CONTROLLER Magazin 2/2020

27 Lernen sein. Das Erkennen von belastbaren Wirkungszusammenhängen ist der Grundstoff einer guten Simulation. Das Herausarbeiten von Wirkungsbeziehungen ist das grundlegende Ziel aller maschinellen Ansätze. Allerdings müssen diese Werkzeuge (maschinelles Lernen und Simulation) zusammenpassen, was eine konzeptionelle Herausforderung darstellt. Diese Kopplungsnotwendigkeit teilt die Simula- tion mit der Vorschaurechnung. Die Vorschau- rechnung kann zudem als Startpunkt einer Simulation dienen. Die Treiber, die bei der Pro- gnose verwendet werden, können auch zur Simulation herangezogen werden. Dies alles klingt plausibel, dennoch ist der Ein- satz maschinellen Lernens als Grundlage der Simulation alles andere als einfach. Simulatio- nen im Rahmen des Controllings sind viel- schichtig. Um die vollständigen Wirkungen einer Maßnahme oder eines Projekts deutlich zu machen, müssen häufig Unternehmensge- samtmodelle herangezogen werden. Der Fokus von maschinellem Lernen liegt aber hingegen in der Regel auf der Einzelbetrachtung. Daher sind umfassende Transformationen bei der Kopp- lung vorzunehmen. Grundlagen der Simulation Der Controller als „Lotse“ der Unternehmens- führung kann vom Einsatz der Simulation in vie- lerlei Hinsicht profitieren. Entscheidungsunter- stützung und Simulation sind eng verbunden. Willensbildung setzt letztendlich voraus, sich der potentiellen Wirkung von Entscheidungen bewusst zu sein. Da man allerdings häufig nicht auf Ergebnisse realer Experimente zurückgrei- fen kann, bietet sich die Simulation an. Kriti- sche Situationen können so frühzeitig erkannt und Maßnahmen entwickelt werden. Bei der Simulation soll ein Realitätsausschnitt abgebildet werden, um mögliche zukünftige Entwicklungen durchspielen und hieraus Kon- sequenzen des eigenen oder fremden Handelns erkennen zu können. Dazu benötigt man: · Ein Modell, das aus Wirkungsbeziehungen besteht. Wenn beispielsweise der Preis steigt, kann dies einen negativen Effekt auf den Absatz haben. Dies ist zunächst nur eine Hypothese, wenn auch eine plausible, die hinsichtlich ihrer Stärke permanent infrage gestellt werden kann. Von Bedeutung sind zudem definitorische Beziehungen. Diese dienen der Verdichtung zur besseren Ver- ständlichkeit. So ist die Abhängigkeit des Deckungsbeitrags zum Umsatz definitori- scher Natur, denn Deckungsbeitrag ist letzt- endlich nur eine sprachliche Vereinfachung von Umsatz abzüglich variabler Kosten. Ein Simulationsmodell sollte zumindest einige empirische Beziehungen enthalten. Die Be- ziehungen sollten in mathematischen For- meln abbildbar sein, was bei Definitionsglei- chungen unproblematisch ist. Allerdings sind empirische Wirkungen häufig nicht genau be- kannt und damit nicht mathematisch formu- lierbar. Die Wirkung von Kundenzufriedenheit auf den Umsatz oder aber auch die Preis-Absatz-Funktion sind typische Beispiele. Es ergibt sich im Rahmen von Simulationen folglich häufig eine Sequenz von Automati- sierung und manueller Anpassung. Aus der Parameterveränderung ergeben sich Konse- quenzen, beispielsweise hinsichtlich einer Finanzierungsnotwendigkeit. Diese Ent- scheidung ist aber quasi als erneute Para- meterveränderung in das Simulationsmodell einzugeben. „ D er Controller als ‚Lotse‘ der Unternehmensführung kann vom Einsatz der Simulation in vielerlei Hinsicht profitieren.“ · Das Ergebnis dieser Berechnungen stellen Zielgrößen dar. Das Ergebnis oder der Zah- lungsüberschuss sind häufige Zielgrößen im Controlling. · Es werden Eingabeparameter benötigt. Dies sind die Drehschrauben, die zur Veränderung der Zielgrößen führen. Parameterbündel können zu Szenarien zusammengeführt wer- den. Ausgangsgrößen bei den Parametern können durch Erwartungsrechnungen be- stimmt werden. Aus diesem Grundmodell können dann ver- schiedene „Spielarten“ abgeleitet werden: · Wenn ein oder mehrere Parameter verändert werden und die Wirkung auf die Zielgrößen betrachtet wird, wird dies als „Was wäre wenn“-Simulation („What-If“) bezeichnet. Dies ist ein häufiger Einstiegspunkt in die Simulation. · Man kann auch die Auswertungsrichtung umdrehen und gelangt so zur Zielwertsuche. „Wie hoch muss der Absatz sein, um ein be- stimmtes Ergebnis zu erreichen?“ Die Mög- lichkeit der Umkehrung ist eingeschränkt, da in der Regel nur eine einfache Parameteran- passung erfolgt. Preis und Absatz in der Rückrechnung einer Umsatzsteigerung sind beispielsweise nicht ohne weitere Annahmen gleichzeitig anpassbar. · Über die Veränderung eines oder mehrerer Eingabeparameter kommt man zur Sensitivi- tätsanalyse. Damit kann das Bewusstsein über die Stärke von Wirkungsbeziehungen verbessert werden. Insbesondere bei nicht- linearen Beziehungen und bei einer hohen Vernetzung fällt die Wirkungsabschätzung naturgemäß schwer. Wie stark wirken sich beispielsweise Währungsschwankungen auf das Ergebnis aus? · Und schließlich kann man Eingabeparameter durch Verteilungsfunktionen ersetzen. Dies wird häufig im Risikomanagement vorge- nommen, wobei natürlich primär die negati- ven Ausschläge betrachtet werden. Häufig bezieht man auch Abhängigkeiten zwischen den Modellparametern in die Simulation mit ein. Durch die Simulation kann man die Unsi- cherheit der Zielgrößen ermitteln. Hier kommt in der Regel eine Monte-Carlo-Simu- lation zum Einsatz, da so am einfachsten Risiken aggregiert werden können. Diese Klassifikation ist nicht disjunkt. So lässt sich eine Monte-Carlo-Simulation auch als „was wäre wenn“-Simulation ausführen. Die Abbildung 1 zeigt diese Zusammenhänge noch mal auf. Maschinelles Lernen und Simulation Auf die Grundlagen des maschinellen Lernens (CML) ist im ersten Teil schon kurz eingegan- gen worden. Die Modellierungstechnik steht im Beitrag nicht im Vordergrund, sondern die An- wendung. In Kürze: Statt „Wenn-dann“-Regeln zu programmieren, kann ein ML-Algorithmus Zusammenhänge selbst erkennen und dann das Regelwerk dynamisch über neue Daten er- weitern. CM März / April 2020

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==