CONTROLLER Magazin 1/2020

84 Die meisten Betriebsrestaurants bieten heute eine große Auswahl an Speisen an. Dabei gilt es seitens der Küche immer einen gewissen Spagat auszuhalten. Einerseits sollen die Mit- arbeiter von gesundem Essen überzeugt wer- den, andererseits würde die ausschließliche Konzentration auf Grünkernsuppe, Gemüse- bratling und besagte Tofuschnitte zu offener Aufruhr der Belegschaft führen, wollen doch nicht alle Mitarbeiter auf Schnitzel und Haxe und die erwähnte Currywurst verzichten. Dem rational entscheidenden Controller sollte die Wahl dagegen leichtfallen, sprechen doch alle Argumente eine eindeutige Sprache: Nimm die Tofuschnitte! Nun sind der Autorin keine empi- rischen Studien bzgl. der Entscheidungen von Controllern bei der Essensauswahl bekannt, nach der eigenen Anschauung unterscheiden sich allerdings Controller hierbei nicht von den Kollegen anderer Fachbereiche – und die Län- ge der Schlange vor den einzelnen Essensaus- gaben spricht eine eindeutige Sprache ... Warum die meisten Controller die Currywurst wählen und warum dies aus Sicht des Control- lings nicht die schlechteste Entscheidung sein muss, wird im weiteren Beitrag erläutert. Grundfalsche Entscheidungen Menschen treffen Entscheidungen unterschied- licher Bedeutung. Die meisten Kleinigkeiten werden nebenbei, quasi automatisch entschie- den, so dass am Ende eines Tages kein Mensch mehr weiß, wie viele Entscheidungen getroffen wurden. Bei unwesentlichen Dingen würde ein intensives Nachdenken und Abwägen nicht nur unwirtschaftlich sein, der Betroffene käme bei einem solchen Verhalten kaum mehr dazu, et- was anderes zu machen, vor allem nicht dazu, die wichtigen Entscheidungen abzuwägen, auszuwählen und durchzusetzen. Nur wer das eine vom anderen trennt und den wichtigen Entscheidungen die notwendige Bedeutung beimisst, wird erfolgreich sein. Obwohl Controller diesen Unterschied kennen und beachten, kommt es in der Praxis immer wieder zu Fehlentscheidungen. Sicherlich kann eine Abwägung von 55% zu 45% in die falsche Richtung führen, sicherlich können unerwartete, nicht absehbare Einflüsse zu Fehlern führen; und dass es im Nachhinein genug „Experten“ gibt, die es schon vorher besser wussten, gehört zum Berufsalltag, zum Berufsrisiko. Dennoch gesche- hen auch völlige Fehleinschätzungen, grobe, handwerkliche Fehler, welche meist darin beste- hen, nicht auf die dringend erforderliche Not- bremse zu treten, sich oder andere davon abzu- halten etwas zu tun, ein eindeutiges, unmissver- ständliches „Nein“ auszurufen, entweder gegen- über Dritten und/oder gegenüber sich selbst. In der Praxis ist es immer wieder erstaunlich, welche Regeln Menschen brechen, geschriebe- ne oder ungeschriebene, vor allem dann, wenn ein vermeintlich kleiner Vorteil mit dem Risiko eines großen Nachteils erkauft wird. Prominente Beispiele, die an die Öffentlichkeit gelangen, gibt es reichlich, hier nur einige wenige Exempel: · Der Gouverneur des US-Bundesstaates New York, Eliot Spitzer, kam „zufällig“ auf eine Internetseite mit Angeboten Prostituierter. Er rief die angegebene Telefonnummer an und bestellte einen „Service“. · Der DFB-Präsident Reinhard Grindel ließ sich von einem ukrainischen Oligarchen eine Luxusuhr schenken. · Die deutsche Bischöfin Margot Käßmann fuhr betrunken ihren Dienstwagen und geriet in eine Polizeikontrolle. · Neuester Vertreter dieser illustren Reihe ist der österreichische FPÖ-Vorsitzende Heinz- Christian Strache, der sich im Gespräch mit einer vermeidlichen russischen Oligarchen- tochter um Kopf und Kragen redete. Die Betroffenen beteuerten nach dem Bekannt- werden der Vorgänge ihre Reue. In jedem Fall macht sich aber ungläubiges Erstaunen breit. Der mögliche Erfolg stand in keinem Verhältnis zum eingegangenen Risiko. Zum klaren, un- zweideutigen „Nein“ durfte es eigentlich keine Alternative geben, ein Dilemma lag zweifelsoh- ne nicht vor. Damit stellt sich die eingangs for- mulierte Frage: Wie konnte es hierzu kommen? Dies vor dem Hintergrund, dass es sich bei allen Betroffenen um „Profis“ handelte, welche seit Jahren in der, „kritischen“ Öffentlichkeit stehen. Currywurst oder Tofuschnitte? Desaströse Entscheidungen des Controllers von Susanne Schneider © Karepa – www.stock.adobe.com Currywurst oder Tofuschnitte?

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==