaren reduziert werden können, um kurzfristig eine höhere Ausbringungsmenge be- stimmter Fertigwaren sicherzustellen. Beleuchten Sie auch, ob Substitut-Artikel mit geringeren Anteilen der kritischen Rohmaterialien temporär einen ähnli- chen Artikel mit höherem Anteil kriti- scher Rohwaren ersetzen können. Passen Sie Ihre Bestandsstrategien für Fertigwaren an Auch in Bezug auf die Bestandsstrategie der Fertigwaren sollte ein bewährtes Be- standsmanagement hinsichtlich einer ein- getretenen Krisensituation unmittelbar überprüft, hinterfragt und adaptiert wer- den. Überprüfen Sie auch hier zeitnah Klassi- fizierungslogiken und -ergebnisse sowie hieraus abgeleitete Maßnahmen und Si- cherheitsbestände. Validieren Sie zunächst Ihre grundsätzliche, unternehmerische Zielstellung, z. B. maximale Versorgungssi- cherheit „um jeden Preis“ oder Reduktion der Kapitalbindung aufgrund von Unsicher- heiten. Ist die Marschrichtung definiert, sollte für jede Klassifizierungskategorie und imBedarfsfall auch für einzelne Artikel Abb. 2: ABC/XYZ-Analyse

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==