CONTROLLER Magazin 3/2020

88 Durch das schwache Wirtschaftswachstum und auch durch Corona erhöht sich der finan- zielle Druck auf Unternehmen. Gerade in grö- ßeren Firmen, in denen die Unternehmens­ leitung nicht sehr nahe an den Problemen ist, gibt es wieder große Einsparprogramme. Im Mittelpunkt stehen häufig Personalreduk­ tionen, die durch Einstellsperren, Frühpensions- programme, Abfindungsangebote, teilweise durch psychischen Druck usw. umgesetzt werden. Das Mittelmanagement muss daher nicht selten unangenehme Entscheidungen treffen, teilweise auch gegen die eigene Überzeugung. Die guten Mitarbeiter können auch bei vielen Überstunden die Aufgaben nicht schaffen. Letztendlich muss entschie- den werden, welche Aufgaben die höchsten Prioritäten aufweisen. Der Rest muss ver- schoben werden. Ein geeignetes Werkzeug für diese unange- nehme Auswahl besteht in der Anwendung von relativen Größen. Dabei wird ein Nutzen auf den Ressourceneinsatz bezogen. Ein bekann- tes Beispiel stellen die relativen Deckungs- spannen d rel dar, bei denen für jede Tätigkeit/ Produkt der Quotient aus absoluter Deckungs- spanne d abs (Nettopreis abz. variabler Stück- kosten in €/ME) und dem Produktionskoeffizi- ent PK, z. B. in verbrauchten Engpasseinheiten pro Mengeneinheit (EE/ME), in der betrachteten Periode gebildet wird: d rel = d abs / PK in (€/ME) / (EE/ME) = €/EE Die Angabe der betrachteten Periode – z. B. der Monat September – ist wichtig, weil die Verhältnisse kurze Zeit später schon wieder anders aussehen können, weil es mehr oder weniger Aufgaben bzw. Mitarbeiter geben kann. Insofern könnte man die Einheiten indi- zieren, wie z. B. € 9 / EE 9 , um zu zeigen, dass die Größen auf das Ende des Monats 9 = Sep- tember bezogen sind. Mit den relativen Größen wie der relativen De- ckungsspanne kann in vielen Problemstellun- gen ermittelt werden, wie die knappen Engpas- seinheiten eingesetzt werden sollen. Diese Engpässe können z. B. in folgenden Bereichen liegen: · Maschinen/Anlagenstunden · Vorhandensein von Rohstoffen oder Halbfertigprodukten · Fertigwarenlagerbestände · Emissionsgrenzen · Mitarbeiterstunden z. B. in einer Abteilung Eine technische Abteilung sei näher betrachtet. Sie verfüge über 10 Mitarbeiter, welche jährlich – nach Abzug von Urlaub, Krankheit, Feierta- gen, Schulungen etc. – 1400 Stunden pro Per- son leisten können, so dass der Abteilungsleiter 14.000 Jahresstunden verplanen kann. Im Zähler können z. B. die ansonsten verloren ge- henden Deckungsspannen stehen oder auch Kostenersparnisse, die jeweils auf die notwen- dige Stundenanzahl zu beziehen sind. Ganz wichtig ist es zu zeigen, dass die relativen Deckungsspannen für kurzfristige Problemstel- lungen entwickelt wurden (vgl. zu den Voraus- setzungen der Deckungsbeitragsrechnung Ho- berg, WISU 12/2008, S. 1656 ff.). Aber einige Arbeiten einer technischen Abteilung beziehen sich nicht nur auf die Instandhaltung, sondern auch auf Weiterentwicklungen, damit z. B. ein Bauteil so modifiziert wird, dass es demnächst länger hält. Dann darf der Nutzen nicht mehr als Deckungsspanne berechnet werden, son- dern es muss die Summe der zukünftigen ab- gezinsten Überschüsse gebildet werden. Ein Problem besteht nun darin, dass die zukünf- tigen Überschüsse eben zukünftig sind, also nicht mehr im laufenden Monat oder Jahr anfal- len. Damit kosten die entsprechenden Tätigkei- ten Ressourcen, ohne in der aktuellen Periode ei- nen Gewinnbeitrag zu leisten. Als Folge reduzie- ren sie die Bemessungsgrundlage für die Boni. Der arme Abteilungsleiter kann nur versuchen, für zusätzliches Personal zu werben, um auch die langfristig relevanten Tätigkeiten durchfüh- ren zu können. Denn spätestens im Jahresge- spräch wird man ihm vorwerfen, dass er die Zukunftsprojekte vernachlässigt habe ... Gute Unternehmen „sparen“ dann nicht zulasten der Zukunft. Nebenbei bemerkt: Das Dringende schlägt das noch Wichtigere von Peter Hoberg Autor Prof. Dr. Peter Hoberg lehrt als Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Fach- hochschule Worms. Auf Basis einer 15-jährigen Erfahrung in in- ternationalen Unternehmen beschäftigt er sich insb. mit Themen des Controllings und der Investitionsrechnung. Schwerpunkt seines Interesses ist die Verbindung von Theorie und Praxis. E-Mail: hoberg@hs-worms.de Das Dringende schlägt das noch Wichtigere

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