Controller Magazin 9/10-2020

90 Controller Magazin | Ausgabe 5 HINTERGRUND biert wurde. Durch die Erhöhungen der staatlichen Subvention muss dafür aber hauptsächlich der Steuerzahler aufkommen. Unter die Räder kommen die Hersteller von leichten und damit auch umweltfreundli- chen Elektrofahrzeugen der Quad-Klasse und der Leichtkraftfahrzeuge. Sie erhalten fast keine Subventionen, obwohl ihre Fahr- zeuge weniger CO 2 ausstoßen und viel weni- ger Verkehrsfläche benötigen, was vor allen Dingen in Großstädten wichtig ist. Der Preis- abstand zu den von Staat und Herstellern subventionierten Kleinwagen ist zu gering geworden. Die größte Benachteiligung der Leichtkraf tfahrzeuge liegt jedoch darin, dass sie nicht in die Berechnung des CO 2 - Ausstoßes eingehen (merke: Jede Subventi- on erzeugt neue Ungerechtigkeiten). Damit sind die Leichtkraftfahrzeuge kaum mehr wettbewerbsfähig. Die Karo-Isetta von der Artega-Gruppe (modernes elektrisches Leichtkraftfahrzeug) wird kaum eine Chan- ce haben. Es ist fraglich, ob ein guter Cont- roller dieser Unternehmen im Rahmen einer Früherkennung von Risiken diese Entwick- lung hätte kommen sehen müssen. In jedem Fall muss sich der Controller auf zukünftige ähnliche Fälle einstellen, indem er die Früh- aufklärung verbessert. Eine weitere Gruppe von Verlierern besteht in vielen Autohäusern, die bereits E-Fahr- zeuge zum Weiterverkauf beschafft haben. Alle, welche z. B. das kleine Elektroauto von Mitsubishi/Peugeot/Citroen auf Lager ha- ben, müssen hohe Sonderabschreibungen durchführen. Bei einem Listenpreis von ca. 20 T€ sind die Fahrzeuge angesichts einer winzigen Batterie von 14,5-17 kWh praktisch unverkäuflich. Denn die elektrisch betriebe- nen Kleinwagen der VW-Gruppe (VW, Seat und Skoda) werden als Neufahrzeug durch die dreifache Subventionierung imMarkt für ca. 14 T€ gehandelt, im Internetkaufhäusern sogar schon unter 13 T€. Mit der erneuten Subvention von 3 T€ wird das Preisniveau nochmals um ca. 1-2 T€ sinken (weil die Her- steller natürlich ihre eigenen Rabatte zu- rückschrauben können). Wenn die Batterie- größe von 36,8 kWh berücksichtigt wird, sind die Konkurrenzfahrzeuge auch für 10 T€ kaum zu verkaufen. Zuletzt sind die kleinen neuen Hersteller von Elektrofahrzeugen wie e.Go, Sono, Uniti, usw. zu nennen. Mangels Möglichkeiten zur Quersubventionierung müssen ihre Preise kostendeckend sein. Der pfiffig gemachte e.Go kostet mit einer 21,5 kWh-Batterie 21.900 € in der Liste, was bis vor kurzem noch marktgerecht war, als VW 26.900 € für den E-Up! haben wollte. Nach den neuen Re- geln kann der e.Go zwar von der Prämie von über 9.000 € profitieren, wird jedoch deut- lich teurer sein als der viel besser ausgestat- tete, aber hoch subventionierte VW e-up! Die wohl einzige Chance dieser kleinen Start-ups besteht darin, dass sie ihre CO 2 - Guthaben vermarkten können. Der Wert kann bis zu 8 T€ pro Fahrzeug gehen, weil die Käufer damit Strafzahlungen von 95 € für jedes Gramm CO 2 oberhalb der Grenze von 95 gCO 2 / km vermeiden können. Folgen für Käufer Die größten Verlierer sind aber die Käufer (private und Unternehmen), die sich auf sta- bile Rahmenbedingungen verlassen haben. Der hier erwähnte elektrische Mitsubishi i-MiEV hat in den ersten Jahren 35 T€ gekos- tet. In mehreren Stufen wurden die Preise dann auf ca. 20 T€ gesenkt, wovon die Erst- käufer aber wenig haben. Sie haben