CONTROLLER Magazin 3/2020
44 gleiche Fall umformuliert: Bei Option A werden 400 Personen sterben, bei B wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 niemand sterben, zu 2/3 alle 600. Hier wählte die Mehrheit die zweite Option, da der Tod von 400 Menschen weniger akzeptabel ist, als die 2/3 Chance, dass alle sterben. Obwohl beide Problemstel- lungen identisch sind, führen sie zu unter- schiedlichen Antworten. Für das Management Reporting ist der Rah- meneffekt bei Textinformationen (Erläuterun- gen) bedeutsam, weil die vom Controller ge- wählten Formulierungen beim Manager ggf. nicht gewollte Interpretationen auslösen. Auch durch die Art der Darstellung und Anordnung von Informationsobjekten treten Rahmeneffek- te auf. (Vgl. Taschner, 2018, S. 37.) Darstel- lungsformen, wie Hervorhebungen und Grafi- ken, können zwar eine Komplexitätsreduktion oder eine Signalwirkung erzeugen, aber auch einen Verlust der Ursache-Wirkungs-Bezie- hung. (Vgl. Gleich/Horváth/Seiter, 2015, S. 55.) Wenn sich Controller der Rahmeneffekte nicht bewusst sind, werden ungewollte Interpretatio- nen beim Management ausgelöst, die zu fal- schen Schlüssen führen können. Teilprozesse Analyse und Kommentierung sowie Beratung/Maßnahmen initiieren Sowohl bei Controllern als auch bei Managern ist der Self Serving Bias (Eigeninteresse) in den Prozessen Analyse/Kommentierung sowie Beratung/Maßnahmeninitiierung gegeben. Er sagt aus, dass Menschen Erfolge auf ihre eige- nen Fähigkeiten und Misserfolge auf externe Einflüsse zurückführen. Dies geschieht, da Menschen anfällig sind, ihre Wahrnehmung der Umstände zu ändern, um ihr Selbstbewusst- sein zu schützen oder zu stärken. Das meistens unbewusste Eigeninteresse des Controllers verzerrt seine Wahrnehmung, Wahrscheinlich- keits- und Werturteile. Die intensive Interaktion und Nähe zu den Entscheidungsträgern ver- stärken diesen Bias. Controller können die kriti- sche Distanz und Objektivität gegenüber Mana- gern verlieren. Insbesondere, wenn sie bei der Realisierung ihrer Karrierepläne von Managern abhängig sind. Weiterhin schreiben sich Cont- roller und Manager nach dem Self Serving Bias systematisch Erfolge zu, verorten aber Misser- zung. Die Entscheidungen sind daher syste- matisch in Richtung des Ankers verzerrt. Controller suchen, je unsicherer oder unbe- stimmbarer ein Wert ist, einen Ausgangswert, um Schätzungen abzuleiten. Werden veränder- te Umweltbedingungen zu wenig berücksich- tigt, kann es zu Fehleinschätzungen kommen. (Vgl. Gleich/Horváth/Seiter, 2015, S. 55.) Im Reporting werden typischerweise eine Vielzahl von Ankern bei bspw. Budget- und Vorgabe- werten, Branchendurchschnitten oder Vergan- genheitswerten gesetzt. Welche und wie viele Ankerwerte der Controller setzt, beeinflusst die Wahrnehmung und Interpretation der Berichts- information durch die Empfänger. Ankerwerte können darüber hinaus auch aus anderen Quel- len und über andere Medien auf die Controller wirken. (Vgl. Taschner, 2018, S. 45.) Der Rahmeneffekt (Framing Effect) bedeutet, dass Menschen auf die genau gleiche Sachlage unterschiedlich reagieren, je nachdem, wie sie dargestellt wird. Auch dies haben Kahneman und Tversky (1981) in einer Befragung er- forscht. Je nach sprachlicher Darstellung trafen die Befragten gänzlich andere Entscheidungen für den identischen Sachverhalt. Es gab zwei Möglichkeiten zur Bekämpfung einer Seuche, die 600 Menschen töten könnte. Bei Option A werden 200 Personen gerettet, bei B werden mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 600 Men- schen gerettet und zu 2/3 niemand. Trotz Gleichwertigkeit beider Optionen (gleicher Er- wartungswert) wählte die Mehrheit Option A. Danach wurde bei einer zweiten Gruppe der können zur Informationssuche auf bereits ver- traute Quellen setzen. Die Verarbeitung und In- terpretation der Berichtsinhalte erfolgt durch die „Brille“ der bisherigen Erfahrungen und ko- gnitiven Muster. (Vgl. Taschner, 2018, S. 36 f.) Teilprozess Berichtserstellung Hierbei unterliegen die Controller besonders dem Ankerungs- und dem Rahmeneffekt. Die Verankerungsheuristik (anchoring) wird im Zu- sammenhang mit der Geschwindigkeit bei der Bewertung von Situationen eingesetzt. Nach Anchoring and Adjustment (Ankern und An- passen) orientieren sich Menschen gerne an Bezugspunkten (Ankern) und passen den Wert unter Berücksichtigung weiterer Infor- mationen an. Mit dieser Heuristik können Ur- teile schneller getroffen werden. Untersu- chungen belegen, dass Anpassungsprozesse i.d.R. unzureichend sind, da der Anker ein zu großes Gewicht hat. Tversky und Kahneman (1974) haben den Ankereffekt in zwei Unter- suchungen demonstriert. In einem dieser Ex- perimente wurde zwei Gruppen jeweils eine Rechenaufgabe gestellt, deren Ergebnis sie innerhalb von fünf Sekunden schätzen sollten. Eine Gruppe sollte das Produk t aus 8x7x6x5x4x3x2x1 schätzen, die andere das Produkt aus 1x2x3x4x5x6x7x8. Der Median der Schätzungen der ersten Gruppe betrug 2250, der der anderen Gruppe 512. Dies lässt sich dadurch erklären, dass das Produkt der ersten Zahlen bei Gruppe 1 höher ist als bei der zweiten Gruppe und somit auch die Schät- Autoren Dr. Eugenia Schmitt MBR ist Senior Risikomanagerin, Business Coach und Dozentin an der Hochschule Fresenius in München und Hochschule für angewandtes Management in Ismaning. E-Mail: eugenia.schmitt@systemisches-coaching-schmitt.de Adrian Manzenrieder, M. Sc. ist Bankkaufmann und hat nach dem BWL-Studium seinen Master in Corporate Finance & Controlling an der Hochschule Fresenius München absolviert. Er ist als Controller bei der Ströer SE & Co tätig. E-Mail: adrian.manzenrieder@stroeer.de Verhaltensökonomie und Reporting
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