CONTROLLER Magazin 2/2020
31 es, nicht individuelle und damit stark aufwands- erhöhende Modellerweiterungen zu konzipie- ren, sondern vorwiegend möglichst vorhandene ML-Modelle nutzen zu können. Hierzu ist eine Kopplung zu spezifizieren. Auch müssen leistungsfähige Werkzeuge be- reitstehen. Viele Anbieter beschäftigen sich mit der Problematik, dennoch ist der Stand der Umsetzung nicht allzu fortgeschritten. Aller- dings hat sich in letzter Zeit einiges getan, so dass eine effiziente Umsetzung mit etwas Eigenleistung notwendig ist. 5 Ebenso wie der maschinelle Forecast sollte sich der Einsatz von Simulation natürlich lohnen. Zur Wirtschaftlichkeit des Einsatzes gilt ähnliches, wie bereits im Beitrag zum Forecasting erläu- tert wurde: Der Aufwand ist noch einschätzbar, der Wert der Qualitätsverbesserung hingegen kaum. Allerdings verschärft sich das Bewer- tungsproblem gegenüber der Bewertung des ML-basierten Forecasting noch zusätzlich, da eine Gesamtvalidierung – wie dargestellt – kaum möglich ist. Fußnoten 1 Stahlknecht, 1970.; 2 in der Produktionspla- nung nennt man das Ergebnis einer solchen Gruppenbildung über Produkte auch „Phan- tomprodukte“.; 3 Scheinkausalitäten müssen nicht unbedingt kritisch für die Modellierungs- qualität sein. Wenn eine Variable geschätzt wird, kann dies auch auf die zweite korrelieren- de Variable übertragen werden, ohne dass der Ursprungstreiber bekannt ist.; 4 Vgl. auch Is- bruch u. a. A., 2016.; 5 Vgl. z. B. Oehler, 2019. Literatur Oehler, K.: Advanced Analytics für Controller, Freiburg 2019. Romeike, F., Spitzner, J.: Von Szenarioanalyse bis Wargaming, Weinheim 2013. Stahlknecht, P.: Operations Research, 2.Auf- lage, Braunschweig 1970. Isbruch, R., Renner, N,. Möller, K., Berendes, K., Wunderlich, P.: Treiberbasierte Planungs- und Simulationsmodelle im Controlling, in: Zeit- schrift für Controlling, 12/2016, S. 755-764. · Es besteht auch die Möglichkeit, direkt mit Planungswerkzeugen (Tagetik, SAP BPC etc.) zu simulieren. Planungswerkzeuge sind in der Regel gut skalierbar. Viele Anbieter von Planungslösungen integrieren ML-Werk- zeuge. Allerdings werden unterschiedliche Zwecke mit diesen Planungssystemen ver- folgt, so dass eine Simulation hinsichtlich der Flexibilität eingeschränkt sein dürfte. Auch kommt durch die Unterstützung von Pla- nungsprozessen, verbunden mit einer hohen Governance, zusätzliche Komplexität dazu. Bestandteil einer Simulation kann auch die Veränderung von Strukturen betreffen. Die Konsistenz bestehender Planungsansätze darf aber dadurch nicht gefährdet werden . · Dedizierte Simulationslösungen, die teilweise auf etablierten Methoden wie System Dyna- mics (zum Beispiel Vensim, Anylogic, Dyna- plan) basieren, sind hinsichtlich der Simulati- onsflexibilität vorbildlich. Dies ist schließlich deren Hauptaufgabe. Nachteilig ist ein höhe- rer Konfigurationsaufwand bei der Modeller- stellung, da Strukturen übernommen oder neue aufgebaut werden müssen. Die Anbin- dung von maschinellem Lernen ist noch nicht sehr weit ausgeprägt. Zwar beschäftigen sich die Anbieter auch mit maschinellem Ler- nen. Allerdings gehen diese Bestrebungen wenig auf die spezielle Problematik der skiz- zierten Controller-Anforderungen ein. · Es lässt sich auch mit den klassischen OLAP-Lösungen (zum Beispiel Jedox, TM1, Alea) relativ gut simulieren. Vorteilhaft ist, dass man auch auf großen Datenmengen si- mulieren kann. Zum Teil besteht auch die Möglichkeit, die Ergebnisse maschinellen Lernens direkt einzubinden. Aufgrund der üblicherweise recht komplexen Modellie- rungssprache werden allerdings Simulati- onsmodelle schnell unübersichtlich. Fazit Die Fundierung von Annahmen ist eine erhebli- che Schwachstelle bei der Simulation. Die Si- mulationsqualität lässt sich allerdings durch maschinelles Lernen verbessern. Der Einsatz maschinellen Lernens erlaubt, sich stärker auf die Qualität der Wirkungsbeziehungen konzent- rieren zu können. Dies setzt jedoch eine inten- sive Beschäftigung voraus. Wünschenswert ist ist das Modell geeignet. Eingabeparameter können ebenfalls mittels statistischer / ML-Mo- dellen hinsichtlich der Validität geprüft werden. Diese Vorgehensweise ist allerdings bei der Si- mulation in Gänze kaum anwendbar. Man will ja Konstellationen durchspielen, die in der Realität gerade noch nicht aufgetreten sind. So möchte man häufig durch Simulation die Auswirkung von disruptiven Ereignissen feststellen. Hier ist es eher wahrscheinlich, dass eine entspre- chende Konstellation noch gar nicht aufgetre- ten ist. Eine Gesamtmodellvalidierung ist somit nur in Ausnahmefällen möglich. Insofern muss man sich bei der Qualitätsbeurteilung mit Teil- ausschnitten begnügen. Umsetzung Eine wichtige Anforderung an eine effektive Umsetzung der Simulation ist die enge Anbin- dung an bestehende Planungssysteme. Zum ei- nen benötigt man Modellstrukturen wie Organi- sations-, Produkt- oder Kundenstruktur. Hierbei sind aber in der Regel nur Ausschnitte oder Ver- dichtungen für die jeweilige Simulation relevant. Auch die klassischen Finanzmodelle (GuV, De- ckungsbeitragsrechnung usw.) eignen sich zum Modellaufbau. Zum anderen liefert das Fore- casting die Ausgangsdaten für eine Simulation. Ein weiterer Punkt ist die Anbindung von Syste- men des maschinellen Lernens. Diese sollen, wie schon dargestellt, grundlegende Wirkungs- beziehungen bereitstellen, damit simuliert wer- den kann. Zur Umsetzung bieten sich verschiedene Mög- lichkeiten an 4 : · Die bewährte Tabellenkalkulation ist natür- lich ein potentieller Kandidat zur Umsetzung der skizzierten Architektur. Eine Simulation ist damit schnell aufgesetzt. Es gibt einige Werkzeuge, die eine Simulation in Excel un- terstützen und zusätzlich auch ML-Funktio- nen bereitstellen. Allerdings gerät man hier recht schnell in die Komplexitätsfalle. Insbe- sondere dimensionale hierarchische Struktu- ren überfordern Excel regelmäßig. Be- schränkte Wartbarkeit und mangelnde Ska- lierbarkeit führen diesen Ansatz schnell an seine Grenzen. CM März / April 2020
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