CONTROLLER Magazin 3/2020

97 Liebe Leserinnen und Leser, Die Wirtschaft florierte weltweit, die Börsen erlebten ein neues Hoch, zögerlich, aber doch mit Zuversicht begann man den Klimawandel zu begrenzen und sich um Nachhaltigkeits­ themen zu kümmern. Jedoch in kürzester Zeit wurde eine lokale Epidemie zu einer globalen Pandemie und beherrscht mittlerweile unser gesamtes gesellschaftliches und wirtschaft­ liches Leben. Plötzlich ist die Corona-Krise da, wie ein schwarzer Schwan, mit dem wir nicht gerechnet haben. Menschen wie Unternehmen kämpfen um ihre Existenz. Nichts ist so wie vorher und das Spannungsfeld zwischen Angst und Besonnenheit, Zweifel, Betroffenheit und umsichtige Vernunft liegen eng beisammen. Lieferketten in Gefahr Als im Februar die ersten Meldungen über den Ausbruch eines vorerst unbekannten Virus aus China kamen, waren die meisten von uns (noch) sehr entspannt. Nachdem aber die chi­ nesische Regierung begann, drastische Maß­ nahmen, wie Ausgangsverbot und Werksschlie­ ßungen in der Region Wuhan zu veranlassen, fürchtete man vorerst in Europa und der west­ lichen Welt den Einbruch des chinesischen Absatzmarktes und die Unterbrechung der Lieferketten. Durch die langen Transportwege zumeist per Schiff merkte man nicht gleich Versorgungsengpässe in Europa. Umgekehrt stapelten sich sehr bald Container in chinesiwww.rma-ev.org CM Mai/ Juni 2020 schen Häfen, die nicht im Land weitergeleitet wurden. Die ausgelagerten Produktionsstätten in Fernost mussten über Nacht geschlossen werden. Die globalen Wertschöpfungs- und Logistikketten funktionieren wie ein Zahnrad­ system solange keine Störung eintritt. Doch sind sie umso anfälliger, je komplexer, intrans­ parenter und Effizienz optimiert sie ausgestaltet sind. Produktionskonzepte wie „Just-in-Time“ und Working Capital Optimierung gestatten keine Sicherheitsbestände. Welche Lieferanten von allen Bauteilen und Rohstoffen im Third-Tier und darunter involviert sind, entzieht sich der Kenntnis dem erfahrensten Supply- Chain-Manager. Personenverkehr in Gefahr, Mobilität eingeschränkt Trotz digitaler Kommunikation sind persönliche Geschäftskontakte oder Aufenthalte auch in entfernten Destinationen notwendig. Billige Arbeitskräfte werden aus Drittstaaten impor­ tiert, z.B. 50.000 chinesische Gastarbeiter in der italienischen Textil- und Lederindustrie. Das Freizügigkeitsgesetz aus den Billiglohnländern der europäischen Union ermöglicht es, dass Erntehelfer, Facharbeiter z.B. in der Lebensmit­ telindustrie und Bauwirtschaft, Pflegerinnen im Sozialbereich, um nur die wesentlichsten zu nennen, Arbeit fanden und wir auch froh sind, Menschen zu haben die diese Tätigkeiten aus­ üben. Reisen wurde immer billiger und leist­ barer für immer mehr Gesellschaftsschichten, was die zunehmenden Tourismuszahlen bestätigen. Regionale und nationale Abschot­ tung und Grenzsperren verursachen aber jetzt Arbeitskräftemangel, während Industrien, die vom Shut-Down betroffen sind, ihre Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken oder kündigen müssen. Der hohe internationale Personenverkehr machte die rasche Verbreitung von COVID-19 erst möglich. Gesundheitswesen, Wirtschaft und Finanzwelt in Gefahr Die Gesundheit und das Überleben der Men­ schen hat absoluten Vorrang und rechtfertigt den nationalen Shut-Down. Das Gesundheits­ wesen wird augenblicklich auf den Prüfstand gestellt. Regionale und nationale rasch ge­ setzte, wohl durchdachte und präventive Maß­ nahmen zeigen dort Erfolge, wenn der Ausbrei­ tung der Epidemie Einhalt geboten wird. Trotz Social-Distancing wächst die Gesellschaft (neu) zusammen. Die Verletzlichkeit unserer Versor­ gungssicherheit der lebensnotwendigen und unserem Wohlstand entsprechenden Ressour­ cen zeigt aber besonders jetzt Schwächen und Risiken: Lebensmittel (Handelsschranken, fehlende Arbeitskräfte), Medikamente und medizinische Ausrüstung (Abhängigkeit von einigen wenigen Ländern), Telekommunikation (Überlastung der Netze, Netzausfall), Energie (reduzierter Verbrauch, Lieferschwankungen der erneuerbaren Energieträger, Blackout-Gefahr). Demokratie und sozialer Zusammenhalt zeigen sich dann, wenn Opposition und Sozialpartner nicht gegen alles sind, sondern mitdenken, mit­ arbeiten und trotz vieler sinnvoller Maßnahmen, demokratische Grundrechte gewahrt bleiben. Der Corona-Shut-Down stellt mittlerweile die gesamte Weltwirtschaft, Europa und die Unter­ nehmen vor die größte Herausforderung seit Brigitta John >> Haben Sie jemals an den schwarzen Schwan gedacht? Große Herausforderungen an das Strategic Risk Management Impressum Ralf Kimpel Vorsitzender des Vorstands der RMA Risk Management & Rating Association e.V. ralf.kimpel@rma-ev.org V.i.S.d.P. RMA-Geschäftsstelle RMA Risk Management & Rating Association e.V. Zeppelinstr. 73, D-81669 München Tel.: +49.(0)1801 – RMA TEL (762 835) Fax: +49.(0)1801 – RMA FAX (762 329) E-Mail: office@rma-ev.org Web: www.rma-ev.org Prof. Dr. Werner Gleißner fachartikel@futurevalue.de Tel.: +49.(0)711-79735830

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