Controllermagazin 4/2020
24 Controller Magazin | Ausgabe 4 RECHNUNGSLEGUNG „Gegen die Fähigkeit zur Fortführung der Unterneh menstätigkeit könnte bspw. trotz einer realistischen Durchfinanzierung bis zum 31.12.2020 sprechen, wenn das Geschäftsmodell des Unternehmens durch die Fol gen der Corona-Pandemie auch nach Bewältigung der akuten Liquiditätskrise voraussichtlich nicht mehr trag fähig ist und das Unternehmen sein Geschäftsmodell nicht dementsprechend anpasst bzw. anzupassen plant.“ 3 Zu beachten ist aber, dass auch wenn das Management von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgeht und der Abschlussprüfer dies mitträgt, oftmals auf grund der derzeit großen Bandbreite der Prognosen zur weiteren Entwicklung wesentliche Unsicherheiten be stehen bleiben, was eine angemessene Information der Abschlussadressaten über das bestandsgefährdende Ri siko im Jahresabschluss und im Lagebericht erforderlich macht und der Abschlussprüfer in den Bestätigungsver merk dann auch einen entsprechenden Hinweis im ge sonderten Abschnitt aufzunehmen hat. Nachtragsbericht Zu berichten ist grundsätzlich über positive wie negative Vorgänge von besonderer Bedeutung nach Abschluss des Geschäftsjahrs. Dem Vorsichtsprinzip entsprechend kommt beunruhigenden negativen Entwicklungen eine größere Bedeutung bei der Berichterstattung zu. Der Nachtragsbericht behebt die zeitliche Verzögerung zwi schen Abschlussstichtag und Zeitpunkt der Berichter stellung und aktualisiert die Darstellung der Lage der Gesellschaft entsprechend. Für den Nachtragsbericht wird eine Grobstruktur vorge schlagen, die auf 3 Gruppen von Vorgängen mit beson derer Bedeutung eingeht: ■ Demnach ist zunächst über die die Branche betreffen den wirtschaftlichen und politischen Ereignisse zu be richten, was Auswirkungen des Coronavirus auf das Unternehmen einschließen könnte. ■ Auch kann eine Berücksichtigung von Informationen zum Coronavirus bei Abweichungen von der durch den Jahresabschluss vorgezeichneten Linie darzustel len sein, wie etwa schwerwiegende Verluste, stark rückläufige Marktpreise, Marktumschwünge, unvor hersehbare Kostensteigerungen oder Umsatzrück gänge, die auf die Ausbreitung der Krankheit (bzw. die Reaktion von nicht erkrankten Personen und der Poli tik darauf) zurückzuführen sind. ■ Schließlich ist auf Vorgänge, die die Lage der Gesell schaft verändern, einzugehen, wie im Zusammenhang mit dem Coronavirus, etwa Kurzarbeit und Entlassun gen oder der Ausgang wichtiger Rechtsstreitigkeiten. Rechnungslegung imGeschäf tsjahr 2020 Je weiter der Stichtag des Geschäftsjahrs von Unterneh men in das Kalenderjahr 2020wandert, desto eher dürfte von einem wertbegründenden Ereignis auszugehen sein, was spätestens für Abschlüsse mit Stichtag 29.2.2020 so zu sehen sein dürfte. In diesem Fall reicht die Berichter stattung im Nachtragsbericht nicht aus, da dann spätes tens für die Stichtage der Abrechnungsperioden (auch Zwischenmitteilungen und Halbjahresfinanzberichte kommen in Betracht) neben der Erfassung der operati ven, ggf. durch die Coronakrise beeinflussten Geschäfts vorfälle die Vermögensgegenstände auf außerplanmäßi ge Abschreibungen hin zu überprüfen sind. Hier gilt, dass im Anlagevermögen (z. B. Maschinen) von einer Dauer haftigkeit einer Wertminderung ausgegangen werden muss, für Vermögensgegenstände des Umlaufvermö gens (z. B. Vorräte oder Forderungen) ist dagegen jede Wertminderung erfolgswirksam zu erfassen. Zudem ist auch zu überprüfen, ob Rückstellungen zu bilden sind, etwa für drohende Verluste, da bestimmte Verträge durch die Kontaktsperre und Reisebeschränkungen nicht mehr kostendeckend erfüllbar sein könnten. Auch hier dürfte jeweils das Controlling gefordert sein, die Bewer tung und Einschätzung mit Plandaten zu unterlegen. Als weitere Anhangangabepflicht ist dann die Angabe von Betrag und der Art der einzelnen Erträge und Auf wendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung, soweit die Beträge nicht von untergeordneter Bedeutung sind, notwendig (§ 285 Nr. 31 HGB). Hier sollte eine frühzeitige Abstim mung mit den internen Rechnungen, D. h. etwa der KLR, erfolgen. Berichterstattung über die Auswirkungen des Coronavirus im Lagebericht Auch bei der von mittelgroßen und großen Kapitalge sellschaften und denen gleichgestellten Personenhan delsgesellschaften nach § 264a HGB zu erstellenden La geberichterstattung ist eine Zweiteilung vorzunehmen. Wenn bereits konkrete Ereignisse durch die politischen Maßnahmen zur Abflachung der Infektionszahlen die Geschäftstätigkeit des Unternehmens im Berichtszeit raum beeinflusst haben, ist dies imRahmen der Darstel lung des Geschäftsverlaufs und der Lage der Kapitalge sellschaft darzustellen. Darüber hinaus sind stets – auch wenn das Unternehmen im Berichtszeitraum 2019 noch nicht direkt betroffen war – neben der im Anhang not wendigen Angaben auch Angaben zu den bestehenden Risiken (oder ggf. auch Chancen) imZusammenhang mit den Auswirkungen des Coronavirus auf das Unterneh men im Lagebericht zu geben. UNIV.-PROF. DR. STEFANMÜLLER ist Inhaber der Professur für Allgemeine Betriebs- wirtschaftslehre, insb. Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfungswesen, an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg sowie Mitglied des Fach- kreises Rechnungslegung und Controlling sowie des Fachbeirats des WiKi-Con- trollings im Internationalen Controller Verein e.V (ICV). smueller@hsu-hh.de
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