einen dramatischenWertverlust zu tragen. Bürger oder Unternehmen, die letztes Jahr aus Ver- antwortung für die Umwelt für ca. 20 T€ das Fahrzeug gekauf t haben, müssen davon ausgehen, dass sie kaum mehr 8 T€ für das Fahrzeug erhalten. Dies bedeutet einen Wertverlust von 60% in kurzer Zeit. Man kann für sie nur hoffen, dass die Controller auf einer Beschaffung der Elektrofahrzeuge über einen Leasingvertrag bestanden haben, bei dem das Restwertrisiko vom Leasing­ geber getragen wird. Die Subventionierung elektrisch angetriebe- ner Fahrzeuge ist auch sozial ungerecht. Denn insbesondere aufgrund der Ladeprob- lematik können Elektrofahrzeuge häufig nur als Zweit- oder Drittwagen eingesetzt wer- den. Und ob diese Haushalte eine Unterstüt- zung brauchen, ist zweifelhaf t. Um die schlimmsten Auswüchse zu verhindern, wurden Obergrenzen von 40 und 65 T€ ein- geführt. Darüber werden die Hersteller je- doch nur lachen. Sie werden Modelle zu ge- nau 40 bzw. 65 T€ anbieten mit der Option, später gegen Aufpreis mehr Reichweite und Leistung freizuschalten. Die Technik exis- tiert bereits bei Tesla in den USA. Die einseitige Subventionierung der E-Autos stellt auch wettbewerblich ein großes Prob- lem dar. Denn alternative Antriebe, welche den CO 2 -Ausstoß ev. viel wirksamer senken könnten, haben kaum noch Chancen. So hat Volkswagen angekündigt, die gerade erst vorgestellten Erdgasmodelle, die sofort den CO 2 -Ausstoß reduzieren würden, nicht mehr weiterzuentwickeln. Die Probleme gelten auch für Konzepte, die heute noch in den Kinderschuhen stecken, bis hin zu solchen, die erst noch entwickelt werden könnten. Aber wer in Deutschland soll angesichts die- ser Rahmenbedingungen noch in solche al- ternative Technik investieren? Die wird dann wohl aus China oder Amerika kommen. Budgettechnisch kann der Staat diese mehr- fache Förderung nicht lange aufrechterhal- ten. Wenn wirklich viele Elektrofahrzeuge verkauft werden, kosten die verschiedenen Subventionen zu viel. Wenn dann noch die Einnahmen aus der Mineralölsteuer/Ener- giesteuer zusammenbrechen, hat der Staat zusätzlich ein Einnahmeproblem. Schlussfolgerung Es lässt sich festhalten, dass der Staat sich hoffnungslos in seinen verschiedenen Sub- ventionen für die Elektromobilität verhed- dert hat. Das sinnvolle Ziel einer CO 2 -Reduk- tion wird – wenn überhaupt – nur im gerin- gen Ausmaß erreicht. Die Nebenwirkungen sind aber für viele Hersteller, Autohäuser und Nutzer (privat und im Unternehmen) desaströs. Unternehmenspolitik wird durch den Sub- ventionsdschungel noch schwieriger. Auch für Controller werden die neuen Herausfor- derungen immer umfangreicher. Diese rei- chen von der Früherkennung von Chancen und Risiken – welche Subventionen erhalten die Wettbewerber, auch die im Ausland? – über die Entgeltpolitik bis hin zur Preis- und Produktpolitik.  Literatur Hoberg, P. (2019): Stromkosten senken durch geringere Stromsteuer, in: Controlling-Journal, 1/2019, S. 50-54. Hoberg, P. (2020): Produktpolitik bei begrenztem CO2-Ausstoß, in: https://www.controllingportal.de/ Fachinfo/Investitionsrechnung/Produktpolitik-bei-begrenztem-CO2-Ausstoss.html. Kagermann, H.: Den Verbrenner wird es noch lange geben, in: https://www.morgenweb.de/mannheimer- morgen_artikel,-wirtschaft-den-verbrenner-wird-es- noch-lange-geben-_arid,1603656.html.

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