CONTROLLER Magazin 1/2020
9 und machen es erforderlich, zusätzliches Kapi- tal zu bekommen, entweder von · Eigenkapitalgebern (durch die Kapital erhöhung) oder · Fremdkapitalgeber (durch Bankkredite oder die Emission von Anleihen) Eine Strategie der autonomen Eigenfinanzie- rung ist risikoreduzierend und macht die Unter- nehmensführung unabhängiger; sie führt aber zugleich zu einer potenziellen Beschränkung der Wachstumsmöglichkeiten, die insbesonde- re bedeutend sind für Unternehmen, die bei re- lativ hoher Kapitalintensität dennoch schnell wachsen wollen. Geschäftsfelder und Wettbewerbsvorteile 11. Produktangebot: materiell vs. immateriell Geschäftsfelder kann man insbesondere durch die angebotenen Produkte – und deren Nutzen – sowie die Kunden-Zielgruppe (inkl. der rele- vanten Region) beschreiben. In nahezu sämtli- chen Branchen ist in der Zwischenzeit eine be- wusste Entscheidung über die grundsätzliche „Produktart“ sinnvoll. Das Leistungsangebot ei- nes Unternehmens kann ausgerichtet sein auf im eigentlichen Sinne „materielle Produkte“ (wie z. B. ein Auto oder eine Schraube). Digitali- sierung ermöglicht zunehmend aber auch das Angebot von „immateriellen Produkten“, die primär aus Daten bestehen. So haben die aus dem Internet ladbaren Musikdateien (MP3) die konkurrierenden materiellen Produkte (CDs) weitgehend verdrängt. Zwischen materiellen und immateriellen Produkten stehen Dienstleis- tungen (Services). Auch Serviceleistungen kön- nen materielle Produkte verdrängen (z. B. eine Fahrdienstleistung, ein Auto). Die Entschei- dung, auf welche „Produktart“ (mit welchem Schwerpunkt) die Strategie ausgerichtet wer- den soll, gewinnt vor dem Hintergrund der tech- nischen Möglichkeiten durch Digitalisierung zu- nehmend an Bedeutung. 12. Erlösmodell: Einzelprojekte vs. kontinuierliche Zahlungsströme Das Erlösmodell ist wesentlicher Aspekt der Beschreibung des Geschäftsmodells und drückt aus, auf welche Art von den Kunden 25 Erlöse generiert werden sollen. Auch wenn es barer „disruptiver“ Strategien potenzieller Wett- bewerber (die wegen sinkender Markteintritts- hemmnisse zunehmend auch aus fremden Branchen kommen können). Ziel ist also eine besonders „robuste“ Strategie. 21 Ausgeprägt risikoorientierte Unternehmensstrategien las- sen jedoch häufig auch Chancen ungenutzt und vernachlässigen manche Wertsteigerungs potenziale. Rentabilitätsorientierte Unternehmensstrategi- en gehen davon aus, dass hohe Rentabilität auch (gegebenenfalls beliebig) hohe Risiken rechtfertigt. Andererseits gibt es bei derartigen Strategien oft Probleme beim Rating durch Banken – und damit relativ hohe Fremdkapital- kosten. Bei der Betrachtung des Rendite-Risiko-Profils ist zu empfehlen, die Möglichkeiten (und relative Bedeutung) der Veränderungen aller primären Werttreiber 22 zu betrachten, nämlich · Umsatzwachstum (vgl. Dimension 8), · Rentabilität (Kapitalrentabilität als Produkt von EBIT-Marge und Kapitalumschlag) · Risiko (ausgedrückt z. B. durch die vom Er- tragsrisiko abhängigen Kapitalkosten 23 als Mindestanforderung an die erwartete Rendite) · Insolvenzwahrscheinlichkeit (Rating) als Maß für die Bestandsgefährdung. 24 Meist ist ein ausgewogenes Rendite-Risiko- Profil optimal für den Unternehmenswert. 10. Finanzierungsstrategie: Innen- vs. Außenfinanzierung Der Kapitalbedarf des Unternehmens (Aktivsei- te) ist durch Eigen- und Fremdfinanzierung zu decken. Die relative Bedeutung von Eigen- und Fremdkapital bestimmt wesentlich das Insol- venzrisiko (das Rating, siehe Dimension 9). Wichtig ist zu entscheiden, ob der Kapitalbe- darf vom Unternehmen selbst oder extern ge- deckt werden soll (Innen- vs. Außenfinanzie- rung). Eine hohe Autonomie des Unternehmens gegenüber Externen, Eigen- wie Fremdkapital- gebern, ist dann erreicht, wenn sich das Unter- nehmen aus den generierten Cashflows voll- ständig selber finanzieren kann (also die Free Cashflows tendenziell positiv sind). Negative freie Cashflows z. B. infolge hoher Investitionen eines schnell wachsenden Unternehmens be- schränken die unternehmerische Autonomie digitale Geschäftsmodelle, die auf der Verfüg- barkeit von Daten basieren, sind typischerweise auf eine immaterielle Wertebasis ausgerichtet. 8. Wachstumsorientierung: Wachstum vs. Konsolidierung Wachstumsorientierte Unternehmen verfolgen als primäres Ziel das Umsatzwachstum. Grund- sätzlich ist Wachstum langfristig der stärkste Werttreiber, und ohne Wachstum ist eine außergewöhnliche Steigerung des Unterneh- menswerts fast nie zu realisieren. Insbesonde- re bei digitalen Geschäftsmodellen hat eine sehr hohe Expansionsgeschwindigkeit meist große Bedeutung, weil hier mit der zunehmen- den Anzahl von Kunden (z. B. auf einer Platt- form) der Nutzen von jedem Kunden zunimmt (damit gilt oft: „The winner takes it all“). Konsolidierungsstrategien gehen grundsätzlich davon aus, dass die Ertragskraft wichtiger als die Unternehmensgröße ist. Primäres Ziel ist es, die Kapitalrendite (ROCE) durch eine Verbesse- rung von EBIT-Marge (operative Marge) und/ oder des Kapitalumschlags zu steigern. Konsoli- dierung dient auch dazu, Organisationsstruktu- ren zu stabilisieren. Deutliche Steigerung der Effizienz ist in der Zwischenzeit möglich durch die Nutzung von Digitalisierung im Kontext In- dustrie 4.0. Die Verbesserung der Ertragsstärke und der Eigenkapitalquote – im Rahmen der Konsolidierung – führt zu einer Verbesserung des Ratings und schafft so oft erst die Voraus- setzung für zukünftiges Wachstum. 9. Risiko-Rendite-Profil: risikomindernd vs. renditesteigernd Oft wird die Entscheidung über das anzustre- bende Rendite-Risiko-Profil durch die Risiko- präferenzen der Unternehmensführung und der Eigentümer bestimmt. Ziel risikomindernder Strategien ist die Reduzierung von Risiko- und Kapitalkosten – und damit eng verbunden die Verbesserung des Ratings und letztlich der Überlebenswahrscheinlichkeit. Vorteilhaft bei dieser strategischen Ausrichtung sind die damit erreichte hohe Kreditwürdigkeit und die relativ niedrigen Finanzierungskosten, die Attraktivität für (oft risikoaverse) Mitarbeiter sowie der meist sehr bewusste Umgang mit Risiken (gezieltes Risikomanagement). Große Bedeutung hat hier die Verbesserung der „Robustheit“ des eigenen Unternehmens, insbesondere gegenüber denk- CM Januar / Februar 2020
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