Controllermagazin 4/2020

37 AKTUELL Controller Magazin | Ausgabe 4 Die Ankündigung eines Turnaround- Programms und ihre Auswirkungen auf das NetWorking Capital Der öffentliche Start eines Turnaround-Programms löst erfahrungsgemäß bei den unterschiedlichen Stakeholdern des Unter- nehmens wie Lieferanten und Kunden ver- schiedene Reaktionen aus: Aufseiten der Lie- feranten hat die bloße Ankündigung eines Turnarounds häufig bereits negative Auswir- kungen auf Auslieferungen, Rechnungsstel- lung und Zahlungsziele gegenüber dem vom Turnaround betroffenen Unternehmen: Lie- feranten des betroffenen Unternehmens ver- suchen, ihr eigenes Risiko bei einer potenziel- len Insolvenz ihres Kunden zu minimieren, indem  ▶ zuvor gewährte Zahlungsziele gekürzt oder auch komplett gestrichen werden und ein strikteres Forderungsmanagement gegen­ über demUnternehmen gestartet wird;  ▶ Rechnungen direkt bei Leistung, im Ext- remfall aber auch bereits als Vorkasse ge- stellt werden;  ▶ bestellte aber noch nicht bezahlte Pro- dukte später oder gar nicht mehr ausge- liefert werden. Gleichzeitig werden aufseiten der Kunden des Unternehmens zuvor vereinbarte An- zahlungen verringert oder vollständig ver- weigert und ausstehende Forderungen nicht mehr beglichen. Die Kunden wollen somit das eigene Risiko minimieren und erhoffen sich, Kosten sparen zu können. Je enger die Leistungsbeziehung zwischen Kunde und betroffenem Unternehmen ist, desto schwerer tut sich der Kunde, Maßnahmen durchzusetzen. Die verzögerte Auslieferung aufseiten der Zulieferer und die damit ver- bundenen Produktionsausfälle sowie kurz- fristige Verschiebungen bzw. Stopps der Kunden bei der Vergabe von Aufträgen füh- ren wiederum schnell zu einem Anstieg der Vorräte und Lagerhaltung im betroffenen Unternehmen. Der Rückgang der Verbind- lichkeiten, verbunden mit einem Anstieg an Forderungen und erhöhter Lagerhaltung, kann in Kombination zu einem schnellen und starken Anstieg des Net Working Capi- tal, einem schnellen Liquiditätsabfluss und in Konsequenz zu Liquiditätsproblemen des betroffenen Unternehmens führen. Dies schränkt den Handlungsspielraum stark ein. In Zeiten von Covid-19 sieht man im Bereich Working Capital unterschiedliche Herange- hensweisen. Stark betroffene Unternehmen verzögern die Bezahlung ihrer Lieferanten signifikant. Unternehmen mit einer guten Cash Position unterstützen ihre Lieferanten in dieser Zeit mit sofortiger Bezahlung im Sinne eines kollaborativen Working Capital Mana­ gements. Darüber hinaus trägt die gestiegene Globalisierung der Supply Chain zu einer höheren Disruption und damit zur Gefahr von Produktions- und Umsatzausfällen bei. Personalumbau als Insolvenzrisiko Häufig umfassen Programme zur Kostenre- duktion auch Maßnahmen zum Personal- abbau, sofern Kurzarbeit nicht ausreicht. Zur Auswahl stehen dabei bspw. der ver- stärkte Einsatz von Altersteilzeiten, Früh- ruhestand, die Gründung von Transferge- sellschaften oder Qualifizierungsbetrieben oder – als letzte Option – betriebsbedingte Kündigungen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Chief Human Resources Of- ficer (CHRO) und demCFO ist unabdingbar, um zum einen eine korrekte Skalierung der Maßnahmen sicherzustellen. Zum ande- Abb. 2: Typisches Cash-Kurven-Szenario imRestrukturierungsfall (Quelle: goetzpartners)

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