CONTROLLER Magazin 1/2020

67 dig. Im Risikomanagement ist das bereits Stan- dard. Aber es sollte gängige Praxis in der Un- ternehmensplanung werden. Im Rahmen einer Gesamtvorschau gibt sich ein Problem bei der Aggregation unsicherer Vor- schauergebnisse. Konfidenzkorridore geben an, mit welcher Wahrscheinlichkeit bestimmte Bandbreiten nicht überschritten werden. Sol- che Korridore sind Vereinfachungen von Dichte- funktionen und lassen sich nur sehr restriktiv aggregieren. Kernelement einer qualifizierten Prognose sind mögliche Einflussgrößen bei der Ableitung von Absatz oder anderen Prognosegrößen. Eine Absatzvorschau aufgrund der Vergangenheits- verläufe ist zwar auch ohne solche Treiber möglich. Interessant wird es aber erst, wenn In- dikatoren gefunden werden, die den Absatz er- klären. An der Beziehung zwischen Absatz und Rabatten lässt sich das verdeutlichen: Rabatte werden üblicherweise gewährt, um einen Ver- kaufsanreiz zu geben. Ergo sollte eine Vorschau auch einen solchen Zusammenhang berück- sichtigen. Wenn diese Indikatoren auch noch beeinflusst werden können, wie zum Beispiel bei Marketing- oder Rabatt-Programmen, kann man damit planen oder simulieren. Maßnah- men lassen sich besser bewerten, wenn die Abhängigkeiten bekannt sind. Die geschilderte Vielfältigkeit in der Vorschaurechnung muss bewältigt werden. Isolierte Vorschaurechnun- gen aufzusetzen, erscheint zwar aus dem Blickwinkel der Aufwandreduktion sinnvoll, das volle Potenzial wird aber nicht genutzt. Neben der Automatisierung ist also auch über eine mögliche Wiederverwendbarkeit der Vorschau- ergebnisse zugunsten der unterschiedlichen Zwecke nachzudenken. Einsatz von Machine Learning im Rahmen von Predicitve Forecasting 4 Lässt sich die Situation durch den Einsatz mo- derner Algorithmen verbessern? Der Einsatz von statistischen Methoden, vor allen Dingen in der kurzfristigen Planung (Sales & Operations Planning), ist schon lange State of the Art. Nur klappt das nicht bei allen Unternehmen. Vor- aussetzung ist in der Regel ein stetiger Verlauf resendvorschaurechnung, muss aber die Er- wartungen für das Folgejahr darstellen. Die Resultate werden als Grundlage für die Ziel- vorgabe verwendet. Wie realistisch eine Ziel- vorgabe ist, kann über die möglichen Band- breiten einer Vorschaurechnung einge- schätzt werden. Danach sollte sich der „Stretched“-Level bei der Vorgabe bemes- sen. Grundlegend für das Target Setting ist eine realistische Vorhersage für den jeweili- gen Verantwortungsbereich. Mögliche De- tails über Produkte oder Regionen interessie- ren auch hier weniger, falls Vorgaben nicht weiter heruntergebrochen werden. · Einen anderen Fokus haben die operativen Vorschaurechnungen, die in der Regel rollie- rend durchgeführt werden. Eine kurzfristige Vorschau auf der Basis einer Sales Pipeline dient der Vertriebssteuerung. In teilweise wöchentlichen Runden wird die aktuelle Pipeline auf mögliche Kaufentscheidungen analysiert. Hier ist in der Regel eine hohe Granularität zu erkennen. · Der detaillierte operative Forecast dient auch als Grundlage der Produktions- oder Logistiksteuerung. Welche Aufträge mit wel- cher Wahrscheinlichkeit abzuschließen sind, ist für die Produktions- und Lagerplanung von Bedeutung. Hier sind sehr detaillierte Vorschauergebnisse über Produkte (Produk- tion und Logistik) und Kunden (Logistik) not- wendig. Vorschau und Unsicherheit Die Ergebnisse einer solchen Vorschaurech- nung sind mit Unsicherheiten behaftet. Daher ist ein weiterer wichtiger Aspekt in der Vor- schaurechnung die Betrachtung und idealer- weise Quantifizierung der Unsicherheit. Man ist es gewohnt, von einem eindeutigen Forecast auszugehen. Dies ist aber wenig realistisch. Es wird häufig argumentiert, das Management wünsche einen eindeutigen Wert. Was fängt man schließlich mit einem voraussichtlichen EBIT zwischen 50 und 150 Millionen Euro an? Der Wunsch nach eindeutigen Werten ist bei ei- ner Planvorgabe nachvollziehbar, aber nicht bei einer Vorschau: Das Management sollte an möglichen Bandbreiten interessiert sein, um Entscheidungen richtig beurteilen zu können. Vielleicht ist hier eine Sensibilisierung notwen- Vorgabe sollte realistisch, aber anspornend sein. Durch eine Automatisierung entsteht noch kein Commitment. Der Forecast dient also eher dem Realitätsscheck von Planungen. Dies un- terstreicht die Bedeutung von Forecasting als Entscheidungsgrundlage. Gestaltungsparameter Der Detaillierungsgrad der Prognose ist für die Vorschauqualität wichtig. Man findet häufig die Situation vor, dass ein unternehmensweiter Forecast einigermaßen treffsicher ist, aber im Detail scheitert. 3 Damit ist zwar ein Zweck, bei den Stakeholdern Vertrauen hinsichtlich der Er- gebniserreichung zu schaffen, erfüllt. Die Pro- duktionsplanung hingegen kann davon nicht unbedingt profitieren, denn der ausgleichende Effekt großer Zahlen ist bei einer höheren De- taillierung häufig nicht mehr gegeben. Auf welcher Ebene soll der Forecast durchge- führt werden? Wählt man eine hohe Verdich- tung, beispielsweise Region über alle Produkte, erhält man in der Regel eine ausgeglichene Entwicklung, dadurch können Trends verdeut- licht werden. Die Notwendigkeit einer Detailpla- nung führt zu größeren Schwankungen durch zufällige Ereignisse. Es kann keine generelle Regel vorgegeben werden. Aber eine höhere Datentiefe ist natürlich für die Detailplanung unerlässlich. Es gibt nicht nur einen Forecast, aufgrund der unterschiedlichen Zwecke haben sich mehrere Einsatzfelder etabliert, die häufig parallel ange- wendet werden: · Eine zentrale Rechnung für das Controlling ist die Jahresendvorschau. Wo steht das Un- ternehmen Ende des Jahres hinsichtlich der geplanten Ergebnisse? Wie gut werden die Ziele durch umgesetzte Maßnahmen er- reicht? Was kann kurzfristig gemacht wer- den, um das ursprüngliche Ergebnisziel zu erreichen? Diese Rechnung wird in der Regel quartärlich oder auch monatlich aktualisiert. Es geht hier weniger um Details als um einen aggregierten Abgleich mit der ursprüngli- chen Zielsetzung der operativen Planung. · Startschuss einer Budgetierung und der operativen Jahresplanung ist häufig die Vor- schaurechnung. Diese basiert auf der Jah- CM Januar / Februar 2020

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