CONTROLLER Magazin 1/2020
23 Bereichsegoismen bei Entscheidungen Viele Unternehmen können nicht alle Investitio- nen durchführen, die sie gerne realisieren wür- den. Die Gründe können z. B. in der knappen Ka- pitalausstattung liegen oder im Fehlen von Fach- personal. In diesen Situationen entsteht häufig eine Konfliktsituation zwischen den Bereichen. Sie konkurrieren um knappe Ressourcen, insb. um das knappe Investitionskapital. Wenn dann die Auswahlentscheidungen auf Basis von EBIT- Verbesserungen getroffen werden, ist die Wahr- scheinlichkeit groß, dass nicht die Handlungs- möglichkeiten mit dem höchsten Zielerfüllungs- grad gewählt werden. Die Verbesserung des EBIT im nächsten Jahr oder in den ersten Jahren stellt nicht sicher, dass die Projekte auch lang- fristig im Sinne der Eigentümer sind. Zudem be- rücksichtigt die absolute Periodengröße des EBIT nicht, wie gut sich das knappe Kapital rentiert. Es müssten somit zusätzlich Rendite größen berechnet werden (vgl. zur genauen Begründung z. B. Varnholt/Hoberg/Gerhards/ Wilms, S. 74 ff.), die angeben, welche Verzin- sung das eingesetzte Kapital bringt. Auch wenn Renditegrößen nicht perfekt sind (z. B. bei Un- terschieden in der Laufzeit und in der Struktur der Rückflüsse), helfen sie dennoch bei der Auswahl, indem zunächst diejenigen Hand- lungsmöglichkeiten eingeplant werden, welche die höchste Kapitalrendite aufweisen. Wenn hingegen auf Basis der EBIT-Höhe entschieden wird, besteht die große Gefahr, dass kapital intensive Projekte die renditestarken Hand- lungsmöglichkeiten verdrängen. Ausrichtung an Renditegrößen Wie der letzte Abschnitt gezeigt hat, ist die zu- sätzliche Berechnung von Renditegrößen emp- fehlenswert. Allerdings lauern auch hier Gefah- ren. Beim Einsatz eines ungeeigneten Verfah- rens wie der Internen Zinsfußmethode können falsche Ergebnisse die Folge sein. Dies gilt insb. für mehrstufige Investitionen, bei denen auf eine Startinvestition eine Erweiterungsinvestiti- on nach z. B. 2 Jahren folgt. Durch die Vorzei- chenwechsel der Zahlungsüberschüsse kann es mehrere und/oder unsinnige Renditen geben (vgl. im Detail Hoberg (2017), S. 215 ff.). Ren- ditegrößen dürfen somit immer nur als zusätz liche Kriterien herangezogen werden. zesbrüchen erzielt wurden (Beispiel VW Diesel- affäre), zurückgefordert wurden und werden. Nichtberücksichtigung von Ertragssteuern Häufig werden unternehmensintern Vor-Steuer- größen zur Steuerung verwendet, was damit begründet wird, dass Steuerwirkungen auch auf viele andere Einflussgrößen zurückzuführen sind. Dieses Argument ist sicherlich korrekt für viele interne Zwecke. Allerdings kann eine ein- seitige Ausrichtung am EBIT dazu führen, dass Chancen in der Steuerpolitik nicht wahrgenom- men werden. Der Autor hat erst kürzlich einen solchen Fall erlebt. Das Unternehmen hatte durch einen aufwendigeren Ansatz die Mög- lichkeit, die Steuerlast zu senken. Dies wäre im Sinne der Eigentümer gewesen, welche hohe Rückflüsse nach Steuern anstreben. Das nach EBIT bezahlte Management hatte da- ran jedoch kein Interesse, weil neben dem hö- heren Aufwand auch das Risiko gesehen wurde, dass das neue Steuer-Konzept erst einmal ab- gelehnt würde. Für das Management war es ab- solut rational, keine Arbeitszeit in eine bessere Steuerpolitik zu investieren, da das EBIT ja selbst im günstigen Fall nicht verbessert werden würde. So wurde die Chance auf hohe Steuer- einsparungen erst gar nicht versucht. Die Ei- gentümer konnten mangels Information nicht einschreiten, obwohl sie Millionen verloren. Verwendung historischer Preise statt Wiederbeschaffungskosten Ein weiteres Problem des EBIT kann darin lie- gen, dass historische Beschaffungskosten ver- wendet wurden. Gerade in Branchen mit hohen Preisvolatilitäten der Rohstoffe kann das Jah- resergebnis erheblich verzerrt werden. Zwar kann über das Imparitätsprinzip am Jahresende ggf. eine Abwertung erzielt werden, aber es bleibt das Problem, dass fast immer die histori- schen Einkaufspreise verwendet werden. Somit kann es sich im Falle günstiger historischer Ein- kaufpreise für das Management lohnen, noch im alten Jahr Geschäfte abzuschließen, wenn es für die Eigentümer besser gewesen wäre, diese erst im Folgejahr zu höheren Verkaufs- preisen zu realisieren. sätzliche Millionen investiert werden, die aber nur mit ihren Abschreibungen EBIT-wirksam wurden. Betriebswirtschaftlich richtig gerech- net führte der Kauf zu einem deutlichen Rück- gang des Betriebsergebnisses (also nach Ab- zug aller Kapitalkosten). Die Eigentümer muss- ten hohe Boni zahlen, obwohl sich ihre Vermö- genssituation deutlich verschlechtert hatte. Und sie haben es noch nicht einmal gemerkt ... Ein Gegengewicht stellte bisher oft das Lea- sing dar, weil die Leasingraten einschließlich der in ihnen enthaltenen Zinsen direkt in den Aufwand bzw. in die Betriebsausgaben eingin- gen. Die entstandenen Verbindlichkeiten mussten nicht in der Bilanz gezeigt werden, sondern nur im Anhang. Mit dem Wirksam- werden von IFRS 16 ab 1.1.2019 funktioniert diese Methode nur noch bei kurzlaufenden Verträgen (unter einem Jahr). Die üblichen län- ger laufenden Verträge müssen aktiviert wer- den, wobei dann der Zinsanteil getrennt ge- bucht wird und damit wie andere Zinsen unter den Tisch der EBITs fallen kann. Fehlinformationen durch Periodenverschiebungen Ein Kernproblem des externen und internen Rechnungswesens besteht darin, eine zutref- fende Periodenzuordnung für alle Aufwands- bzw. Kostenpositionen zu finden, wobei teilwei- se auch noch die Umsatzrealisierungen nicht eindeutig durchgeführt werden können. Es kön- nen Periodenverschiebungen auftreten, die sich in 2 Gruppen einteilen lassen. Zum einen gibt es im externen Rechnungswesen einige Aktivierungsverbote, welche das EBIT wesent- lich verzerren können. Als Beispiel seien Inves- titionen in selbsterstellte Marken oder in For- schung genannt. Der für sie angefallene Auf- wand darf im externen Rechnungswesen nicht aktiviert werden, so dass das EBIT in der glei- chen Periode wesentlich verschlechtert wird. Dies stellt leider einen großen Anreiz zum Nichtinvestieren dar, wenn das Management EBIT-abhängig bezahlt wird. Zum anderen kann über das Timing von Geschäftsvorfällen eine Verschiebung oder ein Vorziehen der jeweils gewünschten Effekte vorgenommen werden. Retrospektiv ist z. B. zu fragen, ob Boni, welche in früheren Perioden nur aufgrund von Geset- CM Januar / Februar 2020
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