CONTROLLER Magazin 1/2020

46 Grundsätzlich ist jede dieser Prozessstufen für die Anwendung von KI bzw. KI-Elementen ge- eignet, wenngleich sich ausgehend von den heute verfügbaren und zukünftig zu erwarten- den Tools unterschiedliche Anwendungs- schwerpunkte ergeben. Das Sammeln, Aufbereiten und Strukturie- ren von Daten ist ein typisches Feld für den Einsatz von Big Data Tools. Sie erweitern die analytische Basis des Controllings vor allem beim Erkennen von Anomalien, Clustern oder Korrelationen und insbesondere Kausalitäten. Diese analyseorientierten Anwendungsberei- che greifen vor allem dort, wo das Auswerten durch Personen auf Basis von Tabellenkalkula- tionen an kapazitive und zeitliche Grenzen stößt und der im Unternehmen vorhandene „Daten- schatz“ deswegen nicht nutzbringend verwen- det wird. Hier kommen vor allem Algorithmen und klassische Software zum Einsatz. Die nächste Stufe des Einsatzes von KI bein- haltet deutlich höhere Herausforderungen an das System. Es gilt, vorhandene Daten zu ana- lysieren und zu interpretieren, d. h. Rückschlüs- se aus den vorhandenen Daten zu ziehen. Die damit verbundene „Intelligenz“ geht deutlich über einfache Algorithmen hinaus, da die Vor- hersehbarkeit und Planbarkeit möglicher Ursa- chen z. B. einer erkannten Plan-Ist Abweichung und einer daraus resultierenden Prognose deutlich komplexer ist und die Einbeziehung ei- ner Vielzahl von zusätzlichen Parametern in- nerhalb und auch außerhalb des Unterneh- mens erfordert. Inhalt KI-gestützter Systeme ist es in diesem Fall, die Interpretationsleistung des Controllings vom System erbringen zu las- sen. Dies setzt voraus, dass das System lern- fähig im Hinblick auf die möglichen Interpreta- tionen und Schlussfolgerungen der Informa- tions- und Datensituation ist. Eine weitere wesentliche Aufgabe des Control- lings besteht darin, Erkenntnisse adressa- tengerecht zu kommunizieren . In der analo- gen Welt erfolgt dies dadurch, dass die Mitar- beiter im Controlling Präsentationen erstellen und diese ggf. vor dem Adressatenkreis vortra- gen. Dabei obliegt es dem Controlling, auf die Besonderheiten und Highlights hinzuweisen, diese zu erläutern und den Adressaten so den „Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen außer durch noch mehr Erfahrung“, lautet ein Apho- rismus. Wobei Erfahrung das Ergebnis von wiederholter Praxis und damit von repetitiven Aktivitäten einer Person ist. Damit geht ein- her, dass die Erfahrung und das Wissen an eine einzelne Person gebunden sind und mit der Akkumulation von Erfahrung eine zuneh- mende Personenabhängigkeit entsteht. Diese erstreckt sich auf Prozesse ebenso, wie auf die Nutzung und Weiterverwendung bereits früher gewonnener Erkenntnisse. Fluktuation bei Mitarbeitern führt also in mehr oder min- der großem Umfang zu einem Verlust an Er- fahrung bzw. vorhandener Kenntnisse für das Unternehmen. Der Einsatz von KI ermöglicht es, diese Erfahrungen in ein personenunab- hängiges System zu übertragen. Regelmäßi- ge Datensicherung vorausgesetzt, gehen die- se Erfahrungen und das Gelernte nicht verlo- ren. Dies betrifft sowohl die Controllingorga- nisation selbst als auch das Management des Unternehmens, das sich auf die Controlling- funktion stützt. Welche konkreten Anwendungsfelder ergeben sich und wo kann und wird KI im Controlling ansetzen? Einen möglichen Ansatzpunkt zur Identifikation konkreter Anwendungsfelder bildet der typi- sche Controlling-Prozess mit seinen verschie- denen Wertschöpfungsstufen, wobei sich die Aufgabenstellungen innerhalb des Prozesses sowohl auf Plan-, Prognose- und Ist-Daten be- ziehen können. Gleichzeitig ist hierbei zusätz- lich noch zwischen regelmäßig wiederkehren- den, inhaltlich gleichen und ähnlichen Routi- neaufgaben und einmaligen Ad-hoc-Aufgaben- stellungen zu unterscheiden. Dennoch bildet sich der typische Prozess meist in den drei nachfolgenden Stufen ab: 1. Daten und Informationen sammeln, aufbereiten und strukturieren 2. Daten und Informationen analysieren und interpretieren 3. Adressaten über Erkenntnisse informieren und Maßnahmen und Handlungsoptionen benennen Grundlage für die Einführung von KI. Anders sieht dies aus, wenn das Unternehmen über durchgängige Prozesse z. B. im Rahmen eines ERP-Systems verfügt oder strukturierte und vollständige Datengrundlagen hat. In diesem Fall sind die Voraussetzungen für KI im Control- ling besser bzw. auch gegeben. Welche Ziele sind mit KI verbunden und wem nutzt KI im Controlling? Entscheidet sich ein Unternehmen, KI-basier- te Systeme im Controlling einzuführen, so stellt sich als erstes die Frage, welche Ziele damit konkret verfolgt werden sollen. KI im Controlling ist – ebenso wie das Controlling selbst – kein Selbstzweck, sondern soll den Stakeholdern des Controllings konkreten Nut- zen bringen. Dafür ist es sinnvoll, zuerst die Ziele zu betrachten bzw. zu definieren, die mit KI im Controlling verbunden sind. Ein Zielka- talog – beispielsweise im Vorfeld einer Ein- führung – kann dabei folgende Eckpunkte enthalten: · Mehr Effizienz durch Entlastung von repeti­ tiven und routinemäßigen Tätigkeiten · Reduzierung der Fehlerwahrscheinlichkeit · Bessere Analytik durch ein größeres Port­ folio an Tools und Methoden · Höhere Entscheidungsqualität · Schnellere Informationsbereitstellung · Reduzierung von personenbezogenen Abhängigkeiten Während Effizienz und geringere Fehlerwahr- scheinlichkeit vor allem die Arbeitsprozesse im Controlling selbst positiv beeinflussen, bietet eine verbesserte Analytik durch KI auch den Adressaten der Controlling-Information einen konkreten Nutzen. Breite und Tiefe der Er- kenntnisse können durch Nutzung der KI-ba- sierten Tools gesteigert werden. Dies wirkt sich unmittelbar auf die Entscheidungsqualität des Managements aus, das dadurch über eine noch fundiertere Entscheidungsbasis verfügt. Gleich- zeitig beschleunigt KI auch die Prozesse der In- formationsaufbereitung, da das System schnel- ler arbeitet als ein mit Tabellenkalkulationen und manuellen Abstimmungen agierender Mit- arbeiter. Künstliche Intelligenz im Controlling

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