CONTROLLER Magazin 3/2020
45 Denn was man kennt, das kann man erkennen, wenn es auftritt. Was man erkennt, das kann wiederum beeinflusst bzw. in diesem Fall ver- mindert und verhindert werden. Fußnoten 1 Hier besitzt der Agent einen Wissensvor- sprung, der zugunsten oder Ungunsten des Prinzipals eingesetzt werden kann, d. h. es besteht eine Informationsasymmetrie. 2 Kognitive Verzerrung oder Kognitive Bias ist eine meist unbewusste systematische Abwei- chung von der Norm oder Rationalität im Urteil, dem Erinnern und dem Denken. Literaturverzeichnis Gleich, R./Horváth, P./Seiter, M. (2015): Con- trolling, 13. Aufl., München 2015. Hirsch, B. (2007): Controlling und Entschei- dungen. Zur verhaltenswissenschaftlichen Fun- dierung des Controllings, Tübingen 2007. Hirsch, B./Linder, S./Weber, J./Zayer, E. (2005): Verhaltensorientiertes Controlling, in: Weber, J. (Hrsg.): Das Advanced-Controlling- Handbuch, Weinheim 2015. Hirsch, B./Schäffer, U./Weber, J. (2008): Zur Grundkonzeption eines verhaltensorientierten Controllings, in: Controlling & Management (ZfCM), 52. Jg., Nr. 1 (Sonderheft), 2008. Internationaler Controller Verein (2013): Was macht Controller erfolgreich(er)? Auf das Ver- halten kommt es an!, Kahneman, D. (2016): Schnelles Denken, langsames Denken, 14. Aufl., München 2012. Manzenrieder, A. (2019): Behavioral Control- ling in bayerischen Großunternehmen – Eine empirische Untersuchung der Berücksichtigung verhaltensorientierter Ansätze von Controllern, Master Thesis an der Hochschule Fresenius in Corporate Finance & Controlling, 1. Gutachter: Dr. Eugenia Schmitt MBR, 2. Gutachter: Prof. Dr. Ulrich Schwarzmaier. Taschner, A. (2018): Management Reporting und Behavioral Accounting. Verhaltenswirkun- gen des Berichtswesens im Unternehmen, 2. Aufl., Wiesbaden 2018. als rationaler Entscheider zurückführen. Die Empfängerorientierung der Management Re- ports ist in diesem Kontext für ein erfolgreiches Berichtswesen unerlässlich. Es ist zu überprü- fen, ob der Informationsbedarf des Empfängers mit den Reportinginhalten übereinstimmt. Kahneman und Tversky (1974) beschreiben, dass es Situationen gibt, in denen Menschen die Häufigkeit oder Wahrscheinlichkeit einer Begebenheit nach der Leichtigkeit, mit der Sachverhalte und Ereignisse erinnert werden können, beurteilen. Die Verfügbarkeitsheu- ristik , welche die Komplexität verringern soll, indem Informationen vernachlässigt werden, führt zu Urteilsverzerrungen. Faktoren, welche die kognitive Verfügbarkeit beeinflussen, sind neben der subjektiven Häufigkeit von Erinne- rungen deren Aktualität, Auffälligkeit und An- schaulichkeit. Manager können dazu neigen, ihnen bekannte Fakten und Informationen in Verbindung mit eigenen positiven Erinnerungen und Erfahrungen zu bringen. Es werden andere Fakten ignoriert und es wird sich nur auf eige- ne Erfahrungen konzentriert. Auch Controller können dem Availbility Bias unterliegen, wenn die Suche nach neuen In- formationen nach dem „Abarbeiten“ der übli- chen Quellen vorzeitig beendet wird. Auch werden teilweise dem Berichtsersteller unbe- kannte Formen der Informationsverarbeitung und -darstellung nicht ausprobiert. Berichtsin- formationen werden unbewusst mit bereits bekannten Informationen plausibilisiert und ihre Glaubwürdigkeit danach beurteilt, ob sie bisherigen Erfahrungen entspricht. ( Vgl. Taschner, 2018, S. 34.) Fazit Controller und Manager unterliegen im Ma- nagement-Reporting-Prozess unterschiedli- chen Rationalitätsdefiziten, wobei hier die Kön- nensdefizite in Form von kognitiven Verzerrun- gen überwiegen. Die angeführten Verzerrungen sind jedoch für den Reporting-Prozess keines- falls abschließend. Um die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten dieser Könnens- und Wollens- defizite möglichst gering zu halten, ist es es- sentiell, über diese ein Bewusstsein und einen guten Kenntnisstand zu haben. folge außerhalb ihrer Handlungsbereiche. Das Eigeninteresse spielt bei der Auswahl von Maß- nahmen im Management Reporting somit eine wichtige Rolle. Der Präferenz-Fehler (Liking Bias) zeigt, dass Sympathie für Personen auch eine Präferenz für diese erzeugt. Ein Beispiel lässt sich in der Politik finden. Je nach Publikum unterstreichen Politiker andere Gemeinsamkeiten. Einmal wird der Wohnbezirk betont, ein andermal die sozia- le Herkunft oder das ökonomische Interesse. Für das Management Reporting bzw. für den Controller bedeutet dies, dass je mehr Sympa- thie der Manager ausstrahlt, desto mehr präfe- riert man dessen Alternativen und desto irratio- naler wird das Handeln und folglich die Ent- scheidungen. Im Management Reporting wer- den dadurch bspw. Vorteile hervorgehoben und Nachteile vernachlässigt. So können mögliche bessere Alternativen unbeachtet bleiben. (Vgl. Internationaler Controller Verein, 2013, S. 68.) Die bisher dargestellten Rationalitätsdefizite befinden sich tendenziell mehr auf Controller- seite. Die im Weiteren behandelten Defizite fin- den sich überwiegend auf der Managerseite. Als Selbstüberschätzung (Overconfidence Bias) wird eine systematische Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten, des eigenen Könnens und der eigenen Kompetenzen bezeichnet. Trotz der analytischen Arbeits- und Denkweise unter- liegen auch Controller dem Overconfidence Bias, indem der Berichtsersteller sein eigenes Fach- und Methodenwissen überschätzt und Analysen sowie Interpretationen ohne Absiche- rung durch weitere Expertenmeinungen vor- nimmt oder Analysemethoden nützt, mit denen er nicht genügend vertraut ist. Oft unterbleiben Rückfragen nach den Informationsbedürfnissen der Empfänger. (Vgl. Taschner, 2018, S. 42.) Die menschlichen Kapazitäten zur Informations- aufnahme und -verarbeitung sind begrenzt. Übersteigt die dargebotene Informationsmenge die Kapazitätsgrenze, kann eine Stimulusüber- lastung eintreten. Es kommt zum sogenanntem Information Overload . Benötigt werden prob- lemrelevante, effektive und zweckmäßige Infor- mationen und nicht die „totale“ Information. Die teilweise bestehende Auffassung, dass ein Mehr an Informationen zu besseren Entscheidungen führt, lässt sich auf die Annahme des Managers CM Mai / Juni 2020
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