CONTROLLER Magazin 3/2020
56 umsetzen, insbesondere wenn weitere Da- tenquellen notwendig sind. · Abweichungen können aufgrund zeitlicher und sachlicher Differenzen auftreten, die aus mangelnder Abstimmung der teilnehmenden Bereiche oder Unternehmen resultieren. Zwar lassen sich Abstimmungsdifferenzen durch spezielle Verfahren wie das Follower- Leader-Prinzip weitgehend vermeiden: Wenn nur eine Leistungsbeziehung eingetragen werden kann, die vom Gegenüber nur bestä- tigt werden muss, ist eine Abweichung gar nicht möglich. Nicht immer besteht jedoch die Leistungsbeziehung in einer expliziten Planung von Leistungsnachfrage und Leis- tungsangebot. · Denkfehler wie Overconfidence-Bias, An- ker-Effekt, Induktion sind einige der Effekte, die eine Planung massiv stören können. Eine solche Wahrnehmungsverzerrung führt vermutlich zu einer zu optimistischen oder zu pessimistischen Einschätzung. So könnte die Planung eines Vertriebsverantwortlichen kontinuierlich positiver ausfallen als die der Kollegen. Wenn die prognostizierte Entwick- lung dann auch eintritt, ist die ambitionierte Planung nicht zu beanstanden. Durch die Zusammenführung von Plan und Ist über mehrere Perioden könnte sich aber der Planwert als übertriebener Optimismus dar- stellen. Insbesondere wenn solche Abwei- chungen regelmäßig auftreten, sollte dies zum Einschreiten der übergeordneten Ins- tanz führen. · Bewusste Manipulationen dürften am schwersten zu erkennen sein, da hier häufig auch ein Wille zur Verschleierung vorhanden ist. Dies kann sich beispielsweise auf die Bewertung beziehen. Die bewusste Manipu- lation ist von der Motivation her vielschichtig und geht hin bis zum vorsätzlichen Betrug. Letzteres dürfte in üblichen Meldeprozessen seltener vorkommen als beispielsweise im operativen Versicherungs- oder Kreditkar- tengeschäft. Wahrscheinlicher ist die Aus- nutzung von Bewertungsspielräumen zu- gunsten eigener Ziele. Abwanderungsab- sichten können beispielsweise zu Aktivitäten mit dem Ziel einer kurzfristigen Bonusopti- mierung führen. Wenn also ein Planer die übliche Investitionsquote deutlich unter- schreitet, können eigene Ziele stärker in den Vordergrund gerückt sein, sodass beispiels subjektive Einschätzungen in die Willensbil- dung mit ein. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob Entscheidungen in Bezug auf den Planungskontext konsistent sind. So ist es beispielsweise auffällig, wenn ein Planer im Vergleich zu Peers zu hohe Rabatte plant oder die Vertriebskosten im Zeitvergleich zu hoch sind. Auch unterscheiden sich die Ein- schätzungen der Planer häufig hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung. · Auch manuelle Forecasts sind in der Regel subjektiv verzerrt. Insbesondere wenn der Forecast die Grundlage eines Target Setting liefert, fällt Objektivität schwer. Wenn ein Fachverantwortlicher weiß, dass seine Prog- nose Grundlage einer Zielvorgabe werden kann, wie wird er dann schätzen? · Ähnliches gilt auch für die Einschätzung von Risiken im Risikomanagementprozess. Die Erfassung erfordert hier ebenso eine lokale, subjektive Einschätzung der zukünftigen Si- tuation, da Risiken in der Regel als mögliche Abweichung vom Ziel definiert werden. Un- wahrscheinliche Risiken (Tail Risks) lassen sich allerdings besonders schwer einschät- zen, so dass natürlich Zweifel angebracht sind, inwieweit hier CA-Methoden aufgrund der üblicherweise dünnen statistischen Basis wirklich helfen können. Aber auch hier könn- ten beispielsweise Peer-Vergleiche einen besseren Beurteilungsrahmen abgeben. · Im Rahmen des Konzern-Controllings kön- nen auch Meldedaten zum Abschluss ver- dichtet werden. Diese Daten sind nicht unbe- dingt manuell erfasst worden. Dennoch kön- nen sich auch hier Inkonsistenzen einge- schlichen haben. Qualitätsprobleme bei Meldeprozessen Wie schon skizziert, sind die Qualitätsprobleme vielfältig. Welche Probleme lassen sich diag- nostizieren? · Ursache von Ungereimtheiten können einfa- che Erfassungsfehler sein. Diese können bei der direkten Eingabe der Meldedaten, aber schon bei der Verarbeitung in den Vorsyste- men erfolgt sein. Grundsätzlich kann hier versucht werden, bereits direkt oder in den Vorsystemen durch Echtzeitplausibilisierung einzuwirken. Dies lässt sich aber nicht immer hoher) Optimismus verschlechtern genauso die Planungsqualität und sind ebenfalls Ziele von Contributor Analytics. Hierbei kann zudem auf Erfahrung mit Plausibi- litätsprüfungen angeknüpft werden, wie sie mittlerweile in vielen Planungslösungen zum Einsatz kommen. Eine Validierung von Melde- daten kann online oder offline erfolgen, wobei meist nur einfache Sachverhalte geprüft wer- den. Sind beispielsweise alle Daten vollständig? Werden Vorgaben (zum Beispiel Renditeerwar- tungen) eingehalten? CA-Methoden gehen aber weiter, indem bei- spielsweise auch Daten einbezogen werden, die nicht Bestandteil des Meldeprozesses sind. Aus der isolierten Betrachtung eines einzelnen Meldedatums lässt sich häufig nicht viel erken- nen. Kontextinformationen können da schon er- giebiger sein. So könnte beispielsweise ein Be- reichsverantwortlicher immer später auf prog- nostizierte Nachfrageveränderungen reagieren als seine Peers. Auch können Eigenschaften der Planer wie beispielsweise Erfahrung im Meldeprozess in die Analyse einfließen. Das Er- gebnis einer automatischen Analyse ist aller- dings meistens keine eindeutige Regelverlet- zung, sondern zunächst erst einmal ein Indika- tor mit einer Wahrscheinlichkeit einer Unregel- mäßigkeit. Durch nachfolgende Analysen kann dann entsprechend kategorisiert werden, was Machine-Learning-Methoden später zur auto- matischen Klassifikation nutzen können. In diesem Beitrag sollen die Möglichkeiten einer Unterstützung des Planungsprozesses durch Advanced Analytics dargestellt werden. Die zentrale Aufgabenstellung ist, wie solche Unre- gelmäßigkeiten möglichst · automatisiert und strukturiert erkannt, · in einem strukturierten Prozess geklärt und gegebenenfalls behoben und · dabei Lerneffekte genutzt werden können. Meldeprozesse Es gibt verschiedene Controlling- und control- lingnahe Prozesse, bei denen Informationen ge- meldet und verdichtet werden: · Im Rahmen der Budgetierung wird auf der dezentralen Ebene geplant. Es gehen viele Advanced Analytics im Controlling
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