CONTROLLER Magazin 1/2020

60 Standortfragen Die Standorte der Reporting Factories der be- fragten Unternehmen liegen in den USA, Indien, Polen sowie Deutschland und fokussieren sich ausschließlich auf das interne Reporting . Da- bei gibt ein Unternehmen an, dass für den Standort Indien hauptsächlich Kostengründe entscheidend waren und bereits zuvor eine klei- ne Finanzabteilung dort angesiedelt war. Das gleiche Unternehmen hat eine kleinere Re- porting Factory in den USA, in der jedoch – im Vergleich zu Indien – noch ein gewisser Pla- nungs- und Analyseteil enthalten ist. Diese Fac- tory betreut ausschließlich die Gesellschaften der USA, da diese einen hohen Teil an For- schung und Entwicklung besitzen und sich dar- aus viele Spezialfälle ergeben, was eine Verla- gerung in die indische Reporting Factory schwierig macht. Das Unternehmen, welches Polen als Standort gewählt hat, hatte bereits zu- vor ein SSC dort, das sich um kaufmännische Belange kümmert. Dabei lag das Hauptkriterium im Herstellen eines gewissen Gleichgewichts zwischen günstiger Arbeitskraft und fachli- cher Expertise . Zuvor hatte sich dieses Unter- nehmen ebenfalls mit einer Lösung in Indien auseinandergesetzt, dies wurde jedoch bedingt durch die Zeitunterschiede zwischen Deutsch- land und Indien nicht näher in Betracht gezogen. Das dritte Unternehmen hat sich aufgrund des Sitzes der Konzernmutter und demnach der Nähe zum Business Partner für Deutschland als Standort entschieden. Dabei hat das Unter- nehmen, aufgrund der Balance zwischen Ge- haltsstruktur und Qualifikation, bereits ein SSC im Accounting in Polen aufgebaut. Hier zeigt sich, dass die Wahl der Standorte un- terschiedlich ausfallen kann und von der Ziel- setzung der Factory abhängt. Zwar geben alle Unternehmen an, dass sie ihre Factory als CoE betrachten, jedoch sind innerhalb der Tätig- keitsgebiete Unterschiede zu erkennen. In der indischen Reporting Factory sind 70-80 Mitar- beiter tätig, deren Teams nach Geschäftsberei- chen gegliedert sind. Dies liegt in den unter- schiedlichen Anforderungen der jeweiligen Business Units begründet. Eine Gliederung nach Geschäftsbereichen ermöglicht eine Orientie- rung an den Kundenwünschen. Insgesamt wur- den transaktionalen Tätigkeiten des Reportings in die Reporting Factory nach Indien ausgela- Des Weiteren müssen die Prozesse eine Qua- litätssicherung mittels Kennzahlen durch- laufen. Als Voraussetzung für den Aufbau ei- ner Reporting Factory sehen der Großteil der Befragten einen bereits vorhandenen Stan- dardisierungsgrad an, um danach die Über- legungen einer Zentralisierung mittels Re- porting Factory voranzutreiben. Mit heteroge- nen Prozessen, Strukturen und Systemen in den einzelnen Bereichen wird der Aufbau ei- ner Reporting Factory als schwierig und nicht zielführend betrachtet. Die Aufbaukosten ei- ner Reporting Factory sind vom gegenwärtigen Stand des Unternehmens und der Zielvorstel- lung abhängig. Neben dem Standort spielen folgende Aspekte eine tragende Rolle: · Die Konzerngröße, · ein bereits vorhandenes SSC, in welchem die Reporting Factory angesiedelt werden kann, · das Stemmen des Aufbaus mit eigenen Res- sourcen oder unter Zuhilfenahme externer Unterstützung und · der Umfang der Services der Factory. Zunächst sollte ein Business Case aufgestellt werden, um eine fundierte Empfehlung für bzw. gegen den Aufbau einer Reporting Factory aus- sprechen zu können. Auch die Dauer der Im- plementierung ist von oben genannten As- pekten abhängig, wobei die Schätzungen der Experten hier differieren. Der Großteil sieht eine maximale Implementierungsdauer von ein bis zwei Jahren als realistisch an. Bei der Amorti- sationszeit reichen die Annahmen von drei bis hin zu fünf Jahren. Die Akzeptanz der Mitarbeiter sehen einige Experten bei Unternehmen positiv, die bereits ein SSC besitzen und hiermit gewinnbringen- de Erfahrungen gesammelt haben. Zur Qua- litätssicherung sollten Kennzahlen ange- wandt werden, welche die Effizienz und Ef- fektivität der Factory messen. Darunter fallen Kennzahlen, die messen, in welchem zeitli- chen Rahmen ein Bericht zur Verfügung steht bzw. wie viel Zeit es benötigt, diesen aufzuru- fen, wie hoch die Fehlerquote bei der Be- richtserstellung ist, inwiefern die Berichte vollständig und aktuell sind, etc. Durch Ver- einbarungen von Service Level Agreements erhalten diese Kennzahlen eine Verbindlich- keit, wodurch die Reporting Factory schließ- lich gesteuert wird. durch die Digitalisierung einerseits eine sinn- volle Standardisierung erst ermöglicht wird und anderseits mehr Daten zu generieren sind, wird die Reporting Factory in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Die Mehrheit der Be- fragten erkennt in der Reporting Factory eine Instanz, welche die Weiterentwicklung und Implementierung neuartiger IT-Lösungen vor- anbringen kann. Hierbei wurden im Speziellen das Self-Service Reporting genannt. Mit der steigenden Digitalisierung sieht einer der Ex- perten eine zunehmende Einfachheit in der Bedienung neuer Systeme. Dies führt dazu, dass sich die Reporting Factory schließlich zu einem reinen Technologielieferanten wandeln könnte, der ein Rahmenkorsett und ein Stan- dardwerk an Reports für die Konsumenten zur Verfügung stellt. D urch die Digitalisierung wird die Reporting Factory in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Insgesamt sehen alle Unternehmen zukünftig einen starken Einfluss der Digitalisierung auf das Reporting. Dabei wurde insbesondere – neben der Generierung von neuen Daten – die Möglichkeit genannt, Reports mit tagesaktuel- len Daten auf mobilen Endgeräten zu betrach- ten. Des Weiteren wurde die Weiterentwicklung intelligenterer IT-Systeme genannt, welche bspw. selbstständig eine kritische Abweichung erkennen und Vorschläge zu Handlungsmaß- nahmen machen. Aufbau der Reporting Factory Für den Aufbau der Reporting Factory muss der gegenwärtige Zustand des Reportings analy- siert und bewertet werden. Hieraus wird im An- schluss daran die entsprechende Centerform abgeleitet. Daraufhin ist der Tätigkeitsschwer- punkt der Factory festzulegen. Dies dient als Basis des ggf. notwendigen Optimierungsbe- darfs. 7 Das TOM bildet das Kernstück der Re- porting Factory und besteht aus 5 Dimensionen: 1. Produkte & Services, 2. Kunden & Stakeholder, 3. Systeme, 4. Organisation & Governancestrukturen 5. Abgrenzung zu anderen Einheiten. 8 Reporting Factory

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==