CONTROLLER Magazin 3/2020

52 das Controller Magazin natürlich in beson- derer Weise , und in der Tat gibt es ja auch in jeder Ausgabe zahlreiche Beiträge von Wissen- schaftlern. Der Arbeitskreis Controlling-Pro- fessuren an Hochschulen (AKC) hat bspw. zu diesem Zweck eine eigene regelmäßige Arti- kelreihe (siehe Seite 44-45). Biel: Bitte lassen Sie mich nachfassen: Die Con- trolling-Praxis möglichst genau zu kennen und zu verstehen, ist das eine. Praxisgerechte Lö- sungen in die Praxis zu transferieren, ist etwas anderes. Sollte die Controlling-Wissenschaft stärker zum Service-Partner der Praxis werden? Baltzer/Ulrich: Ja und nein. Einerseits ist es unzweifelhaft eine Zielsetzung für alle Hoch- schulen und im Besonderen für die Hochschu- len für angewandte Wissenschaften, den Wis- senstransfer sicherzustellen als Teil der sog. „Third Mission“ neben Forschung und Lehre. Andererseits hat die Wissenschaft die Aufgabe, möglichst generelle Erkenntnisse zu gewinnen und idealerweise allgemeingültige Lösungen zu entwickeln. Eine Implementierung dieser Lö- sungen in einzelnen Unternehmen unter Be- rücksichtigung der unternehmensspezifischen Besonderheiten können Wissenschaftler hinge- gen nur in Einzelfällen leisten. Hierfür gibt es insb. Unternehmensberatungen, die sich auf diese Tätigkeit spezialisiert haben. Biel: Bitte skizzieren Sie uns in diesem Zusam- menhang kurz und knapp das Aufgabenspekt- rums eines Hochschullehrers. Baltzer/Ulrich: Das Aufgabenspektrum von Hochschullehrern ist mit Forschung, Lehre, akademischer Selbstverwaltung, Weiter- bildung und Wissenstransfer sehr breit ge- fächert . Beratungstätigkeiten ergänzen dieses Aufgabenspektrum, können aber nicht den Schwerpunkt der Tätigkeit als Hochschullehrer darstellen. Biel: Bitte lassen Sie uns die Perspektive wech- seln. Erleben Sie seitens der Studierenden auch lebhaftes Interesse, vielleicht sogar Be- geisterung? Baltzer/Ulrich: Interesse ja, Begeisterung nur bedingt . Gerade für das Controlling be- steht nicht nur in der Praxis, sondern auch in Forschung und Lehre zudem eine gewisse Ge- fahr. An manchen Hochschulen wird bereits da- rüber diskutiert, welche betriebswirtschaftli- chen Teildisziplinen „wichtig“ oder „weniger wichtig“ sind. Das Controlling wird stets von vielen Studierenden gewählt und auch in der Praxis sind Controllerinnen und Controller stark nachgefragt. Auf der Liste der „Begeiste- rungsthemen“ liegt das Controlling – anders als Agilität, Marketing, Social Media und Digita- lisierung – jedoch nicht ganz vorne. Hier be- steht die Gefahr, dass das Controlling von an- deren Disziplinen als reiner Zulieferer betrach- tet wird und etwas in Vergessenheit gerät. Biel: Lassen Sie uns bitte die Transfer-Über­ legungen mit einem spezifischen Aspekt fortfüh- ren. Controllerinnen und Controller stehen i. d. R. unter erheblichem Leistungs- und Verände- rungsdruck und damit auch im Zwang „am Ball zu bleiben“. Muss Studienabschluss endgültiger Abschluss bedeuten? Könnte es eine spezifische Weiterbildung nach dem Abschluss geben? Baltzer/Ulrich: Die Notwendigkeit, am Ball zu bleiben ist in der Tat wichtiger denn je. Wir ha- ben im deutschsprachigen Raum ja die Beson- derheit (anders als z. B. im angloamerikani- schen Raum), dass Controller vorrangig an Hochschulen ausgebildet werden und sich dann in der Praxis weiterbilden. Controlling stu- diert man als Studienschwerpunkt in einem be- triebswirtschaftlichen Studium oder – insb. im Masterbereich – als fokussierter Studiengang. Damit war nach dem Hochschulstudium in der Tat oftmals Schluss, auch wenn es natürlich schon seit langem spezialisierte Weiterbil- dungsanbieter wie die Controller Akademie oder die Horváth Akademie etc. gibt. Biel: Und der Blick auf die Hochschulen ... Baltzer/Ulrich: Die Hochschulen haben zu lan- ge vorrangig in starren, zeitintensiven Studien- gängen gedacht. Ein ganzes neues Studium macht aber primär derjenige Berufstätige, der sich völlig neu orientieren will. Viele Hochschu- len haben inzwischen jedoch die Bedeutung spezifischer Weiterbildungsangebote er- kannt und bieten z. B. zweiwöchige Summer Schools oder Wochenendseminare an und öff- nen ihre Studiengänge für ein Modulstudium. Damit ist gemeint, dass Weiterbildungsinteres- sierte auch einzelne Veranstaltungen aus einem Studiengang besuchen können, ohne gleich das ganze Studium absolvieren zu müssen. Wichtig ist also das „Spezifische“ der Weiter­ bildung: Es geht bereits Berufstätigen ja nur Autoren Prof. Dr. Björn Baltzer ist Professor für Controlling und Rechnungswesen an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg- Schweinfurt und leitet dort den MBA-Studiengang International Business. Er ist Mitglied des Arbeitskreises der Controlling- Professoren an Hochschulen. E-Mail: bjoern.baltzer@fhws.de Dipl.-Betriebswirt, Fachjournalist (FJS) Alfred Biel ist Autor, Interviewer und Rezensent verschiedener Medien mit betriebswirtschaftlichem und fachjournalistischem Studienab- schluss. Er verfügt über reichhaltige Praxiserfahrung aus ver- antwortlichen Tätigkeiten in betriebswirtschaftlichen Funktio- nen großer und mittlerer Unternehmen. Der Deutsche Fach- journalisten Verband DFJV und der Internationale Controller Verein ICV verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft. E-Mail: alfred.biel@gmx.de Prof. Dr. habil. Patrick Ulrich ist Inhaber der W3-Professur für Unternehmensführung und -kontrolle und Sprecher des Aalener Instituts für Unternehmensführung (AAUF). Zudem ist er Privatdozent an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Er ist Mitglied im Arbeitskreis der Controlling-Professoren an Hoch- schulen für Angewandte Wissenschaften. E-Mail: patrick.ulrich@hs-aalen.de Wie beeinflussen sich Controlling-Praxis und Controlling-Wissenschaft?

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