CONTROLLER Magazin 2/2020

84 auswahl gekommen sein, wobei in der Realität häufig noch viel mehr Projekte Ansprüche an die Personalkapazität stellen. Die erste Handlungsmöglichkeit benötigt 200 Personentage und weist voraussichtlich einen Kapitalwert von 4 Mio € 0 auf. Damit bringt je- der Personentag 4.000 T € 0 / 200 PT = 20 T € 0 /PT (Zeile 1, Spalte 4 in Abbildung 4). Diese Kalkulation wird auch für die anderen Hand- lungsmöglichkeiten durchgeführt. Je höher der relative Kapitalwert ist, umso vorteilhafter ist es, dass die jeweilige Handlungsmöglichkeit ausgewählt wird. Im Beispiel nimmt die Hand- lungsmöglichkeit 9 den ersten Rang ein, weil sie mit fast 51 T € 0 /PT den höchsten relativen Kapitalwert aufweist. Die nächstbeste ist Handlungsmöglichkeit 4 mit 46,67 T € 0 /PT. Entsprechend ihrem Rang werden die Hand- lungsmöglichkeiten sortiert, was in der Abbil- dung 5 bereits durchgeführt wurde. Wie hier beschrieben beginnt die Zuteilung mit der Handlungsmöglichkeit 9, weil sie den höchs- ten relativen Kapitalwert bietet. Dann folgen die weiteren Handlungsmöglichkeiten bis schließlich nach 7 Handlungsmöglichkeiten die Personal- kapazität erschöpft ist. Die letzte vollständig ein- geplante Handlungsmöglichkeit ist HM 5. Für HM 2 reicht es nur noch teilweise, so dass sie die Grenz-Handlungsmöglichkeit darstellt. Wenn sie nur vollständig durchgeführt werden kann (Ganzzahligkeitsannahme), kann es sein, dass sie verschoben werden muss oder dass sogar eine andere Handlungsmöglichkeit mit noch passendem Personalbedarf gewählt wird. Opportunitätskosten Wie in anderen Engpassoptimierungen auch, entstehen bei der Optimierung wichtige Zusatz- informationen, und zwar an der Grenze zwi- schen noch eingeplanten und nicht mehr einge- planten Handlungsmöglichkeiten. Der relative Kapitalwert der ersten nicht mehr vollständig durchführbaren Handlungsmöglichkeit gibt nun an, zu welchem Wertentgang der Engpass führt. Dies wird als Opportunitätskostensatz bezeichnet. Die Ableitung erfolgt also ähnlich wie in der Methode der relativen Deckungs- spannen in der Deckungsbeitragsrechnung (vgl. hierzu z. B. Varnholt/Lebefromm/Hoberg, dieren. Der Grundgedanke entspricht dem der Kapitalwertrate, welche den Kapitalwert auf das eingesetzte Kapital bezieht. Da aber nicht das Kapital, sondern allgemein die Personentage knapp sind, erfolgt die Modifikation, dass im Nenner der Personalbedarf steht (vgl. zur Dar- stellung, aber auch Kritik der Kapitalwertrate Hoberg (2015b), S. 167 ff.): RKW h = KW h / PB h RKW h Relativer Kapitalwert der Handlungs- möglichkeit h in € 0 /PT KW h Absoluter Kapitalwert der Hand- lungsmöglichkeit h in € 0 PB h Personalbedarf der Handlungsmög- lichkeit h in PT Der relative Kapitalwert RKW zeigt für jede Handlungsmöglichkeit, welcher Kapitalwert pro eingesetzten Personentag generiert würde. Der Kapitalwert wurde ausgewählt, weil er für alle Projekte einheitlich berechnet werden kann. Die Endwerte der Projekte können hingegen an unterschiedlichen Zeitpunkten liegen. Der rela- tive Kapitalwert gibt dann an, wie produktiv der Engpassfaktor Personentage genutzt werden kann. Er unterschätzt die Vorteilhaftigkeit noch leicht, weil die Überschüsse in der Kapitalwert- methode auf t=0 abgezinst werden, während die Personalkosten über das Jahr verteilt be- zahlt werden. Der relative Kapitalwert RKW ist nun für alle Handlungsmöglichkeiten zu berech- nen, welche die Vorauswahl überstanden ha- ben, also z. B. strategiekonform sind und positi- ve End- und Kapitalwerte aufweisen. Die in Ab- bildung 4 gezeigten Projekte mögen in die End- aufgesogen durch Urlaub, Feiertage, Krankheit, Verwaltung, Fortbildung usw. (vgl. zur Nettoar- beitszeit Hoberg (2019), S. 1 ff.). Dazu mögen 5 Teilzeitbeschäftigte zur Verfügung stehen, wel- che jeweils 80 Tage pro Jahr eingeplant werden können. Schließlich arbeitet das Unternehmen mit Ingenieurfirmen zusammen, welche 6 Per- sonen anbieten, die jeweils 100 Tage im Jahr für unser Unternehmen tätig werden können. Ange- sichts der vielen Personentage der Mitarbeiter kann man davon ausgehen, dass sich unter- schiedliche Leistungsfähigkeiten in etwa aus- gleichen, wobei im Einzelfall natürlich nicht gilt, dass ein Personentag für alle Mitarbeiter in allen Projekten die gleiche Produktivität entfaltet. Aber als grobe Planungsgrundlage sollte das ausreichen. Wenn erst einmal über die Projekte entschieden wurde, können individuelle Stärken bei der Zuordnung der Mitarbeiter zu den Pro- jekten berücksichtigt werden. Insgesamt können die 3 Personengruppen in der zu planenden Pe- riode ca. 2.680 Personentage zur Verfügung stellen (siehe Abbildung 3). Aus früheren Ent- scheidungen werden noch 800 Personentage benötigt. Zudem gibt es Projekte, welche unab- hängig von ihrer Rendite durchgeführt werden müssen, wenn z. B. gesetzliche Vorgaben dies verlangen. Damit können dann neue Projekte mit insg. 1880 Personentage in der betrachteten Periode gestartet werden. Im nächsten Schritt muss überlegt werden, wie der Personaleng- pass mit der Vorteilhaftigkeit der Projekte ver- bunden werden kann. Dazu wird die Größe „re- lativer Kapitalwert“ (RKW) eingeführt, welche sich als Quotient von Kapitalwert und Personal- bedarf ergibt. Kesten (S. 178) schlägt vor, den Kapitalwert durch IT-Mitarbeiterstunden zu divi- Abb. 3: Technische Kapazität des Beispielsunternehmens für die Folgeperiode Investitionsrechnung

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