CONTROLLER Magazin 2/2020
66 fährdend betrachtet, wenn diese ineffizient ar- beiten, nur Dienst nach Vorschrift machen oder krank sind. Da es bei der Erstellung der Tabellen „Image“, „Qualität“, „Umwelt“, oder „Compli- ance“ zu zeitraubenden und wenig hilfreichen Diskussionen kam, wurde die Nennung von Kundenbeispielen als hilfreich erachtet. Nach der Kaffeepause werden die erstellten „Auswir- kungs-Tabellen“ noch aufeinander abgestimmt. Hierfür erhält jeder Teilnehmer einen Ausdruck auf der alle Tabellen nebeneinanderstehen, so dass Ungleichgewichte erkennbar werden. Am nächsten Tag wurde die Praktikabilität der Methode und die Aussagefähigkeit der Ergeb- nisse in einem Praxistest verifiziert. Hierzu wur- den die zahlreichen laufenden und noch offenen IT-Projekte mit Hilfe einer vorbereiteten Excel- Liste bewertet, in der man die ermittelten Einzel- werte übertragen konnte und in der die Werte für EPZ, EFP und MMI automatisch berechnet wurden. Zuerst hatte das Team noch viele Fra- gen zur Anwendung von EFP, z. B. wie verhindert man, dass einzelne die Bewertungsergebnisse bewusst manipulieren? An dieser Stelle zeige ich stets auf, dass die mit EFP ermittelten Werte nachvollziehbar und damit auch überprüfbar sind. Außerdem schildere ich den Fall eines Ent- wicklungsleiters, der sein Lieblingsprojekt viel zu hoch bewertet und es vor ein hoch priorisiertes Vorstandsprojekt gemogelt hatte. Als der Vor- stand daraufhin das Bewertungsergebnis in Fra- ge stellte, flog der Vorfall auf und der Entwick- lungschef verlor seine Vorstandsposten in zwei ausländischen Tochtergesellschaften. Eine wei- tere Unsicherheit, die in jedem Workshop auf- kommt, beschäftigt sich mit der Frage, welchen Punktwert man in die Berechnung der EPZ über- nimmt, wenn die finanziellen Auswirkungen z. B. mit einer 3 bewertet werden, die Auswirkung ei- nes anderen Erfolgsfaktors jedoch höher liegt. Auch hier ist die Antwort stets die gleiche: „Übernehmt den höheren Wert, denn für den Er- folg des Unternehmens ist es egal, welcher Fak- tor sich auf ihn auswirkt.“ Auch fragte man was zu tun ist, falls die Mit- glieder des Führungsteams zu stark unter- schiedlichen Einstufungen kommen. Obwohl dieser Fall nicht allzu häufig vorkommt, defi- nierten wir folgende Regel: Liegt die Einstufung 3 oder mehr Punkte auseinander, erklären bei- de Vertreter, wie sie zu ihrer Einschätzung kom- Antwort eine separate Karte. Nachdem die Kar- ten an die Stellwände gepinnt waren, wurden die Teilnehmer aufgefordert, die Aussage ihrer Karten zu begründen, so dass die Anwesenden eine gemeinsame Sichtweise zu den Erfolgs- faktoren entwickeln. Nach der Clusterung und etlichen Diskussionen über die Wichtigkeit ein- zelner Faktoren einigte man sich darauf, dass man für nachhaltigen Erfolg neben dem Ertrag auch ein positives Image, hochqualitative Leis- tungen, effiziente Prozesse, engagierte und ge- sunde Mitarbeiter, einen aktiven Umweltschutz und Compliance, also die Einhaltung der Werte, Gesetze und Normen braucht. Während der Mittagspause bereitete ich die entsprechenden Excel-Tabellen vor, um diese über den Beamer anzuzeigen und direkt am Rechner bearbeiten zu können. Nach der Mit- tagspause begann ich wie immer mit den Tabel- len „Wichtigkeit“ und „Dringlichkeit“, da es sich hierbei um die Auswahl von Standardtabellen handelt, die sich leicht anpassen lassen. Nach diesem Aufwärmtraining begannen wir mit der Erstellung der 9 Tabellen zur Bewertung der er- folgsrelevanten „Auswirkungen“. Hierbei ist es wichtig, dass alle Tabellen auf die gleiche Art erstellt werden. Zuerst fragt man den Maximal- wert (10) ab – also den Wert, der sich existenzi- ell auf das Unternehmen auswirkt. Im zweiten Schritt werden der Minimalwert (1) und der mittlere Wert (5) definiert – die Zwischenwerte werden einfach interpoliert. Für die einfache Be- wertbarkeit ist es von Vorteil, nicht alle 10 Stu- fen zu definieren. Für den Start sollte man mit der Tabelle „Finanzen“ beginnen. Um den Maxi- malwert (10) zu ermitteln, frage ich stets nach der Schadenshöhe, die Existenz des Unterneh- mens gefährdet, also dem Betrag, bei dem die Geschäftsführung Insolvenz anmelden müsste. Bei den Tabellen Effizienz, und Engagement und Gesundheit ist der Maximalwert in der Regel die Anzahl der Mitarbeiter, die man als existenzge- munalen Energieversorger (EVU) kämpft auch die SWK seit Jahren mit rasanten Marktverän- derungen, steigender Wechselbereitschaft der Strom- und Gaskunden und sinkenden Erträ- gen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wurden zahlreiche ertrags- und effizienzsteigernde so- wie kostensenkende Maßnahmen angescho- ben. Weil die meisten internen Projekte IT-Ka- pazitäten benötigten, kam es dort zu massiven Kapazitätsengpässen. Thorsten Speil, Leiter Organisation, wurde Ende 2015 von der Ge- schäftsführung mit der Suche nach einer Lö- sung beauftragt, da zusätzliche IT-Fachkräfte nicht nur teuer, sondern kaum zu finden waren. Als er Lösungsstrategien für Engpassprobleme recherchierte, stieß er auf EFP. Nach Überprü- fung der Referenzen und dem Vergleich mit an- deren Bewertungsmethoden empfahl Thorsten Speil der Geschäftsführung die Einführung von EFP. Es wurde ein Termin für den Fokussie- rungs-Workshop für Führungskräfte vereinbart, zu dem Führungskräfte aller Fachbereiche ein- geladen wurden. Zu Beginn des gut besuchten Workshops wurde kurz auf das Problem und die Aufgabenstellung eingegangen. Danach wurde etwas ausführlicher auf Engpassstrategien und die Begriffe Handlungsbedarf, Nutzen und Prio- rität eingegangen, bevor die Funktion von EFP vorgestellt wurde. Nach der Kaffeepause be- gann dann der eigentliche Workshop mit folgen- der Kartenabfrage: Was braucht das Unternehmen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein? Da damals die Schlecker-Pleite und deren Ur- sachen in aller Munde war, verstand jeder, dass die alleinige Fixierung auf finanzielle Kennzah- len definitiv nicht ausreicht, um auf Dauer er- folgreich zu bleiben. Die Teilnehmer schrieben ihre Antworten stichwortartig auf – für jede Autor Gregor Stausberg ist Geschäftsführer der conVek GmbH, Bahnhofstr. 31, 8280 Kreuz- lingen, Schweiz. Er ist ein certified Scrum Master, Leadership-Experte, Autor und mehrfach ausgezeichneter Strategieberater. E-Mail: info@convek.com www.convek.com Projekte bewerten
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