CONTROLLER Magazin 2/2020

87 Verbesserungen erzielt, ein grundlegender Wandel vollzog sich in unserer Organisation je- doch nicht. Und in den Meetings? Dort werden zwar oft der Lean-Gedanke und das Streben nach kontinuierlicher Verbesserung beschwo- ren, doch im Betriebsalltag sind sie nicht spür- bar. Vielmehr schlafen, weil wir die Köpfe der Mitarbeiter nicht erreicht haben, unsere Verän- derungsinitiativen immer wieder ein –zumin- dest, wenn wir top-down nicht viel Zeit und Energie investieren, um den Prozess am Leben zu erhalten. „V ielmehr schlafen, weil wir die Köpfe der Mitarbeiter nicht erreicht haben, unsere Veränderungsinitiativen immer wieder ein.“ Eine Ursache, warum viele Unternehmen diese Erfahrung sammeln, ist: Sie unterschätzen an- fangs oft, · welch große Anstrengung es erfordert, einen Kulturwandel in einer Organisation herbeizuführen, und · wie viel Ausdauer und Geduld es bedarf, bis bei den Mitarbeitern ein neuer Mindset entsteht und dieser sich in deren Köpfen verankert hat. Eine neue Unternehmenskultur schaffen Beim Start von Projekten, die auf das Schaffen einer neuen Unternehmenskultur abzielen, he- gen Unternehmen oft die Illusion: Um die ange- strebten Ziele zu erreichen, genügt es, die er- forderlichen Instrumente zu implementieren und einige ausgewählte Mitarbeiter im Umgang mit ihnen zu qualifizieren. Dass dies eine Illusi- on ist, haben inzwischen viele Unternehmen er- kannt. Deshalb suchen sie nach neuen Wegen, wie sie trotzdem das Ziel erreichen, eine Kultur der kontinuierlichen Veränderung und Verbes- serung in ihrer Organisation zu schaffen. Denn hieran führt kein Weg vorbei. Aus folgenden Gründen: In vielen Unternehmen ist aufgrund der Globalisierung, des rasanten technischen Fortschritts und der raschen Ver- änderungen, die sich in ihrem Markt vollziehen, der Change-, sprich Innovationsbedarf so groß, dass er in Top-down-Projekten allein nicht mehr gemanagt werden kann – auch weil die Mitarbeiter zunehmend in netzwerkartigen Strukturen arbeiten. Deshalb kann der Change- und Innovationsbedarf immer schwieriger zum Beispiel durch eine zentrale Organisationsent- wicklungsabteilung erfasst werden. Also muss sich die Initiative zur Innovation und zum Produ- zieren von Qualität auf die Bereichs- und Pro- zessebene verlagern. „D eshalb kann der Change- und Innovationsbedarf immer schwieriger zum Beispiel durch eine zentrale Organisa­ tionsentwicklungsabteilung erfasst werden.“ Entsprechendes gilt für den Lern- und Entwick- lungsbedarf, der aus dem Changebedarf resul- tiert. Auch er ist in vielen Unternehmen so groß, dass er mit top-down organisierten Personal- entwicklungsmaßnahmen immer schwieriger gedeckt werden kann. Zudem ist er so individu- ell, dass er zentral, also zum Beispiel durch die Personalabteilung, immer schwieriger erfasst werden kann. Also muss sich auch die Initiative zum Aufbau der zum Produzieren von Qualität erforderlichen Kompetenz und zum Befriedigen des hiermit verbundenen Lernbedarfs stärker auf die Bereichs- und Prozessebene verlagern. Mitarbeiter müssen „Selbstentwickler“ werden Viele Personalmanager erkannten diese Ent- wicklungslinien bereits vor Jahren. Und unter dem Stichwort „Employability“ formulierten sie die These: Die Mitarbeiter müssen Selbstent- wickler werden. Das heißt, sie müssen lernen, · selbst zu erkennen, wo bei ihnen ein Entwicklungsbedarf besteht, und · diesen entweder selbst oder mit selbst- organisierter Unterstützung befriedigen. Und die operativen Führungskräfte? Sie müs- sen zu Persönlichkeiten heranreifen, die diese Lern- und Entwicklungsprozesse bei ihren Mit- arbeitern fördern und so dazu beitragen, dass · die Performance ihres Bereichs kontinuierlich steigt und · das Unternehmen schneller auf Veränderungen reagieren kann. Thematisiert wurde dieser Sachverhalt in Per- sonalerkreisen meist theoretisch. Konkrete Konsequenzen wurden hieraus selten gezogen, und wenn, dann primär im Bereich Führungs- kräfteentwicklung. So haben inzwischen viele Unternehmen in ihren Führungsleitlinien veran- kert, ihre Führungskräfte sollen Coaches ihrer Mitarbeiter sein, also Entwicklungsprozesse bei ihnen fördern und so dazu beitragen, dass die- se auch künftig über die benötigte Kompetenz verfügen. Führungskräfte stoßen an ihre Grenzen Das ist ein richtiger Ansatz. Er führt jedoch un- ter den gegebenen Rahmenbedingungen zu ei- ner Mehrbelastung der ohnehin stark belaste- ten Führungskräfte. Denn zum einen sind sie oft nicht ausreichend für diese Aufgabe qualifi- ziert, und zum anderen haben ihre Mitarbeiter häufig noch nicht das Bewusstsein verinner- licht, dass sie ihre Kompetenz kontinuierlich weiterentwickeln müssen. Und schon gar nicht verfügen sie über die Kompetenz, die aufgrund veränderter Anforderungen bei ihnen entste- henden Entwicklungsbedarfe eigenständig zu erkennen und zu befriedigen. Autor Dr. Daniela Kudernatsch ist Inhaberin der Unternehmensberatung KUDERNATSCH Con- sulting & Solutions in Straßlach bei München, die Unternehmen beim Umsetzen ihrer Strategie unterstützt. E-Mail: info@kudernatsch.com www.kudernatsch.com CM März / April 2020

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