CONTROLLER Magazin 1/2020

22 Anders sieht es in der Kalkulation des EBIT aus. Da in ihm zwar die Abschreibungen, aber nicht die Kapitalkosten abgezogen werden, ist es ge- mäß Zeile 14 vom ersten Jahr an positiv. Erst mit der wertmäßigen Analyse, welche die ge- samten Kapitalkosten einbezieht (Zeile 16), wird das negative Ergebnis der Investitions- rechnung bestätigt. Auch bei laufenden Projek- ten und insb. im Reporting kann es sein, dass positive EBITs ausgewiesen werden, während bei vollständiger Kalkulation ein negatives Er- gebnis resultiert. EBIT-Vorgaben sind somit als grob fahrlässig einzustufen, da sie tendenziell kapitalintensive Geschäfte schön rechnen, die aufgrund ihrer hohen Kapitalkosten besser un- terbleiben würden. Wenn dann noch das Ma- nagement wie im Falle von VW auf Basis des Ergebnisses vor Kapitalkosten seine Boni er- hält, braucht man sich über problematische Entscheidungen nicht zu wundern. Ein weiteres Praxisbeispiel möge dies zeigen. Im konkreten Fall wurde ein Unternehmen ge- kauft, das einen Investitionsstau aufwies. Da das Topmanagement des Käufers auf EBIT-Ba- sis bezahlt wurde, konnte durch den Kauf eine EBIT-Steigerung erreicht werden, so dass der Bonus stieg, zumal auf eine Wertberichtigung verzichtet wurde, auch nachdem der Investiti- onsstau bekannt wurde. Es mussten zwar zu- Varnholt/Hoberg/Gerhards/Wilms, S. 55 ff.) kann dann die Vorteilhaftigkeit einer Investition zutreffend abgeleitet werden. In einer korrekten Periodenrechnung, welche nicht beim EBIT aufhört, können bei Investitio- nen mit langer Laufzeit die Kapitalkosten ähn- lich hoch sein wie die kalkulatorischen Ab- schreibungen. Ein Beispiel möge die Gefahren zeigen. Eine Investition über 1 Mio € in neue Anlagen erzeugt bei 10 Jahren Nutzungsdauer eine jährliche kalkulatorische Abschreibung von 100 T € pro Jahr. Bei vereinfacht angenomme- ner jährlicher Tilgung betragen dann die Kapi- talkosten im ersten Jahr auch 100 T €. Im obe- ren Teil des folgenden Beispiels sind die Daten mit Hilfe der Investitionsrechnung bewertet. Für den durch die Handlungsmöglichkeit generier- ten Projekt-Cashflow wird angenommen, dass er bereits auf das jeweilige Jahresende hoch- gezinst wurde (vgl. zu dieser intraperiodischen Verzinsung z. B. Varnholt/Hoberg/Gerhards/ Wilms, S. 29 ff.). Bei einem Jahreszinssatz (wacc) von 10 % reicht ein jährlicher Über- schuss von 150 T € nicht aus, um das inves- tierte Kapital zu amortisieren. Am Ende bleibt gemäß Zeile 12 ein noch nicht zurückgezahltes Kapital von über 200 T € offen. Die Handlungs- möglichkeit würde sich somit nicht lohnen (vgl. Abbildung 2). wenigen eingeschränkten Fällen akzeptiert werden. Zwar gehen (hoffentlich) alle Rabatte in den Nettoumsatz ein, aber bei hoher Elastizi- tät der Nachfrage können Jahresendrabatte trotzdem gut für die Umsatzzielerreichung des Verkäufers sein, aber nicht für das langfristige Wohl des Unternehmens. Auch wenn auf unter- geordneter Ebene nur Absatz- und Umsatzziele vergeben werden, so sind auf Unternehmens­ ebene in jedem Fall auch die Kosten zu berück- sichtigen. Dies geschieht nicht immer vollstän- dig, was im Folgenden ausgeführt wird. Vernachlässigung der Kapitalkosten von Anlagen und Maschinen Viele Branchen arbeiten sehr kapitalintensiv, wo- durch neben dem Wertverzehr (kalkulatorische Abschreibung) auch hohe Kapitalkosten anfallen. Dies gilt auch für Investitionen in immaterielle Wirtschaftsgüter, von denen einige nicht aktiviert werden dürfen (Marke, Forschung, Know-how usw.) und damit in der Kapitalbasis des externen Rechnungswesens verschwunden sind. In der In- vestitionsrechnung werden diese Finanzierungs- effekte durch genaue Modellierung der Fremd- und Eigenkapitalzinsen abgebildet. Mit Hilfe von Vollständigen Finanzplänen (vgl. zu diesem dyna- mischen Investitionsrechnungsverfahren z. B. Abb. 2: Positive EBITs bei negativer Vorteilhaftigkeit Fehlsteuerung durch falsche Zielvorgaben

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