Controller Magazin 9/10-2020

86 Controller Magazin | Ausgabe 5 HINTERGRUND sammenhang erkennbar ist. Der durch- schnittliche Kaderwert scheint demnach ei- nen Einfluss darauf zu haben, wie erfolgreich ein Trainer wechselt. Anhand der Trendlinie ist zu erkennen, dass der beobachtete Zusam- menhang positiv verläuf t. Mit steigendem durchschnittlichen Kaderwert scheint dem- nach der Erfolg beimWechseln zuzunehmen. Einfluss des Tabellenplatzes auf den Erfolg der Wechselstratege Die Abbildung 7 zeigt den Zusammenhang zwischen dem „durchschnittlichen Tabellen- platz“ und dem „gemittelten Wechselerfolg des Trainers“. Das Bestimmtheitsmaß R² liegt bei „0,7701“. Dies bedeutet, dass ca. 77% der Streuung der Datenpunkte durch die Regressionsge- rade erklärt werden können. Demnach kann geschlussfolgert werden, dass zwischen den Variablen „durchschnittlicher Tabellenplatz“ und „gemittelter Wechselerfolg des Trai- ners“ anhand des vorliegenden Datensam- ples ein Zusammenhang erkennbar ist. Der durchschnittliche Tabellenplatz scheint demnach einen starken Einfluss darauf zu haben, wie erfolgreich ein Trainer wechselt. Anhand der Trendlinie ist zu erkennen, dass der beobachtete Zusammenhang negativ verläuft. Mit sinkendem, durchschnittlichem Tabellenplatz scheint demnach der Erfolg beimWechseln abzunehmen. Mythos „Joker Ef fekt“ Wenden wir uns abschließend der Frage zu, ob der eingangs erwähnte „Joker-Effekt“ tatsäch- lich empirisch nachgewiesen werden kann. Insgesamt wurden im Betrachtungszeit- raum 892 Wechsel durchgeführt. Bei insge- samt 306 Wechselstrategien bedeutet dies, dass ein Trainer im Durchschnitt „2,915“ Wechsel pro Spiel durchgeführt hat. Es kann geschlussfolgert werden, dass die Trainer ihr Wechselkontingent im Betrachtungszeit- raum fast immer voll ausgeschöpft haben. Unabhängig von der Spielstandsituation wurde mit der höchsten Wahrscheinlichkeit neutral gewechselt. Jedoch scheint ein Trend zu bestehen, in Führung vermehrt defensive und in Rückstand vermehrt offensive Wech- sel durchzuführen. Die Abbildung 8 zeigt die klassischen Ein- wechselsituation für einen „Joker“: Die Mannschaft liegt im Rückstand. Abbildung 8 zeigt, dass offensive Wechsel mit einer Wahrscheinlichkeit von 16% und neutrale Wechsel mit einer Wahrscheinlich- keit von 17% zu einer positiven Beeinflus- sung des Spielausgangs bei Rückstand ge- führt haben. Demnach kann geschlussfolgert werden, dass offensive und neutraleWechsel in etwa mit der gleichen Wahrscheinlichkeit dazu geführt haben, den Spielausgang bei Rückstand positiv zu beeinflussen. DieWahr- scheinlichkeiten können darüber hinaus ins- gesamt als gering eingeschätzt werden, durch einen „Joker“ das Spiel noch zu drehen. Fazit Es gibt offenbar Trainer, die bei den Wech- selstrategien erheblich erfolgreicher agieren als ihre Kollegen. Den berühmten „Joker-Effekt“ scheint es aber nicht zu geben. Eben- so fällt auf, dass die meisten Wechsel ohne- hin positionsgetreu, sprich neutral erfolgen. Auch wenn bei der Berichterstattung der Ein- druck entsteht, dass Trainer regelmäßig das taktische Gerüst durch Einwechslungen ver- ändern, ist dies in der empirischen Gesamt- heit durchaus nicht so. Bei den Einflussfakto- ren fällt auf, dass ein guter Tabellenplatz auch beim Erfolg der Wechselstrategie hilf- reich ist. Dies wird natürlich auch durch den Kaderwert beeinflusst, der ebenfalls eine be- stimmte Rolle spielt. Bei einem hochwertigen Kader fällt es eben leichter, gleichwertige Spieler auf der Ersatzbank zu haben, die mit Erfolg in das Spielgeschehen eingreifen können. Die Erfahrung sowie das Alter des Trainers spielen allerdings nur untergeordnete Rollen. Auffällig ist ebenso, dass ca. ein Jahr nach Abschluss der Datenaufnahme über- haupt nur noch fünf der Trainer in der 1. Bun- desliga tätig sind. Das Geschäf t ist somit möglicherweise zu wechselhaft, um weiter- führende Datenanalysen mit umfassenderen Datenmengen durchzuführen.  Fußnoten und Literaturempfehlungen 1 Vgl. Geyer, Hannah (2009): Auswechselverhalten im Fußball. Eine theoretische und empirische Analyse. In: Sport und Gesellschaft 6 (1), S. 47–69. Online verfügbar unter https://www.econstor.eu/bitstream/10419/39079/ 1/584580371.pdf, zuletzt geprüft am 10.03.2020 2 Vgl. Trainerakademie Köln (Hg.) (2016): Trainer-Info- Letter August 2016. Online verfügbar unter https://www.trainerakademie-koeln.de/sites/default/ files/trainerinfoletter0816.pdf, zuletzt geprüft am 10.03.2020, S. 4 f. 3 Vgl. Geyer, Hannah (2009): Auswechselverhalten im Fußball. Eine theoretische und empirische Analyse. In: Sport und Gesellschaft 6 (1), S. 47–69. 4 Vgl. SofaScore (Hg.) (2020): SofaScore-Website. Online verfügbar unter https://www.sofascore.com/de/, zul etzt geprüft am 10.03.2020. 5 Vgl. Transfermarkt (Hg.) (2018): Kaderwerte der Vereine der 1. Bundesliga. Online verfügbar unter https:// www.transfermarkt.de/1-bundesliga/ma rktwertever- ein/wettbewerb/L1, zuletzt geprüft am 10.03.2020 Abb. 8: Wahrscheinlichkeiten einer positiven und nicht positiven Spielausgangsbeeinflussung bei Rückstand durch offensive und neutraleWechsel (eigene Darstellung)

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