CONTROLLER Magazin 2/2020

80 Weltweit sehen sich viele Unternehmen gezwun- gen, ihre Wachstumserwartungen zu kürzen. Auch durch die vom amerikanischen Präsidenten ausgelösten Turbulenzen im Welthandel müssen sich viele Branchen auf neue Spielregeln einstel- len. Zudem trägt die unendliche Brexit-Tragödie nicht zur Planungssicherheit bei. Davon abgese- hen sorgt der technische Fortschritt dafür, dass ganze Kernbranchen neue Geschäftsmodelle be- nötigen. So befindet sich die Autoindustrie welt- weit in einer großen Umstrukturierung, um sich auf die Elektromobilität (in welcher Form auch im- mer) und auf selbstfahrende Autos einzustellen. Betriebswirtschaftlich bedeuten diese gewach- senen Unsicherheiten, dass die Risikoaufschlä- ge auch in den Zinssätzen kräftig wachsen, so dass die Investitionstätigkeiten abnehmen. Im Weiteren haben viele Unternehmen bereits in den Krisenmodus geschaltet, was sich darin ausdrückt, dass vorsorglich schon mal die Mar- ketingbudgets zusammengestrichen und Ein- stellungsstopps verhängt werden. Deutschland wird von der Krise stark getroffen, weil der hohe Export von einem funktionierenden Welt- handel abhängt, aber auch, weil viele Leucht- turmprojekte jämmerlich gescheitert sind: · Der Flughafen Berlin ist immer noch nicht er- öffnet, während andere Länder zwischen dem ersten BER-Eröffnungstermin und heute ei- nen ganzen Flughafen haben bauen können. · In der Elbphilharmonie sind die Kosten ca. um den Faktor 10 explodiert und die Fertig- stellung ist viele Jahre verzögert worden (aber immerhin gibt es da jetzt ein bemer- kenswertes Gebäude). · Stuttgart 21: Inzwischen soll der unterirdi- sche Bahnhof offiziell mind. 8,2 Milliarden Euro kosten (statt 3 Milliarden) und wird wohl erst 2025 fertig. · Abrissreife Brücken und Großbaustellen im ganzen Land zeigen den Sanierungsstau. · Die Gesundheitskarte ist über 20 Jahre ent- wickelt worden für mehr als 2 Mrd €. Obwohl sie dringend benötigt würde, ist die Funktio- nalität sehr begrenzt. · Aber auch private Unternehmen fallen durch riesige Flops auf: So ist Thyssen-Krupp nicht zuletzt durch die Stahlwerke in Süd- und Nordamerika am Aktienmarkt kaum noch et- was wert. Bayer hat beim Kauf von Monsanto die Risiken durch die Prozesse in den USA un- terschätzt. Der Aktienkurs hat sich in etwa halbiert. VW hat sich durch den Dieselbetrug an den Rand des Abgrundes manövriert. Wenn die Gesetzgebung in Europa auch nur halb so streng wie in den USA wäre, hätte das Eigenkapital nicht mehr ausgereicht. Die Gründe für das Scheitern sind sicher viel- fach. Fast immer dabei ist der Größenwahn von Managern, die mit dem Geld der Aktionäre (nicht dem eigenen) sehr große Risiken eingegangen sind. Ein weiterer wichtiger Grund liegt im feh- lenden Know-how, und dies gleich doppelt: · Einmal zeigt das Fehlen von geeigneten Mit- arbeitern insb. für technische Berufe (MINT), dass diese wichtigen Kernkompetenzen eines Industrielandes in Deutschland geringer wer- den. Im IT-Sektor fehlen inzwischen über 100 Tsd. Fachkräfte (bitkom vom 28.11.2019). Der Mangel wird von der Regierung auch noch „unterstützt“, indem sie durch die Ren- te mit 63 große Anreize setzt, vorzeitig aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. · Zum anderen sind einige verantwortliche Manager nicht in der Lage, mit diesem Mangel richtig umzugehen. Wenn im Kon- zern an allen Ecken und Enden technisches Know-how fehlt, dürften einige anspruchs- Der Fachkräftemangel erfordert eine erweiterte Investitionsrechnung von Peter Hoberg © VRD – www.stock.adobe.com Investitionsrechnung

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