Controllermagazin 4/2020
18 Controller Magazin | Ausgabe 4 RECHNUNGSLEGUNG Steuerliche Posten imHandelsrecht Durch den Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit er geben sich aufgrund von Ansatz- und Bewertungsvor schriften unterschiedliche Bewertungen von Sachverhal ten im Handels- und Steuerrecht. Um die sich ergeben den Steuereffekte aus diesen Bewertungen in Einklang zu bringen, werden latente Steuern als Abgrenzungspos ten verwendet. Latente Steuern dienen aber nicht nur der Aufnahme von Steuereffekten aus Bewertungsunter schieden, sie funktionieren auch als Träger von steuerli chen Sachverhalten, die demHandelsrecht wesensfremd sind. Letztendlich bilden latente Steuern, die in einer Handelsbilanz erfasst werden, Vermögensvorteile oder Verpflichtungen gegenüber dem Finanzamt ab, die aber erst in der Zukunft realisiert bzw. fällig werden. Latente Steuern erfüllen sowohl die abstrakte als auch konkrete Bilanzierungsfähigkeit und sind imRahmen des Vollstän digkeitsgebotes entweder als Vermögensgegenstand oder als Verbindlichkeit zu berücksichtigen (Ansatz dem Grunde nach). Der Gesetzgeber hat diesen Sachverhalt mit dem BilMoG Rechnung getragen und die Bilanz ent sprechend erweitert, wobei latente Steuern am Ende der Aktiva und Passiva auszuweisen sind. Steuerliche Sachverhalte, die imHandelsrecht über laten te Steuern abgebildet werden, haben überwiegend ihre Ursachen in Steuerverrechnungen über mehrere Wirt schaftsjahre. Hierzu gehören solche Sachverhalte wie z. B. Verlustvorträge, Zinsvorträge, Mindestbesteuerun gen oder auch Steuergutschriften. Allen Sachverhalten gemein ist eine ertragssteuerliche Auswirkung in künfti genWirtschaftsjahren, entweder als Steuerzahlung oder als Steuererstattung. Eine Bilanzierung dieser steuerli chen Sachverhalte in der Form von aktiven latenten Steu ern ist allerdings an Vorgaben gebunden. In der Regel ist der Ansatz der Höhe nach auf den Betrag beschränkt, wie Steuerverrechnungen in den nächsten fünf Wirtschafts jahren genutzt werden können. Darüber hinausgehende Verrechnungsmöglichkeiten unterliegen einem handels rechtlichem Ansatzverbot. Mit dem Ausblick auf die nächsten fünf Wirtschaftsjahre ist aber auch ein zukünf tiger Zeitbezug gegeben, für den das Rechnungswesen aufgrund seiner vergangenheitsbezogenen Dokumenta tionsfunktion keine entsprechende Datenbasis bereit stellen kann. Hier ist das Controlling gefragt, da dies ge genwarts- bzw. zukunftsorientiert aufgestellt ist und da her eine entsprechende Datenbasis bereitstellen kann. Üblicherweise erfolgt dies in Formvon Planungsrechnun gen. Dabei haben Planungsrechnungen zwei Aufgaben: als Nachweisführung von Gewinnen und als Berech nungsgrundlage für aktive latente Steuern. Steuerliche Anforderungen an Planungsrechnungen Die Nachweisführung dient der Rechtfertigung des An satzes und der Werthaltigkeit von latenten Steuern. So weit eine künftige Verlustverrechnung möglich ist, kann dies nur erfolgen, wenn das Unternehmen in der Vergan genheit Verluste eingefahren hat. Planungsrechnungen verplausibilisieren in diesem Zusammenhang die Über leitung aus der Verlustsituation in eine Gewinnsituation des Unternehmens, wobei dies nachhaltig erfolgen soll. Sofern Verluste aufgrund außergewöhnlicher oder ein maliger Ereignisse, dedizierte Ursachen oder sonstiger ungewöhnlicher Effekte entstanden sind, sollte eine Nachweisführung problemlos machbar sein. Je nach Ur sache ist ggf. eine Abschätzung der Wahrscheinlichkeit des Wiedereintretens vorzunehmen. Schwieriger wird die Nachweisführung, wenn Verluste aufgrund der Ge schäftsentwicklung eingetreten sind. Ursache können hier Struktur-, Prozess- oder Organisationsversäumnisse sein. Die Planungsrechnung muss den Nachweis liefern, wie durch entsprechende Maßnahmen wieder ein Ge winn realisiert werden kann. Unabhängig von den tatsächlichen Gründen der Verlust situationen finden die Planungsrechnungen bei der Akti vierung von latenten Steuern Einzug in das Handels recht, da sie als Berechnungsgrundlage für die latenten Steuern dienen. Somit unterliegt der Controller in seinen Tätigkeiten indirekt auch den Regeln des Handelsrechts. Dies bedeutet, dass der Controller ▶ eine realistische Planungsrechnung erstellen muss, die die geplante Unternehmensentwicklung wider spiegelt und frei von unrealistischen Szenarien ist (z. B. Vermeidung von Hockeystick-Effekten), ▶ das Vorsichtsprinzips des HGB zu berücksichtigen hat und eine allzu optimistische Planung vermeiden muss und ▶ eine entsprechende Dokumentation der Planungs rechnung mit den zugrundeliegenden Mengen- und Kosten- bzw. Preisgerüsten sowie den zugrundeliegen den Prämissen und Annahmen anlegen muss, damit diese durch den Abschlussprüfer prüfungsfähig ist. Diese Anforderungen bedeuten, dass der Controller ggf. seine Arbeitsweise anpassen bzw. ändern muss, um den Anforderungen des Handelsrechts gerecht zu werden. Die zweite Aufgabe von Planungsrechnungen, die Funk tion der Berechnungsgrundlage für die Aktivierung la tenter Steuern, erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Controlling und Steuerabteilung. Dabei setzt die Arbeit der Steuerabteilung auf den Tätigkeiten des Controllings auf. Grundlage ist üblicherweise die Unternehmensplanung des Controllings. Als Unternehmensplanung wird in die semZusammenhang die Planung für die steuerpflichtige Legaleinheit verstanden. Setzen die Unternehmenspla nungen des Controllings auf einer anderen Ebene auf, z. B. Geschäftsbereiche, Sparten oder ähnliches, sind die (Teil-)Planungen auf diesen Ebenen zusammenzuführen, um eine Gesamtplanung zu erhalten. Dabei sind auch die ANDREAS KRIMPMANN Certified Public Accountant, ist Inhaber der Krimpmann MBA · CPA Unternehmens- beratung sowie Leiter des Fachkreises Rechnungs- legung und Controlling im Internationalen Controller Verein e.V. Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit sind Konzernrechnungslegung sowie internationale Rech- nungslegung nach IFRS und US-GAAP. andreas@krimpmann.com
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