Controller Magazin 9/10-2020

72 Controller Magazin | Ausgabe 5 tanz. Sie reduziert auch die mit dem Einsatz von Bench- marking verbundenen Ängste und Vorbehalte. Entspre- chend ist bereits in der Planungs- und Vorbereitungs- phase ein detailliertes Kommunikationskonzept zu erarbeiten. Auch sollte über ein aktives Stakeholder- Management, insbesondere für den Betriebsrat, nach- gedacht werden. Demonstriert ein Top-Management seine Unterstützung und wird aktiv in die Kommunika- tion eingebunden, steigert dies die Akzeptanz und die Veränderungsbereitschaft von Mitarbeitern. Vergleichbarkeit sicherstellen, aber nicht zum Selbstzweck machen Eine hohe Vergleichbarkeit der Benchmark-Ergebnisse ist maßgeblich für deren Akzeptanz und erleichtert auch die Übertragung von Best Practices. In der Wahrneh- mung der beteiligten Akteure handelt es sich häufig um „Äpfel-Birnen-Vergleiche“ . Selbst aufwendige Maßnahmen zur Steigerung der Vergleichbarkeit verhindern oftmals keine Diskussionen über die Angemessenheit von Ver- gleichen. Der dabei entstehende Aufwand bindet viele Ressourcen, die quantitativen Vergleichsergebnisse wer- den aber trotzdem kritisch und wenig konstruktiv disku- tiert. Im Gegenteil, es scheinen vor allem solche Bench- marking-Projekte erfolgreich zu sein, die ihr Augenmerk mehr auf den anschließenden Best Practice-Transfer und weniger auf eine maximale Vergleichbarkeit legen. Mit welchen einfachen Mitteln aber kann die Vergleich- barkeit gesteigert werden? Am ehesten bieten sich Nor- mierungen und andere Bereinigungen (z.B. in Bezug auf Lohnniveaus oder andere regionale Preisunterschiede), eine zunehmende Detaillierung der Benchmarking-Ob- jekte, eine Betrachtung von Prozessen, eine vollständige Analyse des gesamten Unternehmens sowie eine hohe Qualität der Eingangsdaten an. Für die Datenbeschaf- fung hilft es, wenn bereits IT-Systeme vorhanden sind, die die benötigten Daten in hoher Qualität vorhalten, so- dass manuelle Datenerhebungen oder nachträgliche Zu- ordnungen nicht notwendig werden. Wichtig sind vor allem genaue Definitionen in den Daten- erfassungsbögen. Die Definitionen der benötigten Daten sollten möglichst exakt und überschneidungsfrei sein. Ge- gebenenfalls können zur besseren Verständlichkeit der Definitionen zusätzlich Beispiele genutzt werden. Da- durch lassen sich Missverständnisse vermeiden und Ent- scheidungsspielräume der datenliefernden Akteure be- grenzen. Ansonsten werden Sachverhalte unterschiedlich PRAXIS Dr. Bastian Droese ist Senior Referent Unternehmenscontrolling bei innogy Westenergie GmbH, Essen. bastian.droese@innogy.com. „Eine hohe Vergleichbarkeit der Benchmark-Ergebnisse ist maßgeblich für deren Akzeptanz und erleichtert auch die Übertragung von Best Practices.” Prof. Dr. Andreas Hoffjan ist Inhaber des Lehrstuhls Unternehmensrechnung und Controlling an der TU Dortmund. andreas.hoffjan@ tu-dortmund.de erfasst und divergent abgegrenzt. Führungskräfte und Mitarbeiter tendieren dazu, klärende Nachfragen zu ver- meiden und die Definitionen stattdessen zu ihren Gunsten auszulegen. Im Extremfall sind sogar bewusste Datenma- nipulationen zu beobachten. So wurden im Rahmen eines Benchmarking-Projektes die Kosten einer ganzen Organi- sationseinheit versteckt. Der projektverantwortliche Ma- nager berichtete von einem Kohlehafen, der „irgendwie“ als Gemeinkosten auf die Zentrale gebucht war. Von die- sem Hafen hing die Kohleversorgung einiger Kraftwerke ab. Die Kraftwerke waren eigentlich defizitär, sahen aber trotzdem gut aus. KeinWunder, konnten sie doch ihre Kos- tenstelle über die Overhead-Kosten entlasten. Ein typi- sches Problem bei Partial-Benchmarkings, wo zugehörige Kosten schnell unter den Tisch fallen können. Nicht immer kann, wie in diesem Fall, das Top-Management die gelie- ferten Daten und deren sachliche Richtigkeit adäquat be- urteilen und entsprechend reagieren. Das Beispiel des Kohlehafens illustriert, wie Führungs- kräfte und Mitarbeiter bei Definitionsungenauigkeiten die bestehenden Spielräume lieber für sich nutzen (siehe Abbildung 2). Dieser Sachverhalt wurde unter dem Be- griff „Schönrechnen“ von zahlreichen Gesprächspartnern bestätigt. Allerdings wirken eine exakte Kennzahlendefi- nition, eine umfassende Projekt-Kommunikation, eine klare Zielsetzung des Benchmarkings und die Top-Ma- nagement-Unterstützung einem kreativen Umgang mit den Daten entgegen. Of fenheit zwischen Benchmarking-Partnern Neben der Akzeptanz und der Vergleichbarkeit wurde als dritter bedeutender Erfolgsfaktor die Offenheit zwischen den Benchmarking-Partnern identifiziert. Sie schafft die Voraussetzung für eine umfassende und tiefgehende Analyse der qualitativen Unterschiede zwischen den Benchmarking-Objekten und dem anschließenden Best Practice-Transfer. Grundlegendere Veränderungen oder auch komplett neue Herangehensweisen bedürfen eines unmittelbaren Austausches mit dem Benchmarking- Partner. Erst die Erfahrungsberichte und Schilderungen von Kollegen aus anderen Unternehmen erzeugen bei den Betroffenen eine Bereitschaft, die eigenen Praktiken zu hinterfragen und sich zu verändern. Sie liefern gleich- zeitig Informationen für die Ausarbeitung von Maßnah- men- und Aktionsplänen zur Übertragung der Best Prac- tice. Gerade bei brancheninternen Benchmarkings man- gelt es aber häufig an der Bereitschaft zur Offenheit zwi- schen den Partnern. Zu empfehlen sind fakultative Austauschgespräche, die bilateral zwischen dem Best Practice-Unternehmen und dem Unternehmen mit Ver- besserungsbedarf stattfinden. Warum aber sollte ein Best Practice-Unternehmen einem Austausch überhaupt zustimmen? Die empirischen Ergebnisse liefern hier zwei Antworten: Zum einen hoffen Unternehmen auf einen wechselseitigen Austausch, ein „Geben und Nehmen“.

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