Controllermagazin 4/2020

25 RECHNUNGSLEGUNG Controller Magazin | Ausgabe 4 Dabei stellt die Unsicherheit der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie eine große Herausforderung für die Prognose­ berichterstattung dar. Grundsätzlich sind die voraussichtliche Entwicklung der Unter­ nehmung zu beurteilen und zu erläutern und die zugrunde liegenden Annahmen der Entwicklungsprognose anzugeben. Insbe­ sondere ist über bestandsgefährdende Risi­ ken zu berichten (DRS 20.148). Der Detaillierungsgrad der in diesem Zu­ sammenhang zu verwendenden Prognosen ist gesetzlich nicht festgelegt. In der Litera­ tur wird grundsätzlich den quantitativen Prognosen der Vorzug gegeben, da diese im Gegensatz zu rein verbalen Prognosen ge­ nauer, aussagekräftiger und ex post über­ prüfbar sind. DRS 20.129 schreibt hinsicht­ lich der Prognosegenauigkeit eine Aussage über den Trend (steigend/gleichbleibend/ fallend) und die Intensität (etwa stark/erheblich/geringfügig/leicht) vor. Ein Mindestprognosezeitraum von einem Jahr ab dem Abschlussstichtag wird in DRS 20 als ausreichend betrachtet. Final sind die Prognosen zum Geschäftsverlauf und zur Lage des Unternehmens in einer Gesamt­ aussage zu verdichten. Eine Berichtspflicht imRisikobericht besteht grundsätzlich, wenn diemöglichenweiteren Entwicklungen zu negativen Abweichungen von Prognosen oder Zielen des Unterneh­ mens führen können, es sich dabei um ein wesentliches Einzelrisiko handelt und an­ dernfalls kein zutreffendes Bild von der Risi­ kolage des Konzern vermittelt wird (vgl. DRS 20.11 und 20.146 ff.). Die außergewöhnliche Unsicherheit auf­ grund der nicht absehbaren Aufhebung der politischenMaßnahmen zur Abflachung der Infektionszahlen stellt ggf. besondere Um­ stände nach DRS 20.133 dar, die die Progno­ sefähigkeit der Unternehmen wesentlich beeinträchtigt. In diesem Fall sind kompara­ tive Prognosen oder die Darstellung der vor­ aussichtlichen Entwicklung der zur internen Steuerung verwendeten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren in ver­ schiedenen Zukunftsszenarien unter Angabe ihrer jeweiligen Annahmen ausreichend. Zu­ dem sind die besonderen Umstände sowie deren Auswirkungen auf die Prognosefähig­ keit, den Geschäftsverlauf und die Lage des Unternehmens darzustellen. Relevanz des Coronavirus für Chancen- und Risikobericht Im Rahmen der Erläuterung der im Progno­ sebericht beschriebenen voraussichtlichen Entwicklung des Unternehmens soll im Chancen- und Risikobericht explizit auf we­ sentliche Chancen und Risiken der künftigen Entwicklung eingegangen und die zugrunde liegenden Annahmen angegeben werden. Gerade in der unsicheren Situation erscheint die Darstellung der Annahmen als besonders relevant, bietet sich hier doch die Gelegen­ heit, später abweichende Entwicklungen zu begründen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Abschlussadressaten einen tieferen Einblick in Planungsprozesse bekommen und ggf. nicht aktuelle Annahmen negativ aufgenommen werden könnten. Somit ist das Controlling hier gefordert, die Planungen und Annahmen auf aktuell zu erwartendem Niveau zu erstellen. Über die Auswirkungen des Coronavirus ist primär zu berichten in den beiden Katego­ rien von Chancen und Risiken:  ■ rechtliche sowie wirtschaftliche Risiken, die den Fortbestand der Unternehmung gefährden, und  ■ Chancen und Risiken mit wesentlichem po­ tenziellem Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaft, wobei die Entscheidung über dieWesentlichkeit der Chancen undRisiken im Rahmen des pflichtgemäßen Ermes­ sens der Unternehmensleitung liegt. Bezüglich der Bewertung soll im Chancen- und Risikobericht auf die Eintrittswahr­ scheinlichkeiten potenzieller Chancen und Risiken sowie auf ihre möglichen Auswir­ kungen auf die voraussichtliche Entwick­ lung eingegangen werden. Durch die Berichterstattung über die Chancen undRisiken der künftigen Entwicklung soll der Lageberichtsadressat,wiez.B. derAufsichtsrat oder aktuelle und potentielle Anteilseigner, sich selbstständig ein Bild über die Chancen und Risiken, ihre Eintrittswahrscheinlichkeit sowie ihre Auswirkungen auf die wirtschaft­ liche Entwicklung und voraussichtliche Lage der Unternehmung machen können. Daher ist über die (zu erwartenden) Folgen der Co­ rona-Pandemie hier ausführlich, zeitnah vor der Aufstellung mit ggf. nötiger Aktualisie­ rung vor der Feststellung, zu berichten. Diese Informationen sind sicherlich auchbei aktuel­ len Kreditverhandlungen notwendig. Auskunf tsrecht der Gesellschaf terversammlung und Fazit Zudem ist zu bedenken, dass über die An­ hang- und/oder Lageberichtsangabe hinaus ein Fragerecht der Gesellschafter vor dem Entlastungsbeschluss besteht, was für das Geschäftsführungsorgan eine aktuelle Be­ richterstattung und Informationslage zur Gesellschafterversammlung erfordert, die i.d.R. das Controlling mit entsprechenden Informationen zu unterstützen hat. Dass derzeit das öffentliche Leben in Deutsch­ land lahmgelegt ist, ohne dass ein Ende ab­ sehbar wäre, zeigt die Problematik dieser Pandemie, die das Potenzial für einen enor­ men wirtschaftlichen Einbruch der globali­ sierten Weltwirtschaft hat. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese schnell überwunden wird und dann eintretende Nachholeffekte die enormen Einbußen zumindest über die Zeit­ achse wieder ausgleichen können. ⬛ Fußnoten 1  COVInsAG, BGBl. I 2020, S. 569 f. 2  IDW, Fachlicher Hinweis vom 3.4.2020, abrufbar unter https://www.idw.de/blob/122498/31bce74e5b1413b- 91f74c9de1ea64383/down-corona-fachlicher-hin weis- idw-dok1-data.pdf. 3  IDW, Fachlicher Hinweis Teil 3 vom 8.4.2020, abrufbar unter https://www.idw.de/blob/123092/ ace4b4551073cf70f2ffa69c8befaa71/down-corona- fachlicher-hinweis-dok3-data.pdf Quellen IDWMaterialien sind auf der IDWWebsite unter: https://www.idw.de/idw/im-fokus/coronavirus abr ufbar.

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