CONTROLLER Magazin 1/2020
42 Markt „outzuperformen“, das heißt, sich überdurchschnittlich gut zu entwickeln. Dies heißt natürlich nicht, dass Sie sich nur auf einen ein- zelnen Kunden konzentrieren sollten. Aber eine Konzentration auf ein Fokusprodukt und einen regionalen Markt müssen nicht zwingend schlecht sein. Verwechseln von Ursache und Wirkung Das Verwechseln von Ursache und Wirkung ist ein bekannter induktiver Fehlschluss, der leider viel zu häufig zu beobachten ist. Das folgende Bei- spiel aus dem 19. Jahrhundert zeigt sehr anschaulich, wie lange dieser Fehlschluss schon existiert (vgl. Salmon 1986, S.212): „Ein englischer Reformer des 19. Jahrhunderts bemerkte, dass die Land- wirte, die in allem maßvoll und fleißig waren, mindestens ein oder zwei Kühe besaßen. Die, die keine besaßen, waren für gewöhnlich faul und trunksüchtig. Er machte deshalb den Vorschlag, all denjenigen Landwir- ten, die noch keine Kuh besaßen, eine zu geben, um sie in alledem maß- voll und fleißig zu machen.“ Im obigen Beispiel ist der Fehlschluss sehr offensichtlich. Denn die Land- wirte sind nicht fleißig, nur weil sie die Kühe haben, sondern haben um- gekehrt die Kühe, weil sie fleißig sind. Die Auswirkungen können unterschiedlich sein. Im harmlosesten Fall ar- beiten Sie „nur“ fortwährend an den Ursachen und betreiben ein res- sourcenintensives Troubleshooting. Im schlimmsten Fall befinden Sie sich in einer trügerischen Sicherheit und denken, Sie hätten alles im Griff, bis dann urplötzlich der Krisenfall auftritt. Sie befinden sich dann quasi einige Zeit im Auge des Tornados, ohne es zu bemerken! Achten Sie deshalb genau darauf, ein enges „Backtesting“ Ihrer Mo- delle und Methoden durchzuführen. Je mehr Messwerte, Beobachtun- gen und Erfahrungswerte einfließen, desto belastbarer sind auch die Erkenntnisse. Diversifikations-Mythos Für das Thema Diversifikation gibt es fast ausnahmslos Zustimmung. Das Sprichwort „legen Sie nicht alle Eier in einen Korb“ dürfte jeder An- leger kennen und auch die klassische Portfoliotheorie von Harry Marko- witz, anhand derer der risikomindernde Effekt der Diversifikation hervor- geht, ist wohl jedem geläufig. Lassen Sie uns doch bitte einmal das folgende Gedankenexperiment vor- nehmen: Wenn Sie heute eine Zeitreise zehn Jahre zurück in die Vergan- genheit machen und dann investieren könnten, würden Sie dann diversi- fizieren? Wohl eher nicht. Denn Sie wüssten ja, welche Anlage sich zehn Jahre später am besten entwickelt hätte und würden Ihr gesamtes Geld in diese eine Anlage stecken. Hätte sich beispielsweise Gold am besten entwickelt, würden Sie nun als Zeitreisender so viel Gold wie nur möglich kaufen – und sonst gar nichts. Hätte sich die Aktie von Apple über zehn Jahre hinweg am besten entwickelt, würden Sie auf keinen Fall einen Ak- tienfonds kaufen, der in möglichst viele einzelne Aktien investiert, son- dern würden all Ihr Geld einzig und allein in Apple-Aktien stecken. Sie sehen also: Diversifikation ist nur eine Vorsichtsmaßnahme gegen Unwissenheit und Unsicherheit. Weil wir nicht wissen, wie sich die Zu- kunft entwickelt, streuen wir unser Geld lieber über unterschiedliche An- lagen, um damit das Risiko zu mindern, dass wir auf das falsche Pferd setzen. Zahlreiche empirische Studien zeigen, dass die Diversifikation bei einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft sinnvoll ist. Wenn Sie „nicht alle Eier in einen Korb“ legen, vermeiden Sie einerseits, die allerschlechtesten Investitionen zu tätigen, aber andererseits berau- ben Sie sich auch der Chance, die maximalen Gewinne aus Investitionen zu erzielen. Der Diversifikations-Mythos wird außerdem maßgeblich von der Verlustaversion gespeist. Gleichzeitig ist es aber ein großes Miss verständnis, dass „Diversifikation“ und „Konzentration“ ein Gegensatz seien, wie Gleißner aufzeigte (vgl. Gleißner 2006). Im Kerngeschäft mag es deshalb legitim und auch sinnvoll sein, alle oder einen großen Teil der Kräfte und auch Investitionen auf einen Fo- kusbereich zu konzentrieren. Hierdurch besteht die Möglichkeit, den Risiko im Management
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