Controllermagazin 4/2020

36 AKTUELL Controller Magazin | Ausgabe 4 Der CFO als Turnaround-Manager Falls sich die Situation des Unternehmens weiter ver- schlechtern sollte und das Unternehmen zunehmend in Liquiditätsengpässe gerät, muss der CFO als Turn- around-Manager unter extremem zeitlichen Druck agie- ren. Das Ziel muss dabei insbesondere sein, einer Liqui- ditätskrise vorzubeugen und das Unternehmen vor den Folgen einer drohenden Insolvenz zu bewahren. Die Si- cherung der Zahlungsfähigkeit zur Weiterführung des operativen Betriebs und zur Finanzierung des anstehen- den Turnarounds muss hierbei für den CFO die höchste Priorität haben. Parallel müssen neben der Finanzierungssicherheit auch kurz- und langfristig orientierte Verbesserungen des Geschäftsmodells und der Kostenstruktur erfolgen, um auch ein längerfristiges Überleben des Unternehmens zu ermöglichen. In Zeiten, in denen sich die Situation des Unternehmens graduell verschlechtert, nehmen die Verantwortlichkei- ten des CFO stufenweise zu und er steht im Zentrum der Entscheidungen. Insbesondere im Kontext der Covid-19 Krise mit weitreichenden, globalen wirtschaftlichen Im- plikationen, ändert sich die Rolle des CFO schlagartig. Als Turnaround Manager steht die Liquiditätssicherung des Unternehmens im Vordergrund und er muss entlang der gesamten Wertschöpfungskette die relevanten Maß- nahmen definieren. Bspw. gehört dazu ein höherer Fokus auf die Working-Capital-relevanten Prozesse, um einen pünktlichen Zahlungseingang offener Kundenforderun- gen sicherzustellen, aber auch das Bestellvolumen der gesunkenen Nachfrage anzupassen. Die Herausforderungen des Turnaround-Managers In Krisensituationen insbesondere im Kontext von Covid-19 und seiner damit verbundenen Rolle als Turn- around-Manager sieht sich der CFO verschiedensten Herausforderungen gegenübergestellt: 1. Ein zentrales Thema in Turnaround-Situationen ist Ressourcenknappheit und die notwendige Neualloka- tion benötigter Ressourcen. Es erfordert die Imple- mentierung effizienter Prozesse und mehr Raum für turnaround-bezogene Aktivitäten, umdiesem frühzei- tig entgegenzuwirken. Hier können die Automatisie- rung und Digitalisierung von Kernprozessen und -auf- gaben im Verantwortungsbereich des CFOs zu einer effizienten Betreuung des Tagesgeschäfts und zur Freisetzung zusätzlicher Ressourcen und gestiegener Transparenz beitragen. 2. Die Erfahrung zeigt, dass mehr als 80% aller Turn- arounds ihre finanziellen und operativen Ziele verfeh- len. Zahlreiche Probleme bei der Planung, Einrichtung undDurchführung eines Turnarounds sowiemangeln- de Transparenz können deutliche Ergebnislücken ge- nerieren. Typische Probleme entstehen aufgrund von unvollständigen Datensätzen und nicht ausreichender Granularität der Daten bereits beim Erstellen des Startpunktes. Eine unzureichende oder fehlende Ein- bindung des Managements bei der Festlegung der Programmziele und der notwendigen Maßnahmen sowie die fehlende Verpflichtung zur Umsetzung stel- len weitere Problemfelder dar. Darüber hinaus sind bestehende IT-Systeme in vielen Fällen nicht ausrei- chend für eine anforderungsgerechte Datenanalyse und -bearbeitung ausgelegt und erschweren es somit, mögliche Einsparungen nachzuverfolgen und später in der GuV sowie Bilanz sichtbar zu machen. 3. Die Sicherung der Liquidität zur Erreichung der ge- steckten Ziele gilt als Grundvoraussetzung. Ein unzu- reichendes Cash Management kann mit schwerwie- genden Folgen verbunden sein. Hierbei gibt es zwei wesentliche Fragestellungen zu beantworten:  ▶ Verfügt das Unternehmen über ausreichende finanzi- elleMittel, umeine Krise imVorfeld abzuwehren bzw. die Herausforderungen von Covid-19 zu überstehen?  ▶ Kann das Unternehmen in der Krise mit vorhande- nen liquiden Mitteln den geplanten Turnaround umsetzen oder bedarf es weiterer externer Mittel? Der Turnaround und Auswirkungen auf die Liquidität Die Ankündigung eines Turnarounds und der Bedarf ei- nes strikten Liquiditätsmanagements sind engmiteinan- der verbunden. So besteht während eines Turnarounds die konstante Gefahr, dass das Unternehmen trotz einer erfolgreichen Restrukturierung in Zahlungsunfähigkeit und folglich in Insolvenz gerät. Wie in Abbildung 2 dar- gestellt, kann, selbst wenn in laufenden Restrukturierun- gen bereits erste positiveMaßnahmeneffekte in der GuV sichtbar sind, die Liquidität jedoch gleichzeitig immer weiter absinken, bis das Unternehmen in die Zahlungs- unfähigkeit gerät. Es wird häufig übersehen, dass die eingeleitetenMaßnah- men mit nachgelagerten Cash-Effekten – bspw. durch die zeitverzögerte Auszahlung von Abfindungen oder Trans- ferzahlungen – verbunden sind oder dass keine genaue Vorausschau der Zahlungsflüsse vorhanden ist. 4 Ein umfassender Business Case mit Liquiditäts­ vorschau wirkt dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit während des Turnarounds entgegen. Dieser muss alle Restrukturierungs- und Einmalaufwendungen in einer detaillierten Cashflow-Planung berücksichtigen und ermöglicht somit, das Volumen und den Zeitpunkt des Finanzierungsbedarfes zu prognostizieren und auf kurzfristige Engpässe flexibel reagieren zu können. 5 DR. FLORIAN MES ist Partner bei goetzpartners Management Consultants GmbH in München, im Führungsteam der Practice Group Transformation und Leiter der Service Line Restructuring & Turnaround mit dem Schwerpunkt Liquiditätsmanagement. florian.mes@goetzpartners.com DR. GUNNAR BINNEWIES ist Partner bei goetzpartners Management Consultants GmbH in München und Leiter der Service Line Restructuring & Turnaround mit dem Schwerpunkt Personalumstrukturierung. gunnar.binnewies@ goetzpartners.com

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