CONTROLLER Magazin 3/2020
63 volle Input-Daten erscheint notwendig („Weni- ger ist mehr“). Die Frage ist, nach welchen Kri- terien der Anwender hier eine Auswahl vorneh- men soll. Auf unternehmensinterne Daten kann in der Regel zugegriffen werden, es bietet sich aber auch die Verarbeitung externer Daten an. Bei der Auswahl der internen und externen Datenquellen sind verschiedene Kriterien von Bedeutung, wie Relevanz, Aktualität, Ver- lässlichkeit und Verfügbarkeit . Der erfahre- ne Controller lässt sich nicht dazu verleiten, Da- ten nur aufgrund ihrer leichten Verfügbarkeit abzurufen und einzuarbeiten, er konzentriert sich auf zielführende Größen. Zudem ist die je- derzeitige Nachvollziehbarkeit der verwendeten Datenquellen bedeutsam. Es empfiehlt sich also, frühzeitig Überlegungen anzustellen, wo und wie die Dokumentation erfolgen soll. Auf der Grundlage ausgewählter Input-Daten und mit Hilfe von transparenten Algorithmen, schlägt das KI-gestützte System nun (Progno- se-)Werte und Handlungsoptionen vor. Die lernfähige Maschine wird bei Annahme der Vor- schlagswerte diese in Zukunft mitverarbeiten. Deshalb ist es umso wichtiger, dass diese nur dann in der Planung weiterverwendet werden, wenn sie vom Anwender zunächst überprüft und verstanden wurden. Anomalien müssen als solche erkannt werden und die Ursachen dafür abgeklärt werden. Dazu sind beispiels- weise die folgenden Fragen hilfreich: · Liefert das KI-gestützte System Abweichun- gen zur bisherigen, klassischen Planung? · Gibt es dafür eine plausible Erklärung oder widerspricht der Vorschlagswert den Erwartungen? Oder, · liefert das KI-gestützte System Normal werte, die aus Daten der Vergangenheit errechnet sind, die aber in der Planung deutlich abweichen müssten? 12 · Welche internen und externen Faktoren, die bisher ohne Bedeutung waren, müssen für die Zukunft neu berücksichtigt werden? Kennziffern sind zudem dann besonders aus- sagekräftig, wenn Vergleichswerte vorliegen. · Was ergibt beispielsweise eine Benchmark Analyse, was machen die anderen Unterneh- men der Peer Group? · Was machen die meisten der Branche, und was machen die erfolgreichsten Wettbewerber? Schlussfolgerungen für den Einsatz von KI – der menschliche Faktor Wir halten also fest: Komplexe Lösungsstrate gien ( „Logik “) funktionieren in einer risikolosen Umgebung bei großen Datenmengen gut. Es lohnt sich, möglichst genau nachzurechnen. In- tuitive Lösungsstrategien ( „smarte Heuristi- ken“ ) können dagegen in einer ungewissen Umgebung bei geringen Informationen hinrei- chend sein, und damit auch unter Kostenge- sichtspunkten zielführend. Größere Genauigkeit bringt bei Unsicherheit nicht automatisch bes- sere Ergebnisse. Übertragen auf den Einsatz von KI bedeutet das zunächst, dass völlig nachvollziehbar sein muss, was die Maschine rechnet. Kein leichtes Unterfangen, denn die in der Software einge- baute Intelligenz beruht nicht mehr nur auf ein- fachen Algorithmen . Dennoch, der Software- Anbieter muss die der KI zugrundeliegenden Operationen transparent machen. Vertrauen in die Kompetenz des Software-Anbieters allein reicht da nicht. Die Logik hinter den komplexen KI-Algorithmen muss offengelegt werden, denn nur das Wissen um die Formeln, die Rechenre- geln und Prinzipien ermöglicht eine Aussage über das Ergebnis. Hier ist es also wichtig, sehr präzise zu sein, ansonsten wird die massenhaf- te Verarbeitung von Daten niemals verlässliche, verwertbare Ergebnisse liefern. Ein Algorithmus arbeitet immer nach den Regeln der Logik, ge- nau richtig oder genau falsch, und damit gleich- sam als Gegenentwurf zur Heuristik. Mit der Festlegung der zugrundeliegenden Logik, der Algorithmen, geht die Auswahl der Input-Daten einher. Technisch möglich ist jetzt die Verarbeitung von großen Datenmengen. Al- lerdings ist nicht alles, was möglich ist, auch zielführend. Eine Begrenzung auf wirklich sinn- zichtbar, um in komplexen und dynamischen Umwelten strategische Entscheidungen vorbe- reiten und treffen zu können. 9 „Risiken und Nebenwirkungen“ beim Ein- satz von Heuristiken zur Komplexitätsreduktion sollen jedoch auch nicht unerwähnt bleiben. Vertrauen auf die Kompetenz eines Dritten ist beispielsweise eine Faustregel, die täglich bei der Alltagsbewältigung wertvolle Dienste leis- tet. Die Kunst ist, zu wissen, wann Vertrauen gut ist und wann Kontrolle besser. Man denke nur an den Einsatz komplizierter Finanzinstru- mente, deren Wirkmechanismus der Nutzer zu- weilen nicht komplett durchdrungen hat. Es wird auf die Kompetenz eines externen Anbie- ters vertraut, der dies gerne durch Referenzen oder Zertifizierungen belegt. 10 Nur, wurde vom Anwender auch geprüft, ob das Produkt in seinem spezifischen Fall überhaupt passt, der Mechanismus zum Vorteil des Unternehmens auch greift? Hat er das Produkt auch wirklich verstanden, oder falls nicht, würde er das in seiner Position (!) zugeben? Ein weiteres Beispiel ist der sogenannte Ver- fügbarkeitsfehler , der zu einer kognitiven Ver- zerrung führen kann. Dabei werden die Daten verwendet, die bereits vorliegen, bzw. leicht verfügbar sind, schlimmer noch, die von der Ab- teilung geliefert werden, die selbst Gegenstand der Aufsicht oder der Untersuchung ist. Dieses Phänomen kennt jeder erfahrene Prüfer und Aufsichtsrat – und es umschreibt die Gefahr, dass mit den Daten und Unterlagen gearbeitet wird, mit denen man „versorgt“ wird, während andere Daten wesentlich aussagekräftiger wä- ren. 11 In einer risikoorientierten Prüfung konzen- triert sich das Prüfungsteam daher unbeirrt auf die (Bilanz-)Positionen, die wesentlich für das Prüfungsurteil sind. Und auch der umsichtige Aufsichtsrat gibt sich erst dann zufrieden, wenn seine Fragen wirklich beantwortet sind. CM Mai / Juni 2020 Autor Dipl.-Kfm., WP/StB, Annegret Glöckner ist seit Mitte 2019 freiberuflich in eigener Praxis tätig. Davor war sie mehr als 20 Jahre Partnerin einer Big Four Wirtschafts- prüfungsgesellschaft im Bereich Assurance Services. Sie ist außerdem ehrenamtlich Executive Advisor des Internationalen Controller Vereins (ICV). E-Mail: wp@annegret-gloeckner.de od er a.gloeckner@icv-controlling.com
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